Codewort Geronimo - der Augenzeugenbericht zum Einsatz der Navy-SEALs gegen Osama bin Laden
mit Memos, Leistungsberichten und Haushaltsunterlagen führte. Neue Ideen wurden schnell ausgehebelt. Innovationen wurden an Ausschüsse verwiesen und prompt im Keim erstickt. Spezialagenten und Beamte im Nachrichtendienst, die aufmuckten, bekamen rasch andere Aufgaben zugewiesen oder wurden versetzt.
Vor dem 11. September schienen FBI und CIA in einer Art Paralleluniversum zu existieren. Manche ihrer Patzer – an der Spitze und im Mittelbau – waren dermaßen unprofessionell, dass schwer nachvollziehbar ist, wie die Betreffenden überhaupt an ihre Jobs kamen. Gar nicht zu reden davon, wie sie bei der Einstellung und im weiteren Verlauf die Sicherheitsüberprüfungen bestanden.
Im Zeitraum von 1999 bis 2001 fingen FBI und CIA buchstäblich Hunderte detaillierter, konkreter Warnungen auf, dass al-Qaida einen Anschlag aus der Luft plante. 1999 erfuhr das FBI, dass Ihab Mohammed Ali, der 1998 an den Bombenanschlägen auf die Botschaften in Afrika beteiligt war, zur Pilotenausbildung nach Oklahoma geschickt worden war. Im September 2000 offenbarte die US-Staatsanwaltschaft vor einem großen Geschworenengericht, dass ein Kamerad von Ali bereits 1993 an einem Treffen teilgenommen hatte, auf dem Al-Qaida-Mitglieder über westliche Luftverkehrskontrollverfahren sprachen – in der Absicht, die Bewegungen gekidnappter Passagiermaschinen zu verschleiern. Am 10. Juli 2001, acht Wochen vor dem 11. September, gab Special Agent Kenneth Williams von der Außenstelle Phoenix folgende unmissverständliche Nachricht durch: „Zweck dieser Mitteilung ist es, dem Bureau und New York anzuzeigen, dass Osama bin Laden in einer koordinierten Aktion Studenten in die Vereinigten Staaten schicken könnte, um zivile Luftfahrtschulen und -hochschulen zu besuchen.“
Williams’ Nachricht geht noch weiter und empfiehlt ein halbes Dutzend Maßnahmen, die den Luftpiraten vom 11. September das Handwerk gelegt hätten. Sie landete auf einem Schreibtisch in der FBI-Zentrale und wurde ignoriert.
Beinahe zufällig verhafteten FBI-Agenten einen der Al-Qaida-Flugzeugentführer vom 11. September. Zacarias Moussaoui wurde wegen eines Verstoßes gegen das Einwanderungsgesetz aufgegriffen, nachdem er einem einigermaßen sprachlosen Fluglehrer mitgeteilt hatte, dass er nur daran interessiert sei, große Passagiermaschinen zu fliegen, und nicht lernen müsse, wie man sie startete und landete – nur, wie man sie flog.
Moussaoui wurde in Gewahrsam genommen, doch die FBI-Zentrale lehnte 70 Anfragen von Agenten im Außeneinsatz ab, die um eine Genehmigung zur Prüfung seines Laptops und zur Durchsuchung seiner Wohnung baten. Die für die Ermittlungen zuständige FBI-Agentin Colleen Rowley identifizierte Zacarias Moussaoui korrekt als sorgfältig ausgewähltes Mitglied eines Entführerteams von al-Qaida. In ihren Memos gab Rowley wiederholt an, Moussaoui stünde in Kontakt mit Leuten, die es auf Gebäude in New York abgesehen hätten.
Auch ihre Eingaben wurden von der FBI-Zentrale ignoriert.
Als Dank für ihre Mühe wurde Colleen Rowley 36 Monate nach dem 11. September aus den Diensten des FBI entlassen. Weil sie von ihrem ehemaligen Arbeitgeber verfolgt wurde, sah sie sich gezwungen, sich mit ihrer Familie in ein Zeugenschutzprogramm aufnehmen zu lassen.
Dabei hätte man gar keinen streng vertraulichen Schriftverkehr lesen müssen, um einen Terroranschlag aus der Luft gegen die Vereinigten Staaten vorherzusehen. Man hätte nur eine Zeitung aufschlagen müssen. Am Abend des 11. September 1994 entwendete Frank Eugene Corder auf dem Aldino Airport in Maryland eine Cessna 150. Obwohl er vom Radar der Andrews Air Force Base und des nationalen Flughafens des Districts of Columbia erfasst wurde, gelang es ihm, in kontrollierten Luftraum vorzudringen und das Washington Monument zu umkreisen. Über der Pennsylvania Avenue schaltete Corder den Antrieb aus, führte ein Landungsmanöver mit stehendem Propeller aus und stürzte sich mit seinem Flugzeug von vorne ins Weiße Haus. Das brennende Wrack kam zwei Stockwerke unter Präsident Clintons Badezimmerfenster zum Stehen.
Die Präsidentenfamilie hielt sich seinerzeit nicht im Weißen Haus auf und Corders kleines Flugzeug richtete wenig Schaden an. Dennoch – er hatte es geschafft. Auf den Tag genau sieben Jahre vor den Anschlägen vom 11. September hatte sich bestätigt, dass zivile Flugzeuge als Waffensysteme eingesetzt werden konnten.
Wenn man schon keine entsprechenden Schlussfolgerungen aus dem
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