Codex Alera 06: Der erste Fürst
versuchen, mich umzubringen?«
»Wie lange brauchst du, um dich von ihnen zu lösen?«
Aquitanius schüttelte den Kopf und streckte dann zähneknirschend eine Hand nach dem stierförmigen Holzelementar aus. »Ich weiß es nicht«, sagte er in angespanntem Ton. »Nicht lange. Sofern noch irgendwelche Überlebenden hier draußen sind, wenn sie losgelassen werden, haben sie keine Chance. Wenn du nun so freundlich wärst, mich nicht länger durch dein Weitsprechen durchzurütteln …«
Amara verzog das Gesicht, rief Cirrus zurück und spürte in Form eines eisigen Bands, das sich über ihre Wirbelsäule legte, dass sich hinter ihr irgendetwas näherte. Sie verschwendete keine Zeit darauf, sich umzusehen. Stattdessen warf sie sich vornüber von dem fünf Stockwerke hohen Dach und fiel wie ein Stein.
Die Steinumfassung des Dachs hinter ihr explodierte in eine Wolke aus Schutt. Ein Stein traf sie hart am Rücken, ein weiterer am Oberschenkel. Sie konzentrierte sich grimmig über den Schmerz hinweg, um Cirrus zu rufen, damit er ihren Sturz abfederte, wirbelte ihren Körper in der Luft herum und landete, gestützt von ihrem Elementar, katzengleich in der Hocke. Sie machte einen Hechtsprung vorwärts, rollte sich ab, und einen Augenblick später traf ein schwerer Stiefel mit solcher Wucht auf das Pflaster des Platzes, dass in jeder Richtung ringsum zehn Fuß lange Risse in den Steinen aufklafften.
Amara zog im Aufspringen ihr Schwert und hob es in eine Verteidigungshaltung. Sie sah sich Cantus Macio gegenüber, der sie mit leerem Blick anstarrte.
»Macio«, sagte sie mit zitternder Stimme. »Hallo. Erinnerst du dich an mich? Die Akademie? Amara?«
Er legte den Kopf schief und musterte sie.
Dann hob er die Hand, und Feuer sauste in einem wirbelnden Strudel auf sie zu.
Amara rief Cirrus und errichtete eine Windbarriere, um das anbrandende Feuer aufzuhalten, aber Macio war einfach viel stärker als sie. Der Rückstoß des Windes traf sie mit gewaltiger Kraft, als er versuchte, den auf sie zufegenden Feuersturm abzuwehren, und Amara fand sich wie ein Blatt zurückgeschleudert.
Statt gegen die Bewegung anzukämpfen, drehte sie sich hinein und rief wieder nach Cirrus, damit er sie in die Luft hob – nur um etwas hinter einem windgewirkten Schleier schimmern zu sehen und entsetzt betäubenden Schmerz zu empfinden, als eine unsichtbare Faust gegen ihren Kiefer prallte.
Amara taumelte. Ihre Konzentration auf den Flug war zerstört, und sie stürzte ab. Zum Glück hatte sie nicht genug Zeit gehabt, um allzu sehr an Höhe zu gewinnen oder Fahrt aufzunehmen. Aber selbst so war es ein sehr schmerzhaftes Erlebnis, auf dem harten Steinpflaster des Platzes aufzuschlagen. Aufgrund ihrer Ausbildung gelang es ihr, den Sturz durch ein Abrollen etwas abzumildern, aber ihre Gliedmaßen prallten dennoch heftig auf. Die Waffe wurde ihr geradewegs aus der Hand geschlagen; sie konnte sich glücklich schätzen, dass sie sich nicht darauf aufgespießt hatte.
In Panik mühte sie sich ab, sich aufzurichten. Schnelligkeit war ihre einzige Chance. Sie hatte nicht die Kraft, die sie benötigt hätte, um Macio und seinen verschleierten Verbündeten direkt zum Kampf zu stellen. Die einzige Art, wie sie überleben konnte, bestand darin, den Kampf in den offenen Himmel zu verlagern. Sie erreichte die Wand eines der Gebäude, die den Platz umstanden, und stützte sich daran ab, um sich aufzurichten.
Zu dem Zeitpunkt, als Macios Faust sich schmerzhaft in ihrem Haar verfing, hatte sie sich erst auf die Knie aufgerichtet. Er zerrte sie mit elementargewirkter Kraft hoch, und ihre zappelnden Zehen hoben sich vom Boden ab.
Ihre Arme fühlten sich an, als wären sie mit Blei beschwert. Sie zog das Messer aus dem Gürtel und rammte es nach oben und hinten, um den Arm zu treffen, der sie festhielt. Wenn sie die Sehnen durchtrennen konnte, würde es keine Rolle mehr spielen, über wie viel Erdwirken Macio verfügte – die Mechanismen seines Arms wären zerstört, und er würde sie nicht mehr festhalten können. Die Schneide glitt an etwas Starrem ab, wahrscheinlich an der Chitinrüstung, die Macio einhüllte. Amara verrenkte die Schultern, trat mit einem Absatz nach ihm und zielte auf sein Knie. Der Tritt saß, aber da sie in der Luft hing, war er nur schwach. Macio ächzte und verlagerte sein Gewicht, und so trafen ihre nächsten beiden Tritte etwas, das sich wie sein gepanzerter Oberschenkel anfühlte, und richteten keinen Schaden an.
Amara spürte,
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