Codewort Geronimo - der Augenzeugenbericht zum Einsatz der Navy-SEALs gegen Osama bin Laden
Ort im Jemen stationierten Boote der CIA waren so blind, dass Osama bin Ladens Handlanger den Sprengstoff bergen und neun Monate später bei einem erfolgreichen Anschlag auf die USS Cole zum Einsatz bringen konnten.
Doch die Liste der atemberaubenden Akte der Inkompetenz von Tenets CIA ist noch lange nicht zu Ende.
24 Monate nach den Bombenanschlägen auf die Botschaften in Afrika zeichnete Tenet für ein weiteres verhängnisvolles nachrichtendienstliches Versagen verantwortlich – sein sechstes. Manhattan stand in Flammen, das Pentagon brannte, amerikanische Passagierflugzeuge stürzten vom Himmel – doch was immer George Tenet an jenem Morgen sonst noch unternahm, auf jeden Fall gelang es ihm, sich Rückendeckung zu verschaffen und seinen Job zu behalten.
Wenn das nicht Überlebenskunst ist.
Auf der anderen Seite der Stadt, in der FBI-Zentrale an der Pennsylvania Avenue, verfolgte Direktor Robert Mueller auf CNN, wie der Südturm zusammenfiel. Wie sein Erzrivale am anderen Ufer des Potomacs erkannte Mueller schockiert, dass auch seine Behörde für ein nachrichtendienstliches Desaster erster Ordnung verantwortlich war.
Tenet mochte demokratischer Parteipolitik entsprungen sein. Robert Mueller bewies, dass Unfähigkeit parteiübergreifend war. Wie Tenets strotzte auch sein Lebenslauf von politischen Beziehungen und war eher schwach bestückt, wenn es um grundlegende Kompetenzen ging. Mueller war ein Insider des republikanischen Machtzentrums in der US-Hauptstadt ohne jegliche Erfahrung in Spionageabwehr oder Strafverfolgung. Mueller war noch keine Woche im Amt, als der Schlag vom 11. September erfolgte, sodass man seine Verantwortung für das Versagen seiner Behörde bei der Prognose oder Verhütung der Anschläge geringer einschätzen könnte.
So könnte man argumentieren, doch auch das FBI hatte jede Menge konkreter Warnhinweise ignoriert.
Als Mueller an jenem Vormittag die stellvertretenden FBI-Direktoren zu einer Sitzung einberief, musste er zu seinem Leidwesen feststellen, dass die FBI-Zentrale in den vorherigen eineinhalb Jahren wiederholt eindringliche Warnungen von Beamten im Außeneinsatz missachtet hatte, die ganz konkret geplante Anschläge aus der Luft betrafen.
Innerhalb einer halben Stunde nach dem ersten Schlag übertrafen sich CIA und FBI bereits gegenseitig bei der Schadensbegrenzung. Unglaublich, aber wahr: Sowohl Mueller als auch Tenet gelang es, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen und den eigenen Posten zu behalten. Ansonsten wurde mit Schuldzuweisungen nicht gespart.
Nach den Anschlägen sagte Condoleezza Rice: „Ich glaube nicht, dass das irgendjemand hätte vorhersagen können … dass sie ein Flugzeug als Marschflugkörper einsetzen würden, ein entführtes Flugzeug als Rakete.“
Dabei wusste sie oder hätte wissen müssen, dass eine reale Bedrohung vorlag. Bereits 1999 gab es erste Warnungen, dass al-Qaida Passagiermaschinen einsetzen könnte, um Ziele am Boden anzugreifen. Diese lagen schriftlich vor und sie waren absolut unmissverständlich. Ein vom National Intelligence Council abgefasster Bericht sagte explizit aus: „Selbstmordattentäter aus dem Märtyrerbataillon von al-Qaida [sic] könnten ein mit Sprengstoff beladenes Flugzeug aufs Pentagon, die Zentrale der Central Intelligence Agency oder das Weiße Haus stürzen lassen.“
Noch präziser kann man kaum informiert werden.
Fünf Monate vor dem 11. September hatte der National Intelligence Council nicht nur die Täter genannt, sondern auch die Ziele und die eingesetzten Mittel für den Anschlag.
Dass es der amerikanischen Regierung nicht gelungen war, die Anschläge vom 11. September vorherzusehen oder zu verhindern, war nicht auf unzulängliche Informationsbeschaffung zurückzuführen, sondern die Folge ungeheuerlicher Führungs- und Analysepannen.
Die Ereignisse vom 11. September machten deutlich, dass die Führungsspitze von FBI und CIA durch Günstlingswirtschaft, politische Korrektheit um jeden Preis und unvorstellbare Inkompetenz gelähmt war. Im siebten Stock spielte es keine Rolle, was man konnte oder ob man wusste, was man tat – es kam nur darauf an, welchen gewählten Volksvertreter man kannte. Leitende Positionen in beiden Behörden wurden als politische Belohnung vergeben. Zu dieser „filzokratischen“ Mentalität kam erschwerend hinzu, dass die Kultur im mittleren Management vergiftet war. Beide Organisationen hatten ihr Tagesgeschäft einem Bürokratenkader übertragen, das einen internen Krieg
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