Codename Tesseract - Wood, T: Codename Tesseract - The Killer
nächste Flugzeug nach München und versuchen, so viel wie möglich rauszukriegen. Rufen Sie mich an, wenn Sie da sind. Falls er dann noch in der Stadt ist, dann bekommen Sie jede nur denkbare Unterstützung.«
Nachdem Alvarez aufgelegt hatte, ergriff Ferguson das Wort. Sein dichter, silbergrauer Haarschopf, normalerweise fein säuberlich nach hinten gekämmt, wirkte heute ein klein wenig zerzaust. »Die Chancen, dass dieser Killer die Informationen immer noch bei sich hat, sind bestenfalls minimal. Falls er tatsächlich den Auftrag hatte, Ozols auszuschalten und den USB-Stick an sich zu nehmen, dann gibt er ihn an seinen Auftraggeber weiter und jagt nicht irgendwelchen Spuren in Deutschland hinterher. Das ergibt doch überhaupt keinen Sinn.«
Chambers seufzte. »Vielleicht steckt ja auch sein Auftraggeber dahinter, vielleicht will der ihn umbringen lassen. Um das Honorar zu sparen. Vielleicht ist es sogar schon passiert. Aber solange wir nichts Genaueres über die Hintermänner wissen, ist das der beste Ansatz. Es ist ein Wettrennen gegen die Zeit. Wenn er die Information weitergibt, sind die Raketen binnen Tagen geborgen, und wir sehen sie erst wieder, wenn irgendjemand die Technologie gegen uns zum Einsatz bringt. Falls die Möglichkeit besteht – und sei sie noch so klein –, dass der Mann, der Ozols getötet hat, in Deutschland ist, dann müssen wir ebenfalls da hin.« Ferguson wirkte nicht hundertprozentig überzeugt. »Es sei denn, Sie haben eine andere Idee, die Sie uns gerne mitteilen möchten.« Die Herausforderung war unüberhörbar.
Aus Fergusons Miene sprach stumme Verachtung. Er zuckte mit den schmalen Schultern. Procter warf Chambers einen Blick zu. Ganz offensichtlich machte es ihr nicht das Geringste aus, dem alten Haudegen ungeachtet seiner Verdienste die Stirn zu bieten.
Vielleicht baumelte da ja doch etwas zwischen ihren Beinen.
Kapitel 16
Genf, Schweiz Dienstag 18:32 MEZ
Victor überquerte die Place Neuve und ging am Grand Théâtre vorbei. Überall waren Menschen unterwegs, Touristen, die etwas erleben, und Einheimische, die ihren Feierabend genießen wollten. Victor warf einen flüchtigen Blick auf das Grand Théâtre. Er hätte gerne eine Vorstellung besucht, eine Oper von Puccini oder Mozart vielleicht. Stattdessen ging er kreuz und quer durch die Menschenmenge, um mögliche Verfolger abzuschütteln.
Vor einer Stunde war die Sonne untergegangen. Kaum ein Mensch sah ihn durch die Straßen der Stadt gehen. Die Dunkelheit war seine Welt, da gehörte er hin. Bei Tag konnte er in einer Menschenmenge untertauchen, aber bei Nacht konnte er sich unsichtbar machen. Ein Stück vor ihm ging ein Liebespaar Arm in Arm den Bürgersteig entlang, strauchelte gelegentlich, lachte. Sie waren so sehr mit sich selbst beschäftigt, dass sie ihn nicht einmal dann bemerkt hätten, wenn er das zugelassen hätte.
Von München aus war er zunächst nach Berlin und von dort nach Prag gefahren. Erst dann hatte er sich auf den Weg in die Schweiz gemacht. Es war eine lange und ermüdende Reise gewesen, dochVictor nahm niemals den geraden Weg. Jetzt bog er in eine Seitenstraße ab und gelangte auf Umwegen zum Bahnhof. Er war hell erleuchtet und voll mit Pendlern in Anzügen. Wie die meisten Männer in Genf trug auch Victor einen Mantel, Handschuhe und einen Hut. Er war sehr froh über die Kälte, die jeden zwang, sich in mehrere wärmende Schichten zu hüllen, sodass letztendlich eine einzige Masse aus gedeckten Farbtönen entstand. Selbst wenn ein ganzes Team versuchen sollte, ihn zu beschatten, hätte es auf einem Platz wie diesem seine liebe Mühe.
Jetzt hatte er fast achtundvierzig Stunden lang nicht geschlafen, dessen war er sich sehr wohl bewusst. Geist und Körper arbeiten bei Schlafentzug langsamer als sonst, aber mehr als je zuvor benötigte Victor jetzt hundert Prozent. Trotzdem, solange er auf der Flucht war, konnte er sich keine Ruhepause leisten. Erst musste er sich in Sicherheit bringen. Jede Stunde Schlaf ermöglichte es seinen Feinden, ihm näher zu kommen.
In einem kleinen Café verschlang er ein schlechtes Sandwich, trank einen starken Kaffee und wartete auf seinen Zug. Erst im letzten Augenblick stieg er ein und setzte sich ans Ende des Waggons, das Fenster zu seiner Rechten. Der Zug schlängelte sich von Genf aus nach Norden durch die Berge.
Er hatte mehrere Jahre in der Schweiz gelebt und das Klima, die Menschen und den Lebensstil zu schätzen gelernt. Die Höhenluft förderte spürbar
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