Codex Alera 06: Der erste Fürst
und es war für den verurteilten Mann zu einer Art Spiel geworden, Tavi mit appetitanregenden Verlockungen zu versorgen. Tavi ignorierte sie. Fast immer. »Was die meisten Cives aufregt, ist die Art, wie du die Landzuteilung an die Canim geregelt hast.«
Tavi winkte ab. »Sie können Parcia gerne haben, wenn sie es einnehmen können. Es ist die Stadt, die am tiefsten in vordbesetztem Gebiet liegt. Sie ist unser wichtigster Seehafen, und die Canim haben schon mehr über den Schiffsbau wieder vergessen, als unsere eigenen Werftarbeiter je wussten.« Er zuckte mit den Schultern. »Außerdem würden sie sich ohnehin einen Ort nehmen, den sie ihr Eigen nennen könnten, wenn wir ihn ihnen verweigern würden – und danach wären sie dann nicht mehr geneigt, allzu freundlich zu sein. Sie werden das Freie Alera mitnehmen, da bin ich mir sicher – und allen Hofbewohnern dort, die nicht unter der Herrschaft der Canim leben wollen, steht es frei, sich einen anderen Wehrhof unter einem anderen Fürsten zu suchen.«
»Der Hohe Fürst Varg.« Fidelias seufzte. »Du weißt, warum es sie wirklich so aufregt, nicht wahr?«
»Weil jemand ohne Elementarkräfte zum Hohen Fürsten ernannt worden ist«, antwortete Tavi. »Mein Herz blutet für die armen Lämmchen.« Er nahm die Abdeckung vom Tablett und sah, dass es mit kleinen Fleischpasteten überhäuft war. Sie dufteten himmlisch. Er warf Fidelias einen mörderischen Blick zu. »Denke an meine Worte. Der Tag wird kommen, da jeder, der zur Civitas gehören möchte, sich diese Stellung erarbeiten kann, da das Gehirn einen weiterbringt, als jeder Elementar es je könnte, und da diese übermächtigen Zerstörungsmaschinen putzige Überbleibsel der Vergangenheit sein werden, aber nicht die Herren der Zukunft.« Er legte den Deckel mit einem kräftigen Klappern wieder ab. »Irgendjemand sollte das aufschreiben. Dann kann man mich später so zitieren wie alle anderen Ersten Fürsten.«
»Ich glaube, das sparen sie sich für die Worte auf, die du sprechen wirst, wenn man dich davonschleift und als tobenden Verrückten in irgendeinen Turm sperrt«, antwortete Fidelias.
Tavi lachte laut auf. »Nein, ganz verrückt bin ich noch nicht. Wie gehen die Pläne für die neue Ausbildung voran?«
»Die geheimen Pläne für die geheime Ausbildung der Geheimagenten? Wenn ich dir das sagen würde, müsste ich dich töten, Majestät.«
Tavi grinste ihn an. »Ich nehme an, das heißt: ›Ganz gut.‹«
Fidelias nickte. »Sha ist mir eine große Hilfe. Ich arbeite gern mit ihm zusammen, obwohl seine Vorstellungen von den richtigen Ausbildungsmethoden sich ziemlich von meinen unterscheiden.« Er räusperte sich und fragte: »Majestät? Hast du wirklich vor abzuwarten, bevor du den Kampf gegen die Vord nach Canea hinüberträgst? Senator Valerius …«
Tavi warf die Hände in die Luft. »Ach je! Ich habe es satt, den Namen dieses Mannes zu hören. Er will, dass ich eine Expedition nach Canea anführe, um die letzte Königin zu finden, nicht wahr?«
»Genau.«
»Um mich so loszuwerden, was wiederum seine Bemühungen, alles zu hintertreiben, was ich aufzubauen versuche, erleichtern würde.« Tavi schüttelte den Kopf. »Wenn wir ganz Alera in zehn Jahren zurückerobern können, haben wir schon viel erreicht. Und das ist überlebenswichtig. Wir dürfen unter keinen Umständen die Vorratsverstecke der Vord bestehen lassen. Und ich glaube nicht, dass wir in Canea in den nächsten dreißig Jahren überhaupt große Erfolgsaussichten hätten. Das ist ein riesiges Gebiet. Wir haben nicht genug Leute, um die Aufgabe zu erledigen.«
»Aber du gibst zu, dass es irgendwann geschehen muss.«
»Wahrscheinlich«, sagte Tavi. »Irgendwann. Aber für den Augenblick … sind die Vord in Canea einfach zu verdammt nützlich.«
Fidelias runzelte die Stirn. »Majestät?«
»Wir haben jetzt etwas, das die Welt noch nie gesehen hat: ein tragfähiges Bündnis zwischen den Canim, den Marat, den Eismenschen und Alera. Wie viele Aleraner sind im Laufe des letzten Jahrhunderts oder gar der letzten drei im Kampf gegen sie gefallen, hm?«
»Die Vord benutzen, um das Bündnis zusammenzuhalten. Riskant.«
Tavi breitete die Hände aus. »Es ist doch eine Tatsache, dass keiner von uns den Vord allein die Stirn bieten kann. Wir haben nur eine Chance, wenn wir zusammenhalten. Und die einzige Möglichkeit für uns, die Schlacht jemals nach Canea zu tragen, besteht darin, jetzt friedlich zusammenzuleben und etwas aufzubauen, das
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