Codename: Sparta - 6 - Das Weltenschiff

Angus.
    »Entschuldigen Sie meine vorschnelle Vermutung, aber Sie wollen überleben, habe ich recht?«
    »Sie waren einmal unser Freund, Blake«, sagte Angus mit schwerer Stimme. »Viel haben wir von Ihnen nicht gesehen.«
    »In einem Jahr wird der Mars eine gefrorene, unbewohnbare Wüste sein – all unsere Vorhaben sind zerstört. Aber denken Sie ruhig, was Sie für richtig halten.« Redfields Gesicht war eine dunkle, ausdruckslose Maske. »Die Amaltheaner werden Sie bald holen kommen. Vielleicht ist immer noch Zeit, Sie abzusetzen. Sagen Sie ihnen, wie Sie sich entschieden haben.« Er drehte ab. Sein langes Haar wehte hinter ihm her. Ich sah, wie die Kiemenschlitze aufleuchteten, als er in die tiefen Wasser der Medusa eintauchte.
    Augenblicke später hob sich die Bodenmembran, und die schleimbesetzte Hülle eines der Amaltheaner erschien in unserem luftgefüllten Raum. Ein Chor von Stimmen schien aus den Wänden zu kommen, als der Außerirdische sprach: Ihr müßt es uns jetzt sagen. Sollen wir euch ins Wasser setzen?
    Wir blickten alle auf Jo. Sie sollte für uns sprechen.
    »Ja.«
     
    »Und was geschah dann?« fragt Joszef entsetzt. Das Feuer ist heruntergebrannt, und der neblige Nachthimmel draußen vor den hohen Fenstern der dunklen, leeren Bibliothek scheint zu phosphoreszieren.
    »Tja, wir ertranken«, sagt Forster ruhig. »Sacht tauchten wir in die dunkle, flüssige Nacht und nahmen nichts mit außer unseren Ängsten und Sorgen. Wir hatten keinerlei Hoffnung auf ein neues Morgen.«
    »Und der Mars?« flüstert der Commander. Seine Stimme ist trocken wie der marsianische Wind.
    »Ja, richtig, am lebhaftesten habe ich vom Mars geträumt. Diese Visionen müssen auf informationsgespeiste Phantasie zurückzuführen gewesen sein – so jedenfalls erkläre ich es mir selbst – später jedoch wurde die Wahrheit bestätigt …
    Ich träumte zu sehen, wie der Planet anschwillt, wie das weite Tharsis-Plateau, das zuvor auf dem Mars noch nicht existierte, sich hebt, entlang gewaltiger Ränder in Stichflammen und Quellwolken explodiert, wie der Planet durch riesige Vulkane seine flüssige Kernmasse hinausschleudert und das dicke Magmablut in derart gewaltigen Mengen herausquillt – ein Lavastrom, der Nordwestafrika hätte bedecken können –, daß er eine schwerwiegende Gravitationsanomalie hervorrief, die bis in unsere heutige Zeit hineinreicht.
    Irgendwo tief unter der Oberfläche des Planeten gerieten submikroskopische schwarze Löcher in Bewegung und begannen umherzuwandern. Nach und nach bohrten sie sich den Weg frei aus dem Herzen des Planeten und wurden dort von einer Gegenkraft herausgerissen, die mit jeder Sekunde stärker wurde.
    Ich träumte, der glänzende Polarturm, den ich noch vor kurzer Zeit betrachtet hatte, zersplitterte plötzlich und verschwand, wobei er teils verdampfte, teils als Staub und Trümmerstücke in die immer noch dichte Atmosphäre geschleudert wurde. Die meisten Trümmerstücke wurden direkt hinaus ins All gesogen. Winzige, glitzernde Bruchstücke fielen zurück in den aufgewühlten Schnee, um dort für immer verlorenzugehen. Bis auf eines – das eine, das wir die marsianische Platte nennen. Die schwarzen Löcher waren entkommen und hatten die Apparate zerstört, die sie kontrolliert hatten. Vielleicht stellten sie die einzige Kraft im ganzen Universum dar, die diese unzerstörbaren Objekte zerstören konnten.
    Selbst der Himmel verwandelte sich in ein Dach aus rollenden Flammen.
    Ich sah, wie unsere Siedlung im Handumdrehen zerstört wurde. Unsere Gärten und Obstbäume waren nicht mehr als ein kurzes Puffen des aschigen Rauchs in einem Wirbelsturm. Unsere Betonkuppeln verglühten bronzefarben, die Glasfenster glätteten sich zu einem schmierigen Blau, bevor sie zerbarsten. Gittergeflechte eiserner Stützstreben ragten nackt in die Höhe, wo die Betonschalen, die sie gehalten hatten, zu Staub zerfallen waren, und es dauerte nur einen Augenblick, bis auch sie schmolzen und das Eisen zu Pfützen im toten Staub zusammenlief.
    Die Michael Ventris, die unseren kleinen Manta immer noch im Bauch trug, wurde von der Explosion der Treibstofftanks in Stücke gerissen, die Trümmer im Sand verteilt, um dann für immer von einem Lavastrom verschluckt zu werden, der vom Hochland heruntergeflossen kam und jeden Hinweis auslöschte, daß je ein Mensch seinen Fuß auf diese Felsen und Hügel gesetzt hatte.
    Ich sah, wie der Papiersegler des armen Tony fortgeweht wurde, über sich hebende Wüsten,