Codex Regius - Indriðason, A: Codex Regius - Konungsbók
Professor.
»Und Sie interessieren sich für Bücher?«
»Ja«, erklärte der Professor.
»Und Sie suchen diesen von Orlepp?«
»So kann man es ausdrücken.«
»Wollen Sie Bücher kaufen?«
Der Professor blickte mich an.
»Möglicherweise«, sagte er.
Der alte Mann zögerte noch einen Moment, aber dann öffnete er die Wohnungstür weit und bat uns einzutreten. In der kleinen Wohnung sah man vor lauter Büchern kaum irgendwelche Wände, was mich an das Arbeitszimmer des Professors erinnerte. Der schwere Geruch von Büchern umfing uns. Sie standen in offenen und geschlossenen Schränken, sie lagen stapelweise auf dem Fußboden, auf dem Flur und in den beiden Zimmern. In einem davon schlief der Wohnungsinhaber. Auch an den Wänden in der Küche waren Bücher.
»Sie haben eine ganze Menge gerettet«, sagte der Professor und sah sich neugierig um.
»Ich habe einiges retten können«, sagte Henning Klotz.
»Eine ansehnliche Sammlung.«
»Aber nur ein Bruchteil dessen, was ich früher besaß, und keineswegs die wertvollsten Objekte«, sagte Klotz. »Es ist mir noch nicht gelungen, sie irgendwo unterzubringen. Eigentlich habe ich das Handeln mit Büchern ganz und gar drangegeben, aber für ein paar gute alte Kunden von früher stehe ich immer noch zur Verfügung, und zwar hier in der Wohnung. Einen anderen Ort für die Bücher habe ich nicht. Sagen Sie mir dann, wonach Sie suchen?«
Der Professor musste lächeln und sah in meine Richtung. »Nach einer alten Pergamenthandschrift.«
»Nein, so etwas ist nie durch meine Hände gegangen.«
»So etwas ist auch nur sehr selten auf dem Markt.«
»Ich habe nicht viel aus oder über Island«, sagte Henning Klotz und beäugte seine Bücherstapel. »Irgendwo besitze ich die isländischen Volksmärchen in der Leipziger Originalausgabe. Waren es nicht mehrere Bände?«
»Zwei«, sagte der Professor und nickte zustimmend.
»Und dann besitze ich noch etwas von Konrad Maurer. Er hat sich sehr mit Island beschäftigt. Außerdem habe ich die französische Ausgabe der Reise zum Mittelpunkt der Erde von Jules Verne in der dritten Auflage. Interessieren Sie sich vielleicht dafür?«
Der Professor schüttelte den Kopf.
»Aber Sie vielleicht?«, fragte Henning Klotz, indem er sich an mich wandte. »Sie sagen ja gar nichts.«
»Ich habe kein Interesse«, erklärte ich wahrheitsgemäß.
»Ich habe auch Bücher von diesem Jesuitenpater, und zwar Originalausgaben. Interessieren Sie sich dafür? Jon Svensson? Und ich bin mir sicher, dass ich auch etwas von diesem Gunnarsson besitze, ein hervorragender Schriftsteller. Ist das etwas, was …?«
»Alles hochinteressant«, sagte der Professor höflich. »Können Sie uns vielleicht sagen, mit welchen antiquarischenBuchhandlungen Erich von Orlepp hier in Charlottenburg Geschäfte gemacht haben könnte?«
Herr Klotz sah uns wieder abwechselnd an. Die störrische Miene des Professors entging ihm nicht. Ohne Gegenleistung würde er keine Geschäfte mit uns machen. Der alte Antiquar zwischen seinen Bücherstapeln tat, als würde er nachdenken.
»Was verlangen Sie für diese Nonni-Bücher?«, fragte der Professor. Ich spürte, dass er mit seiner Geduld am Ende war.
Der alte Mann lebte auf.
»Sie sind in sehr gutem Zustand«, sagte er, ging einige der Bücherstapel durch und kam zurück mit dem ersten Buch von Jón Sveinsson, Nonni , erschienen 1913 bei Herder. Der Buchhändler hatte Recht, das Exemplar war in gutem Zustand.
»Was wollen Sie dafür haben?«, fragte der Professor.
Henning Klotz nannte eine Zahl, die der Professor absurd fand, und sie begannen zu feilschen. Der Professor wies auf braune Flecken auf der Titelseite hin, die nach Kaffeeflecken aussahen, der Antiquar dagegen lobte den Einband und sagte, die erste Auflage von Nonni sei überaus selten. Nach einiger Zeit einigten sie sich. Der alte Mann hatte vor lauter Feilschen rote Backen bekommen und wollte uns unbedingt einen Schnaps anbieten, um den Kauf zu besiegeln. Er verschwand in der Küche und kam mit einer Flasche und drei schmierigen Schnapsgläsern zurück, und wir stießen auf den Kauf an.
»Ex«, sagte der Professor.
Noch nie in meinem Leben hatte ich etwas Fürchterlicheres getrunken als diesen Schnaps. Ich würgte, bekam einen nicht enden wollenden Hustenanfall, und meine Augen füllten sich mit Tränen. Die beiden sahen mich sehr verwundert an.
»Wahrscheinlich ist es das Beste, wenn Sie mit Katharina Berg sprechen«, sagte der alte Mann. »Ihr Vater
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