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Codex Mosel

Titel: Codex Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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nicht zum normalen Ton gefunden, aber es schwang kein Unheil mehr mit.
     
    Fünf Minuten später öffnete Doris die Tür zu ihrem Atelier. Waldes Kuss landete auf ihrer Wange, als sie den Mund abwendete. Annika zupfte an seinen Hosenbeinen: »Papa, Papa, Arm!«
    Er nahm sie hoch und drückte sie an sich. »Dann bekommst du die Küsse für die Mama gleich mit.«
    Sie schlang ihre Ärmchen um seinen Hals.
    Doris war an ihren von zwei lediglich mit Jacken bekleideten Schaufensterpuppen eingerahmten Schreibtisch zurückgekehrt. Die Tastatur klapperte. Annika versuchte, ihre Fingerchen in Waldes Mund zu stecken. Er tat so, als wolle er danach schnappen. Das Kind kreischte vor Freude.
    Aus dem Fenster sah er auf den Domfreihof. Die Absperrung vor dem Domeingang war weggeräumt worden. Besucher gingen ein und aus, vorbei an den beiden auf dem Pflaster neben dem Eingang sitzenden Bettlern. Hoch oben am Turm zeigte die Uhr über der goldenen Schrift NESCITIS QUA HORA DOMINUS VENIET, dass es schon nach sechs war.
    Ein Drucker surrte.
    »Hast du frei?«, fragte Doris.
    »Nicht daran zu denken, wir haben heute noch einen weiteren Toten gefunden. Aber ich habe das Gefühl, der Fall geht in die entscheidende Phase.«
    »Du siehst schlecht aus.«
    »Danke.« Walde sah zu, wie sich die Zeichnung einer Hose aus dem Drucker schob.
    »Wie war die Präsentation bei den Verkehrsbetrieben?«
    »Ganz gut, am Montag kriegen wir Bescheid. Die anderen sind alle schon ausgeflogen, ich erledige hier nur noch ein paar Kleinigkeiten. Hast du schon was gegessen?«
    Walde überlegte. Seit dem Frühstück war dafür keine Zeit gewesen. Das Kind ballte die Hand zur Faust und rieb sich die Augen.
    »Ich könnte drüben bei Uli ein Baguette holen, falls sie noch nicht ausverkauft sind. Möchtest du auch was?«
    »Nein, danke, ich bin gleich fertig. Annika ist müde.«
    Waldes Handy klingelte. Nichts schien ihm im Moment unpassender. Er hörte kurz zu, legte auf und sagte: »Sorry, ich muss leider wieder weg. Falls ich suspendiert werde, bin ich auch gleich zu Hause.«
    *
    Das Leder des Sofas fühlte sich kühl an. Als der Präsident zwei Whiskygläser zum Tisch brachte, warf Walde einen verstohlenen Blick auf Stiermanns Westernstiefel mit den winzigen silbernen Kappen an der Spitze.
    Aus der Miene des Präsidenten war seine Stimmung nicht zu ergründen.
    »Bevor ich es vergesse, Frau Wolff hat angerufen.« Stiermann sah Waldes fragenden Gesichtsausdruck und fügte hinzu: »Heike Wolff, vom BKA, sie wird morgen hier sein. Ist das für Sie ein Problem?«
    »Noch eine Köchin mehr, die im Brei rühren möchte«, seufzte Walde.
    »Ich finde, bei unserer Arbeit gilt eher das Sprichwort.Viele Hunde sind des Hasen Tod’.« Ein Lächeln huschte über Stiermanns Gesicht. Er prostete Walde zu.
    »Solange es organisiert abläuft, habe ich nichts dagegen, aber wir können nicht jeden selbsternannten Hilfssheriff …«
    »… ich vermute, Sie spielen auf unsere Besucher an, aber wir wollen nicht vergessen, welch große Hilfe sie geleistet haben, besonders Kay und Hanne haben sich da hervorgetan, und die Gastfreundschaft gebietet …«
    »… bei allem Respekt«, unterbrach ihn Walde, »aber die Gastfreundschaft haben wir schon ein wenig zu weit getrieben. In keinem Land der Welt würden sich die Kollegen derart ins Handwerk pfuschen lassen.«
    »Sie wissen, dass ich mich nie in die operative Arbeit einmische.« Sein Gegenüber nahm einen weiteren Schluck.
    Walde nickte und versuchte gleichzeitig, diese Aussage zu überhören. Stiermann hatte weder die Ausbildung noch den Verstand, sich konstruktiv in die Ermittlungen einmischen zu können.
    »Und Sie wissen, dass ich Ihre Arbeit sehr schätze«, fuhr der Präsident fort. »Aber wie Sie mit unseren ausländischen Gästen umgehen, das kann ich nicht dulden. Nicht nur, dass Sie Miss Scarpetta, die viel für uns getan hat, wissentlich falsch informieren …«
    »Wollen Sie der Witwe erklären, warum sie die kopflose Leiche ihres Mannes beerdigen muss?«
    »Aber das steht doch nicht zur Debatte.«
    »Doch, das tut es. Kay ist vielleicht begabt und hat viele Talente, aber sie ist keine Medizinerin.«
    »Dr. Scarpetta?«
    »Dr. Shoemaker«, verbesserte Walde. »Nach meinen Informationen hat sie amerikanische Literatur studiert und sich vermutlich bei ihrer Promotion ausgiebig bei einem deutschen Kollegen bedient.«
    Stiermann atmete tief durch und trank sein Glas leer.
    »Auch wenn Ihre ungeheuerliche Behauptung

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