Codewort Geronimo - der Augenzeugenbericht zum Einsatz der Navy-SEALs gegen Osama bin Laden
Selbstmordanschlag auf das Weiße Haus oder dem Bericht des National Intelligence Councils zog, hätte man auch durch der Geheimhaltung unterliegende Übungen gewarnt sein können, die das US-Militär durchgeführt hatte. In den 1980er- und 1990er-Jahren wies das SEAL-Team 6 nach, dass Passagierflugzeuge während des Fluges übernommen werden und ihre Autopiloten verwendet werden konnten, um sie auf Kollisionskurs mit konkreten Ziele zu programmieren. Nach Vornahme der nötigen Einstellungen sprangen die SEALs mit Fallschirmen aus den Maschinen. Damit war nicht nur bewiesen, dass es sich bei solchen Szenarien um reale Bedrohungen handelte, sondern die Einsätze bestätigten auch, dass selbst Kidnapper, die nicht zu Märtyrern werden wollten, zivile Flugzeuge als Waffen einsetzen konnten.
Seit dem 11. September halten sich hartnäckig zwei Mythen: Der erste ist, dass die Selbstmordattentate mit Passagiermaschinen eine Erfindung von al-Qaida waren. Das ist offenkundig falsch. Der kontrollierte Anflug auf ein Ziel erster Ordnung mit einem zivilen Flugzeug war bereits zuvor erfolgreich durchgeführt worden, und das Ziel war das Weiße Haus gewesen.
Die zweite Fiktion, die seit dem 11. September kursiert, ist, dass die Entführung durch Selbstmordattentäter nicht zu verhindern war, weil niemand von so einer Bedrohung wusste. Auch das stimmt nicht.
Die Anschläge vom 11. September waren sehr wohl genau so vorhergesehen worden. Ein unabhängiges nachrichtendienstliches Expertengremium hatte konkret darauf hingewiesen, dass Osama bin Laden und al-Qaida vermutlich versuchen würden, einen Anschlag mit entführten Flugzeugen als Waffen durchzuführen. Dass die globalen Verkehrssysteme und Flugpassagiere dennoch von Terroristen missbraucht werden konnten, ist dem Versagen politischer Entscheider und gewählter Volksvertreter anzulasten, die nicht wahrhaben wollten oder gezielt missachteten oder nicht begriffen, wie todernst diese Bedrohung war.
Die Leute, die das Sagen hatten, haben leider nicht zugehört.
DAS REICHE KIND
MÄRZ 1957 BIS DEZEMBER 1979
OSAMA BIN LADEN WURDE AM 10. MÄRZ 1957 als Sohn des saudischen Millionärs Mohammed bin Laden und Hamida Ghanems geboren, einer Frau, die in Schuldknechtschaft für die Familie bin Laden arbeitete. Als Saudi-Arabien 1962 endlich alle Formen der Sklaverei für ungesetzlich erklärte, wurde Osama als legitimer Sohn bin Ladens anerkannt. 1967, er war gerade zehn Jahre alt, traten zwei Ereignisse ein, die den Terroristenführer prägten. Das erste betraf sein Privatleben: Bei einem Flugzeugabsturz kam sein Vater ums Leben. Dadurch gerieten Osama und seine Mutter tiefer in den Schoß der Familie bin Laden in Dschidda, wo sein ältester Bruder Salem bin Laden Osama an der al Thagher Model School einschrieb, an der als Kernkomponente das Pflichtstudium des Islam im Lehrplan stand. Das zweite Ereignis, das ihn nachhaltig beeinflusste, war der arabisch-israelische Krieg von 1967.
Der sogenannte Sechstagekrieg war für das ägyptische und syrische Volk eine einzige Katastrophe. Auch der Krieg von 1973 war kaum ein ungetrübter Erfolg. Obwohl es den arabischen Militärdiktatoren gelang, an der Macht zu bleiben und Andersdenkende mundtot zu machen, brodelte der arabische Volkszorn.
Die militärischen Niederlagen, die Israel der arabischen Welt 1967 beigebracht hatte, brauten sich an ihrem geografischen und intellektuellen Horizont zu dunklen Wolken zusammen. Die arabischen Länder in der Region hatten nicht nur Zigtausend Soldaten und militärische Ausrüstung im Wert von Hunderten von Millionen Dollar verloren, sondern wurden überdies von Flüchtlingen überschwemmt. Wo immer die Israelis vorstießen, flohen die palästinensischen Zivilisten. Über eine Million Nichtkombattanten liefen vor der marodierenden israelischen Armee davon und drängten sich in elenden Lagern in Syrien, Jordanien und dem Libanon. Deren Ressourcen wurden bis an die Belastungsgrenze strapaziert.
Als Osama in die Pubertät kam, herrschten überall Hass auf Israel und Angst vor dessen militärischer Macht. Als sich der Rauch legte, blieb den arabischen Politikern, Studenten und Religionslehrern nur die müßige Überlegung: Wie hatte das passieren können? Nach den arabischen Niederlagen 1967 erhoben sich in den Moscheen Stimmen, die die Ursache für das Desaster nicht in militärischen Possen sahen, sondern als den Willen Allahs bezeichneten. Die arabischen Nationen waren besiegt worden, weil sie sich vom
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