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Codex Regius - Indriðason, A: Codex Regius - Konungsbók

Codex Regius - Indriðason, A: Codex Regius - Konungsbók

Titel: Codex Regius - Indriðason, A: Codex Regius - Konungsbók Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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Professor.
    Immer noch blickte Frau Berg ihn schweigend und aufmerksam an.
    »Ich hätte gern gewusst, ob Ihr Vater möglicherweise zu dieser Zeit geschäftlich mit ihm zu tun hatte – oder vielleicht auch schon vorher. Später kann es wohl kaum gewesen sein, denn die Familie Orlepp ist nach dem Krieg geflohen und lebt in Südamerika.«
    »Ist er tot?«, fragte Frau Berg.
    »Da bin ich mir nicht sicher«, sagte der Professor.
    »Den Namen von Orlepp habe ich lange nicht mehr gehört«, sagte Frau Berg.
    »Sie haben ihn also gekannt?«, fragte der Professor.
    Frau Berg antwortete nicht auf diese Frage, sondern sagte stattdessen: »Ich dachte, dass es sich um geschäftliche Dinge handelt und nicht um die Vergangenheit. Sie haben sich hoffentlich nicht unter Vortäuschung falscher Tatsachen hier eingeschlichen.«
    »Es war nicht meine Absicht, Ihnen zu nahe zu treten«, sagte der Professor. »Ich habe hier die Erstausgabe des ersten Nonni-Romans von unserem geschätzten Schriftsteller und Jesuitenpater Jón Sveinsson«, sagte er und zog das Buch aus der Manteltasche, das er bei Henning Klotz erstanden hatte.
    »Die Bücher über Nonni und Manni kenne ich gut«, sagte Frau Berg. »Ich habe sie in meiner Jugend gelesen.«
    »Ich möchte es Ihnen gern zum Geschenk machen«, sagte der Professor und hielt ihr das Buch hin.
    Sie sah erst den Professor unschlüssig an, dann mich, und schließlich blickte sie auf das Buch und nahm es zur Hand. »Das ist sehr liebenswürdig von Ihnen«, sagte sie und fasste das Buch so vorsichtig an, als handele es sich um eine Kostbarkeit. »Genau wie ich mich zu erinnern glaubte«, sagte sie, als sie die Titelseite aufschlug. »Gedruckt bei Herder.« »Er hat Island sehr schön beschrieben«, sagte der Professor. »Mit seinen Büchern hat er mein Interesse für dieses ferne Land zu wecken vermocht. Ich danke Ihnen sehr, aber ich kann dieses Geschenk nicht annehmen.«
    Sie gab ihm das Buch zurück.
    »Das ist sehr bedauerlich«, erklärte der Professor.
    »Ich verstehe nicht, weshalb Sie, ein Mann, den ich überhaupt nicht kenne, mir dieses schöne Buch zum Geschenk machen wollen«, sagte Frau Berg.
    Der Professor sah mich hilfesuchend an.
    »Wer sind Sie?«, fragte Frau Berg, »Und was wollen Sie von mir?«
    »Wir sind auf der Suche nach einem Buch, einem unerhört wichtigen und bedeutenden Buch für uns Isländer. Es könnte gut sein, dass es gegen Ende des Kriegs von Kopenhagen nach Berlin gebracht wurde, und in dem Zusammenhang könnte es auch zu einer geschäftlichen Transaktion gekommen sein. Wir wissen, dass von Orlepp es damals in seinem Besitz hatte, und gehen davon aus, dass er versucht hat, es zu veräußern, um zu Geld zu kommen. Er befand sich in einer äußerst brenzligen Lage, er war auf der Flucht und hatte kaum genügend Handlungsspielraum, um den richtigen Käufer zu finden oder lange über den Preis zu verhandeln. Wahrscheinlich war er gezwungen, das zu nehmen, was ihm für das Buch geboten wurde, vielleicht sogar nur einen Unterschlupf für ein paar Tage. Wir wissen, dass er von den Russen gefangen genommen und den Amerikanern übergeben wurde. Als die Russen ihn schnappten, befand er sich in den Trümmern eines Antiquariats hier in Charlottenburg.«
    Der Professor machte eine kleine Pause.
    »Vielleicht in Ihrem Geschäft oder besser gesagt in dem Ihres Vaters«, fügte er dann hinzu.
    Frau Berg blickte wieder von einem zum anderen.
    »Ich kann nur hoffen, dass Sie Stillschweigen darüber bewahren«, sagte der Professor. »Das, was ich Ihnen sage, ist äußerst vertraulich«, fügte er hinzu.
    »Sie waren wie die wilden Tiere«, sagte die Frau so leise, dass sie kaum zu verstehen war. »Sie sind über uns hergefallen wie die Tiere.«
    Sie senkte die Augen und sah auf den Boden. Der Professor und ich trauten uns nicht, eine Bewegung zu machen. Sie griff nach ihrer Krücke, als wollte sie aufstehen, aber sie blieb sitzen und ließ ihre Hand auf der Krücke ruhen. Es war, als ob wir gar nicht mehr in ihrem Salon anwesend wären, sie schien ganz allein mit ihren Erinnerungenzu sein. Es verging geraume Zeit, bevor sie wieder etwas sagte.
    »Was ist das für ein Buch, nach dem Sie suchen?«, fragte sie.
    Der Professor räusperte sich. »Es geht um die mittelalterliche Handschrift des Codex Regius , die Edda«, sagte er. »Niedergeschrieben in Island im dreizehnten Jahrhundert. Darin sind uralte Lieder über die nordischen Götter und Helden enthalten, unter anderem über Sigurd

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