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Codex Alera 06: Der erste Fürst

Codex Alera 06: Der erste Fürst

Titel: Codex Alera 06: Der erste Fürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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»Wenn ich sie nicht überlisten, ihre Handlungen vorausahnen und sie besiegen kann … Warum versuche ich dann überhaupt, diese Männer zu führen? Kann ich sie weiter vorrücken lassen, in dem Wissen, dass … dass …«
    »Dass du sie höchstwahrscheinlich in den Tod führst«, sagte Alera.
    Tavi schloss die Augen. »Ja.«
    Aleras Tonfall wurde trocken. »Wie viele mehr wären gestorben, wenn du nichts getan hättest, junger Gaius? Wie viele mehr wären gestorben, wenn du beim ersten Schlag der Vordkönigin gefallen wärst? Siehst du nicht, was dieser Angriff bedeutet?«
    Er öffnete die Augen und sah stirnrunzelnd zu ihr hoch.
    »Sie kann nicht viele Cives übrig haben«, sagte Alera. »Und doch hat sie dieses Lager mit mehr als fünfzig hochbegabten Erdwirkern angegriffen, in dem Wissen, dass es ein Selbstmordkommando war. Sie hat dir gesagt, dass sie nur gekommen sei, um dich zu schwächen.«
    »Das … ergibt keinen Sinn«, sagte Tavi. »Solch ein kostbares Gut verschwenden, nur um einen Gegner zu schwächen? Warum sollte sie so etwas tun?«
    »Genau, warum?«, fragte Alera.
    »Weil sie dachte, es sei das Opfer wirklich wert«, murmelte Tavi. »Aber das ergibt auch keinen Sinn. Unsere Verluste waren …« Seine Lippen verzogen sich bitter. »Gering.«
    »Sie ist nicht hergekommen, um dich zu töten, junger Gaius. Noch nicht. Sie war hier, um dich auszubluten.«
    »Aber warum ?«, fragte Tavi. »Wenn sie gewartet hätte, bis die Legion näher heran war, hätte sie uns mit überwältigender Verstärkung angreifen können, statt all ihre versklavten Cives zu verlieren. Es ist nicht vernünftig. Es ist …« Er hielt plötzlich inne und blinzelte zwei Mal. »Es ist nicht vernünftig«, sagte er leise. »Es ist die Art von Fehler, die ein junger Feldherr begeht, wenn der Sieg bedroht ist. Er vergisst die Disziplin. Er beschließt, dass es besser ist, überhaupt irgendetwas zu tun, als untätig zu bleiben.« Tavis Augen wurden groß. »Sie hatte Angst vor mir.«
    Alera neigte den Kopf und sagte nichts.
    Einen Augenblick später schnaubte Tavi. »Nun ja, ich glaube, von dem verfehlten Eindruck habe ich sie kuriert.«
    »Und doch«, sagte Alera leise, »ist sie geflohen. Du nicht.«
    »Natürlich ist sie geflohen. Das hat uns daran gehindert, sie mit vereinten Kräften anzugreifen. Es hat ihr gestattet, das Tempo unseres Kampfs zu bestimmen …« Er riss die Augen noch weiter auf.
    Die Vordkönigin zu besiegen hatte nichts mit Blutvergießen zu tun. Es ging dabei nicht um Taktik, um Elementarwirken, um Organisation oder Technik oder Reihen glänzender Rüstungen.
    Es ging um den Verstand. Es ging um den Willen.
    Es ging um Angst.
    Tavi sprang auf. »Die Horde«, sagte er. »Wo steht sie jetzt?«
    Alera dachte eine Weile darüber nach und sagte dann: »Sie wird bald die zweite Verteidigungsmauer des Tals angreifen. Ich glaube nicht, dass man ernsthaft darauf hoffen kann, dass die Legionen die Mauer halten.«
    »Das sollen sie auch gar nicht«, sagte Tavi. »Die Vord haben keine Hoffnung, Kaserna zu erobern, solange sie nicht gelenkt werden. Um sie zu kontrollieren, muss die Königin auf fünfundzwanzig bis dreißig Meilen an sie herankommen – weit hinter die zweite Mauer. Sie liegt in der Nähe des Bernardhofs. Ich kenne die Gegend, und es gibt nur eine begrenzte Anzahl von Stellen, an denen sie eine Verteidigungsstellung um ihr Nest herum errichten könnte.«
    Alera legte nachdenklich den Kopf schief. »Du wirst den Vorteil haben, das Gelände zu kennen.«
    »Ja«, sagte Tavi und bleckte die Zähne. »Und wenn sie Angst davor hat, dass ich mich einmische, heißt das auch, dass ich es kann .« Er nickte mit Nachdruck. »Jeder wichtige Kampf, an dem ich je beteiligt war, ging gegen jemanden, der größer und stärker war als ich. Diesmal ist es nicht anders.«
    Aleras Juwelenaugen funkelten. »Wenn du das sagst, junger Gaius.« Damit war sie verschwunden.
    Tavi schlich aus dem Heilerzelt hinaus.
    Zwanzig Legionares nahmen sofort Haltung an. Weitere sechzig rappelten sich innerhalb des unmittelbaren Lichtkreises vom Boden auf, manche schreckten dazu gar aus einem völlig gerüsteten und daher auch völlig unbequemen Schlaf hoch. Jeder Legionare in Sichtweite trug das Symbol der Ersten Aleranischen Legion, den Adler auf scharlachrotem und silbernen Feld – aber die Zeichnung war geschwärzt und behutsam verändert worden, um die Gestalt einer Krähe zu bilden. Die Schlachtkrähen waren die Kohorte gewesen,

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