Codename Tesseract - Wood, T: Codename Tesseract - The Killer
Maurice, nördlich von Genf, in der Schweiz.
Mehr Zuhause hatte er nicht.
Doch bevor er sich auf den Weg machte, musste er noch irgendwo anders hin. Es war wieder einmal die Jahreszeit, obwohl er es aufgrund der Umstände immer wieder aufgeschoben hatte. Aber jetzt ließ es sich nicht mehr länger hinauszögern. Er schlug eine andere Richtung ein.
Das Gebäude war ziemlich heruntergekommen, eine Erscheinung aus längst vergangenen Tagen inmitten der umgebenden Moderne. Die Backsteine ausgebleicht, schmuddelig, dunkel im Regen. Orangefarbene Roststreifen verunzierten die Wände unterhalb der Fenster mit ihren Eisengittern. Die Tür war nicht verschlossen, und er stieß sie auf. Im Inneren war es schummerig, die hohe Decke verlor sich irgendwo in den Schatten über seinem Kopf.
Victors Schuhe klackten über den gefliesten Boden. Sonst war nur noch sein Atem zu hören. Mit jedem Schritt, der ihn
in furchterregendem Tempo seinem eigentlichen Ziel näher brachte, beschleunigte sich sein Pulsschlag. Es kostete ihn, wie jedes Mal, sehr viel Überwindung, nicht einfach auf dem Absatz kehrtzumachen und wieder hinauszugehen.
Er zog den Vorhang beiseite und betrat den Verschlag, der ihn immer an einen aufrecht stehenden Sarg erinnerte. Dann zog er den Vorhang hinter sich zu und sank mit gesenktem Haupt und zusammengelegten Handflächen auf die Knie.
Mit leiser Stimme wandte Victor sich an die gesichtslose Silhouette auf der anderen Seite des Drahtgeflechts.
»Vater, vergib mir, denn ich habe gesündigt.«
Kapitel 15
Central Intelligence Agency, Virginia, USA Dienstag 06:07 EST
Procter registrierte, dass die Bürokraten zu dieser frühen Stunde noch nicht anwesend waren, sodass er allein mit Chambers, Ferguson und Sykes am Tisch saß. Chambers war genauso aus dem Ei gepellt wie immer, aber sowohl Ferguson als auch Sykes wirkten ein bisschen derangiert, besonders Ferguson. Er war schon zu alt, um morgens um sechs mit der Arbeit anzufangen. Im nächsten Jahr würde er in Pension gehen.
Aus dem Lautsprecher des Telefons war Alvarez zu hören. »Ich habe die ganze Nacht mit der französischen Polizei und den französischen Nachrichtendiensten gesprochen, die uns dankenswerterweise ein bisschen unter die Arme greifen wollen. Ich habe Kopien von allen kriminaltechnischen Berichten sowie den Laborergebnissen erhalten, aber leider hilft uns das alles nicht entscheidend weiter. Wie erwartet wurde an der Stelle, wo Ozols ermordet wurde, nichts Brauchbares gefunden. Die Polizei geht davon aus, dass der Killer Ozols in einer Seitengasse aufgelauert und ihn aus nächster Nähe erschossen hat. Die
leeren Patronenhülsen hat er mitgenommen, aber das war, wie Sie gleich sehen werden, im Grunde genommen überflüssig.
Im Hotel wäre dann die nächste Chance gewesen, irgendetwas über diesen Typen zu erfahren, aber da war es auch nicht besser. Keine Haare oder andere Fasern. Die einzigen Fingerabdrücke im Zimmer des Killers gehören dem Zimmermädchen, das dort saubergemacht hat. Die leeren Hülsen hat er zwar nicht alle mitgenommen, aber man hat darauf auch keine Fingerabdrücke entdeckt.«
»Hat er denn ständig Handschuhe getragen?«
»Negativ«, erwiderte Alvarez. »Die Bilder aus den Überwachungskameras beweisen, dass er keine angehabt hat. Und wenn er immer alles abgewischt hätte, dann hätte man auch keine Fingerabdrücke des Zimmermädchens gefunden. Aber das Labor hat Silikonspuren entdeckt. Bis jetzt konnte ich noch nicht …«
»Wenn man sich die Hände mit Silikonlösung einreibt, hinterlässt man auch keine Fingerabdrücke«, schaltete sich Ferguson ein.
Procter warf ihm einen Blick zu.
»Die Lösung bildet eine wasserdichte Schicht auf der Haut«, fuhr Sykes anstelle seines Chefs fort. »Sie sorgt dafür, dass das natürliche Fett auf der Haut nicht nach außen dringen kann. Darum hinterlässt man keinerlei Abdrücke auf den Dingen, die man anfasst. Außerdem ist die Schicht vollkommen durchsichtig und für Außenstehende nicht zu erkennen. Ursprünglich wurde sie entwickelt, um Hautreizungen bei Industriearbeitern zu verhindern.«
Procter nickte. Man lernt doch nie aus, dachte er.
»Okay«, fuhr Alvarez fort. »Damit wäre dieses kleine Rätsel immerhin gelöst, vielen Dank. Wir haben kein einziges klares Bild von seinem Gesicht, weil er sich immer von den Kameras abgewandt hat. Aber jedenfalls ist er weiß, groß, trägt einen Anzug und eine Brille, hat dunkles Haar und blaue Augen. Und einen Bart. Aber
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