Codename Tesseract - Wood, T: Codename Tesseract - The Killer
ging nicht davon aus, dass sie zu Fuß kommen würde. In der Ferne waren Sirenen zu hören, die aber fast ganz vom Regen verschluckt wurden.
Auf der anderen Straßenseite entdeckte er eine schmale Gasse, von wo er den Eingang der Bar im Auge behalten konnte. Unter den gegebenen Umständen hätte er normalerweise seine Pistole durchgeladen, entsichert und in seinen Hosenbund gesteckt, nach vorn, links von der Gürtelschnalle, wo sie leicht zu greifen war. Aber er hatte keine Pistole, nur ein Messer. Gegen ein ganzes Team hatte er damit keine Chance, aber es war besser als nichts.
Sein Standort bot ihm zwar ein wenig Schutz vor dem Wind und dem unablässigen Regen, aber den einen oder anderen Tropfen bekam Victor dennoch ab. Die Kälte biss ihm ins Gesicht. Victor war das egal. Es fühlte sich großartig an.
Kalt, nass, aber lebendig.
Nachdem er zwanzig Minuten dort gestanden und eine Zigarette geraucht hatte, hielt ein weißes Taxi vor der Bar an. Eine groß gewachsene Frau stieg aus und stand dann auf dem Bürgersteig. Sie trug einen knöchellangen grauen Mantel. Dunkles Haar, zu einem Pferdeschwanz gebunden, quoll unter einer Wollmütze hervor. Um den Hals hatte sie einen burgunderroten Schal geschlungen.
Die Maklerin.
Sie sammelte sich einen Moment lang, dann betrat sie die Bar. Er war verblüfft, dass sie sich bis vor die Tür hatte bringen lassen, und noch verblüffter darüber, dass sie nicht einen Blick auf die Umgebung geworfen, sondern ohne zu zögern die Bar betreten hatte. Entweder hatte sie überhaupt keine Ahnung, oder aber sie spielte die Ahnungslose.
Victor konnte keinen Hinweis auf ein Killerteam erkennen. Die Straße war leer, der Autolärm weit weg. Ein Mann mit einem Hund kam die Straße entlang, aber Victor schloss ihn aus.
Zu starke Isolierschicht im Taillenbereich. Der Hund war ein Dobermann, und der Mann musste sich anstrengen, um ihn in Schach zu halten. Ein Killerteam hätte niemals einen Hund benutzt, nicht einmal zur Ablenkung.
Mit schnellen Schritten verließ Victor die Gasse, Kopf gesenkt, Kragen hochgeschlagen, ein Mann, der eine Abkürzung genommen hatte und schnell ans Ziel kommen wollte. Er streichelte den Dobermann, dann überquerte er die Straße. Dort stellte er sich mit dem Rücken zur Wand rechts neben den Kneipeneingang. Die Hände steckten trotz der Kälte nicht in den Jackentaschen. Er zündete sich eine Zigarette an und rauchte langsam, ohne den Blick von der Straße zu nehmen.
Nach fünf Minuten ging die Tür auf. Sie kam heraus. Ehe sie sich’s versah, hatte er sie am Arm gepackt.
»Hier entlang.«
Er hörte, wie sie nach Luft schnappte, aber sie leistete keinen Widerstand. Victor brachte sie nach Westen, immer die Straße entlang. Bei der ersten kleinen Nebengasse bog er ab. Er drückte sie an die Wand und durchsuchte sie. Keuchend sog sie den Atem ein.
»Ich habe keine Waffe.«
Nach wenigen Sekunden wusste er, dass sie die Wahrheit gesagt hatte. Im Grunde genommen hätte er sich gefreut, wenn er eine Pistole bei ihr gefunden hätte. Dann hätte er sie an sich genommen. Er schob sie wieder zur Gasse hinaus.
»Wo gehen wir hin?«
Er gab keine Antwort, ging einfach weiter, hielt sie fest am Arm gepackt. Sie musste sich anstrengen, um mit ihm Schritt zu halten. Aus dem Augenwinkel registrierte er ihre Blicke, ohne sie zu erwidern. Seine Augen waren auf die Umgebung gerichtet.
Victor brachte sie bis ans Ende der Straße, die in ein Industriegebiet führte. Breite, unbelebte Fahrbahnen. Zäune trennten den Bürgersteig von den dahinterliegenden Fabrikgebäuden.
In manchen brannte Licht, in anderen nicht. Ein Auto kam auf sie zu. Victor führte eine Hand auf den Rücken. Wenn der Wagen noch zehn Meter entfernt war und Anstalten machen sollte anzuhalten, dann würde er der Maklerin die Kehle durchschneiden und sie auf die Straße vor das Auto stoßen, um anschließend loszurennen. In irgendeiner kleinen Gasse würde er sich ein Versteck suchen, den Letzten von hinten überfallen, ihm das Messer ins Rückgrat rammen, seine Pistole an sich nehmen und die anderen umbringen oder aber im Kampf sterben.
Das Auto fuhr vorbei.
Die Maklerin sagte: »Wo bringen Sie mich hin?«
Er gab keine Antwort, aber fünf Minuten später, nach einer Runde durch die menschenleeren Straßen, wusste sie Bescheid. Gleich da vorn lag die Bar.
»Warum sind wir jetzt wieder hier?«
Er brachte sie nach drinnen, bestellte ihr und sich etwas zu trinken und setzte sich an den Tisch, der
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