Codename: Sparta - 6 - Das Weltenschiff
Zehntausenden dunkler Punkte, die über den weißen Himmel schossen, kreischend die Klippen umflogen und über den dampfenden Wellen segelten …
Die gewaltige Erscheinung brach unter Donnergetöse aus dem Wolkenbauch hervor und ließ sich auf Säulen aus strahlend hellem Feuer in das siedende Meer hinab. Gewaltige Wolken aus tosendem Dampf stiegen auf und umhüllten das Weltenschiff, bevor sie sich im Wind auflösten. Die schäumende grüne Brandung donnerte gegen die verspiegelte Wand. Ein saugender Mahlstrom umwirbelte die Seiten des Schiffes, als es knirschend zum Stehen kam. Tiefersinken konnte es nicht.
Mit seiner Länge von dreißig an der Hauptachse gemessenen Kilometern hatte sich das Weltenschiff in Seitenlage in eine der tiefsten Spalten in den Ozeanen der Venus gesetzt. Diese Spalten waren an keiner Stelle tiefer als zwei Kilometer. Die helle Außenhaut des gewaltigen Schiffes schwang sich wie ein Ausleger in weitem Bogen nach oben in die Wolken der unteren Atmosphäre und überragte dabei um ein Vielfaches die umliegenden Klippen. Der stetige Regen lief an den Seiten herab und fiel in Schleiern in die schattigen Fluten darunter. Gischtwelle um Gischtwelle brandete das heiße Urmeer ungehindert gegen das Schiff.
Forster legt eine Pause ein. »Tief im Innern des Weltenschiffs«, fährt er schließlich fort, »spielten sich derweil ohne unser Wissen folgenschwere Ereignisse ab …«
»Irgend etwas scheint dort oben zu passieren«, sagte Blake. Seine Worte hallten durch das Gewölbe des Tempels.
Sparta schwamm hinter ihm auf die verlassene Brücke und folgte seinem Blick. Die Sternenkarte auf der verzierten Oberfläche der Kuppel war verschwunden. Zusammenballungen aus Licht verschmolzen miteinander. Im Gegensatz zu den lebendigen Darstellungen des Himmels, die sie zuvor gesehen hatte, waren diese Zusammenballungen bunt. Die Farben waren beinahe heiß; sie pulsierten in ihren Neontönen wie die lebendigen Geschöpfe, welche die Wasser im Innern bewohnten.
Als hätten ihre Gedanken das Wasser beeinflußt, begann es im Innern der Brücke zu beben und in drei Dimensionen umherzuwirbeln. Geschöpfe, die sechs Monate lang sorglos durch die Unterwasserwelt des Schiffes getrieben waren und sogar zugelassen hatten, daß man sie fing und aß, erwachten schlagartig zu hektischer, wenn auch geordneter Betriebsamkeit. Schwärme von Tintenfischen blitzten blau und orangefarben auf und schossen in dichten Formationen davon, bis sie sich nach links und rechts, oben und unten verstreuten – wie ein einziger lebendiger Organismus. Wolken leuchtenden Planktons und rötlich strahlender Quellan bildeten verschlungene, pulsierende Unterwassergebilde.
Plötzlich erschien Thowintha unter der kathedralenhohen Kuppel und schwamm hinab zu der Stelle, wo Sparta und Blake schwebten. Sparta hatte den Außerirdischen sich noch nie so schnell bewegen sehen, und Thowinthas Rumpf, dessen perlgraue Farbe sich seit seiner ersten Begegnung mit den Menschen nicht verändert hatte, strahlte jetzt eine Art fleckiges Blutorange ab.
Als das riesige Wesen an ihnen vorbeischoß, stieß es einen Schwall von Geräuschen aus: Wir müssen uns fragen, ob wir auf dem richtigen Kurs sind.
Sekunden später war er/sie durch einen der schmalen Durchlässe am unteren Rand des Gewölbes verschwunden und ließ die beiden Menschen in seinem aufgewühlten Kielwasser schaukelnd zurück.
Blake blickte Sparta aus großen Augen an. »Wir?«
»In diesem Fall bedeutet wir vielleicht sie«, antwortete Sparta. Weiter oben, an der Decke des Gewölbes, waren die bunten Zusammenballungen heller geworden und hatten eine aggressivere Färbung angenommen. Sie bildeten jetzt einen geschlossenen Kreis unterhalb des Ringes, der die äußere Wasserlinie markierte. »Wir sollten lieber herausfinden, was geschieht.«
Sie schwammen einen verschlungenen Pfad hinab durch das Labyrinth aus Gängen im Innern des Weltenschiffs. Der Pfad führte bis an die äußere Wasserlinie und sogar noch tiefer. Sparta schwamm Blake voran. Thowinthas Geruch hing noch im Wasser – eine Fährte, der Sparta mit Leichtigkeit folgen konnte.
Es dauerte lange, bis man schwimmend die nächste Schleuse erreicht hatte. Als sie dort ankamen, öffnete sich die Kuppel bereits, und das Meer war zu sehen. Als die beiden Menschen am Schauplatz des Geschehens eintrafen, hielten sie inne, blieben im Schatten und schwebten regungslos hundert Meter hinter Thowintha im Wasser. Was sie sahen, versetzte
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