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Codex Mosel

Titel: Codex Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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Domschatzkammer berichtet.
    Unter den Lettern WIEDER AUFGETAUCHT zeigte ein großformatiges Farbfoto auf der Titelseite des Luxemburger Wort die juwelenbesetzte Goldplatte der Stirnseite des Andreas-Tragaltars. Der Bildtext verwies auf einen Artikel im Innenteil. Bernard schlug die entsprechende Seite auf. Er zuckte unmerklich zusammen, als er die Phantomzeichnungen sah.
    *
    Nachdem sie die ersten Banken und EU-Gebäude passiert hatten, fuhren sie über die Avenue John F. Kennedy in die Luxemburger Hauptstadt.
    »Wo müssen wir genau hin?«, fragte Harry, während er gut fünfzig Stundenkilometer zu schnell eine auf Rot wechselnde Ampel passierte.
    Grabbe warf einen Blick auf den Schreibblock, der zwischen Walde und ihm auf dem Sitz lag und schob ihn kopfschüttelnd Walde zu. »Sorry, Lesen während der Fahrt vertrage ich nicht.«
    »Aber es ist doch nur eine Adresse!«
    »Das mag sein, aber …« Grabbe sah auf das Display seines klingelnden Handys. »Das sind die Luxemburger Kollegen.« Er setzte sich im Sitz auf und drückte den Empfangsknopf. »Deutsche Kriminalpolizei Trier, Kriminaloberkommissar Grabbe am Apparat.«
    Seine Mitfahrer schüttelten die Köpfe.
    »Oui, Monsieur Theis«, sagte Grabbe. »Oui … d’accord … cinq minutes, merci.« Er steckte das Handy wieder ein. »Das war unser Luxemburger Kollege Eric Theis. Er wollte wissen, wie lange wir noch brauchen. Die Autovermietung ist in der Avenue de la Gare.«
    »Hast du wirklich alles richtig verstanden, was Monsieur Theis dir gesagt hat?«
    »Warum sollte ich was falsch verstanden haben?«
    »Seit wann sprichst du so gut Französisch?«
    »Für den Hausgebrauch reicht es. Außerdem hat Kollege Theis Deutsch gesprochen, ich hab ihm aus Höflichkeit auf Französisch geantwortet.«
    Wieder schüttelten die drei Mitfahrer die Köpfe.
    *
    Bernard hielt die Luxemburger Zeitung vor sich, ohne etwas zu registrieren. Wie ein Film liefen die wichtigsten Stationen der letzten Tage vor seinem inneren Auge ab. In der Luke des Gartenhauses erschien der Kopf des Gärtners …
    Die Kellnerin starrte ihn an. Er hatte die Zeitung sinken lassen und den Kopf auf die Handfläche gestützt. Er bestellte einen Calvados und wunderte sich, wie schnell die Kellnerin damit an seinen Tisch zurückkam.
    Bernards Kehle brannte, aber sobald er die Zeitung wieder vor sein Gesicht hielt, lief der Film weiter. Es war nicht geplant gewesen, dass sein Komplize nach dem Raub in sein Auto einstieg und damit Kenntnis von dem Wagentyp bekam und sich womöglich das Nummernschild merkte. Nach dem Coup im Dom wollte sich Bernard, wie abgesprochen, nach der Zahlung der zweiten Hälfte des Honorars von dem Mann trennen, der ihn noch tiefer in den Schlamassel hineingezogen hatte. Bernard hatte nicht vorhersehen können, dass sein Komplize die Domschatzkammer als Selbstbedienungsladen betrachten würde.
    Bernard beherrschte bei weitem nicht die gesamte Klaviatur des Verbrechens. Autodiebstahl gehörte nicht zu seinen Fähigkeiten. Er hatte nach seiner Dissertation in Kunstgeschichte nur gelegentlich gejobbt und ab und zu eine Expertise zu dem ein oder anderen meist uninteressanten historischen Kunstwerk gefertigt. Dies reichte bei weitem nicht, seinen noch so bescheidenen Lebensunterhalt zu bestreiten. Irgendwann ließ er sich zu falschen Gutachten überreden. Von da an war es nur noch ein kleiner Schritt zum Kunstdiebstahl.
    Erst ließ es sich gut an. Er knüpfte bald Kontakt zu einem Zwischenhändler, einem ehemaligen Warlord des Balkankriegs, der die Rückgabe an die Versicherungen organisierte.
    Diese Beziehung hatte sich in den letzten beiden Jahren zum Bösen gewendet. War es der wachsende politische Druck, das enger werdende Netz der Fahnder, das sich um den Kriegsverbrecher und Chef einer skrupellosen Horde von serbischen Banditen spannte oder die immer zögerlicher werdende Taktik der Versicherungen? Bernard hatte seit zwei Jahren kein Geld mehr gesehen und war dennoch auf Gedeih und Verderb in den Händen seines eiskalten Hehlers.
    Die Polaroids waren unterwegs. Es würde noch ein paar Monate dauern, dann bekäme er hoffentlich seinen dringend benötigten Anteil, längst nicht soviel wie die Versicherung letztlich bereit war zu zahlen. Im Gegenzug brauchte er nur noch den Schlüssel zum Depot abzuliefern. Dabei würde er den direkten Kontakt mit den Serben, die er inzwischen wie die Polizei fürchtete, vermeiden.
    *
    Ein hagerer Mann in einem schlecht geschnittenen Anzug winkte sie vor

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