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Codex Mosel

Titel: Codex Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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studierte das Blatt vor sich auf dem Tisch. Seine hastig gekritzelten Notizen ließen sich nur noch mit Hilfe seines Gedächtnisses entziffern. »Ich schlage vor, wir schalten mal für ein paar Minuten unsere Telefone aus, und Kollege Grabbe gibt uns einen Überblick über den Stand der Ermittlungen.«
    »Kollege Grabbe«, äffte ihn Gabi kaum hörbar nach.
    »Für die, die erst jetzt zur Soko gestoßen sind, möchte ich kurz den uns bekannten Tatverlauf skizzieren.« Grabbe zeichnete mit einem blauen Stift an einer Flipchart etwas an, das Walde zuerst für eine Schlange hielt.
    »Das hier ist die Mosel.« Grabbe tauschte den Stift gegen einen schwarzen von der Ablage, kritzelte oberhalb der Mosel ein paar Türme, die Walde unschwer als Dom identifizierte, und nach nochmaligem Stiftwechsel am unteren Rand der Karte ein paar grüne Baumpiktogramme und Bögen.
    »Also.« Grabbe zeichnete unmittelbar neben dem Dom ein rotes Karree. »Hier, in der Domkurie, ist das Telefon von Domkapitular Professor Adams von einem Eindringling im Gartenhaus abgehört worden. Der Unbekannte wurde vom Gärtner gestört und hat ihn getötet.« Grabbe markierte mit quietschendem Stift ein Kreuz. »Wenige Stunden nach dem Tod des Gärtners wurde aus der Domschatzkammer der Egbert-Codex geraubt, zusammen mit einem Nagelreliquiar und dem Andreas-Tragaltar. Letztere wurden kurze Zeit später hier im Busental versteckt.« Grabbes Stift wanderte zu den Piktogrammen auf der anderen Seite der Mosel. »Die Sache im Dom lief hochprofessionell ab, wohingegen das Verstecken der Beute amateurhaft durchgeführt wurde, sodass sich ein im Wald hausender Obdachloser die Beute aneignen konnte …«
    »… der Raub des Nagelreliquiars und Andreas-Tragaltars war nicht geplant.« Walde sah auf einmal klar. »Allein der Egbert-Codex war das Ziel des Überfalls in der Domschatzkammer. Die Aktion ist außer Kontrolle geraten. Einer der Täter hat sich spontan entschlossen, die beiden Kunstgegenstände mitzunehmen. Sein Komplize, den ich für den Anführer halte, konnte das nicht verhindern, hat aber seinen Kollegen dazu gedrängt, die Beute gleich nach dem Überfall zu verstecken.«
    »Pech, dass er dabei beobachtet wurde«, sagte Gabi.
    Walde nickte. »Die zwei sind kein Team.«
    »Wie?«
    »Man spricht sich doch vorher ab, bevor man solch einen Coup durchführt. Das scheint hier nicht der Fall gewesen zu sein, zumindest nicht, was die Eventualitäten betrifft.«
    »Dafür spricht auch, dass die Fotografin zuerst brutal geknebelt und dann wieder von den Klebebändern befreit wurde«, sagte Grabbe.
    Walde nickte. Er fühlte sich wie ein Kurzsichtiger in der Sixtinischen Kapelle, der zuvor an der Decke nur einen Mischmasch aus Farben erkennen konnte und nun zum ersten Mal ein Brille aufsetzt.
    Die übereilte Präsentation des Andreas-Tragaltars war ein Fehler gewesen. Man hätte von diesem Veit erst einmal in Erfahrung bringen müssen, wo er die Beute gefunden hatte, um das Versteck zu überwachen und so womöglich an die Haupttäter heranzukommen.
    Ein Telefon klingelte.
    »Muss das sein?« Gabi verdrehte die Augen.
    Das Telefon klingelte weiter, ohne dass jemand ranging »Könnte vielleicht jemand?« Gabi sah in die Runde. Einige Kollegen blickten sie grinsend an. Das Telefon klingelte immer noch. Als sie ihre Handtasche öffnete, wurde das Geräusch lauter.
    »Salvo, ich ruf dich zurück … Was? …« Alle Augen waren auf sie gerichtet. »… Ja? … Ich weiß, dass die in der Telefonzentrale auf Zack sind. Weshalb rufst du an?« Während sie die Frage wiederholte, stand sie auf und ging zur Tür.
    Grabbe fuhr fort. »So arbeitet kein eingespieltes Team.« Er sah Gabi hinterher. »Der eine arbeitete hochprofessionell, so wie er die Tat vorbereitete und ausführte, der andere hatte nicht einmal ein adäquates Versteck für die Beute.«
    Während Grabbe sprach, kam Walde die Idee. »Die beiden haben sich wahrscheinlich erst vor kurzem in der Gerüchteküche am Hauptmarkt kennen gelernt. Die Theorie, dass einer der am Umbau der Athanasius-Kapelle Beteiligten angeworben wurde, ist zwar nicht bewiesen.«
    »Wir haben sämtliche Leute gecheckt«, sagte Grabbe. »Die haben fast alle ein Alibi.«
    »Fast alle?«
    »Die drei, die keins haben, kommen nicht in Frage.«
    »Warum?«
    »Von Alter, Sprache und Statur.« Grabbe sah Waldes zweifelnden Blick. »Wirklich nicht!«
    »Und die Phantomzeichnung?«
    »Auch nichts.« Grabbe schüttelte den Kopf.
    »Was ist mit der

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