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Codex Regius - Indriðason, A: Codex Regius - Konungsbók

Codex Regius - Indriðason, A: Codex Regius - Konungsbók

Titel: Codex Regius - Indriðason, A: Codex Regius - Konungsbók Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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den Drachentöter. Die Bedeutung dieser Handschrift im Hinblick auf die Vorzeit und die Kultur vor der Christianisierung des Nordens ist nicht mit Worten zu beschreiben. Könnte es sein, dass Sie nach dem Krieg auf diese Handschrift gestoßen sind?«
    »An dieses Buch erinnere ich mich nicht«, sagte Frau Berg. »Ich bedaure. Ich glaube nicht, dass es durch meine Hände gegangen ist. Ich kann mich nicht daran erinnern.«
    Die Schultern des Professors senkten sich.
    »Soweit wir in Erfahrung bringen konnten, hatten Sie geschäftliche Beziehungen zu Erich von Orlepp, aber das war dann wohl ein Missverständnis.«
    »Die hatte nicht ich, sondern mein Vater«, sagte Frau Berg. »Er kannte diesen Mann gut, und sie pflegten über viele Jahre hinweg geschäftliche Beziehungen.«
    Die Brauen des Professors hoben sich. »Tatsächlich? Ihr Vater ist aber nicht mehr am Leben, hörte ich.«
    »Doch«, sagte Frau Berg. »Aber er ist alt und schwer krank und empfängt keine Besucher mehr.«
    »Ich verstehe«, sagte der Professor. »Aber wäre es vielleicht trotzdem denkbar, dass ich ihm diese eine Frage stelle, nach dem Codex Regius und Erich von Orlepp?«
    »Unter gar keinen Umständen«, erklärte Frau Berg. »Mein Vater hat nicht mehr lange zu leben. Ich lasse nicht zu, dass er in diesem Zustand mit irgendetwas behelligt wird.«
    »Wissen Sie etwas darüber, ob die beiden nach dem Krieg noch geschäftlich miteinander zu tun hatten?«
    »Unsere Bestände fielen fast ganz dem Krieg zum Opfer. Die Stadt wurde vollständig ausgebombt, und unser Haus ging in Rauch und Flammen auf. Unter größten Anstrengungen gelang es uns, einige der wertvollsten Bücher zu retten, aber ich kann mich nicht erinnern, dass dieser Codex darunter war. Falls mein Vater ihn diesem von Orlepp abgekauft hat, hätte er sich in unserem Bestand befinden müssen. Allerdings war ich zu dieser Zeit nicht über alle Geschäfte meines Vaters informiert, weil …«
    Frau Berg verstummte und holte tief Atem.
    »… weil alles bei Kriegsende drunter und drüber ging. Kapitulation, Niederlage, Einmarsch der Alliierten und der Russen.«
    »Würden Sie ihm vielleicht diese Frage für uns stellen?«, bat der Professor. »Wohnt Ihr Vater noch hier bei Ihnen, oder ist er im Krankenhaus?«
    »Ich glaube, es reicht jetzt«, erklärte Frau Berg. Sie schob sich auf die Sesselkante vor, stützte sich auf die Krücke und stand auf.
    Das war ein deutliches Zeichen, dass wir gehen sollten. Sie streckte ihre Hand aus, um sich von uns zu verabschieden. Dem Professor sah man seine Enttäuschung an. Er hatte sich die größte Mühe gegeben, zuvorkommend zu der Frau zu sein, und ihr zudem die Nonni -Erstausgabe zum Geschenk machen wollen. Das war offenbar eine spontane Aktion von ihm gewesen, aber diesbezüglich konnte man sich bei dem Professor nie sicher sein.
    »Entschuldigen Sie bitte die Störung«, sagte er mit der Andeutung eines Lächelns. »Richten Sie Ihrem Vater bitte unsere Grüße aus. Wir werden Sie nicht mehr belästigen.«
    Vielleicht war es dieser elegante Rückzug des Professors, der sie dazu brachte, sich unser Anliegen noch einmal zu überlegen. Gerade als wir im Begriff waren, die Wohnung auf demselben Wege zu verlassen, auf dem wir gekommen waren, bat sie uns, noch einen Augenblick zu warten.
    »Ich werde meinen Vater fragen«, sagte sie. »Warten Sie hier.«
    Sie humpelte zu einer Tür am anderen Ende des Salons und verschwand. Der Professor und ich blieben an der Tür stehen und warteten. Wir waren beide zutiefst verwundert darüber, dass die Frau ganz plötzlich ihre Meinung geändert hatte.
    »Was passiert hier eigentlich?«, fragte ich und traute mich nur zu flüstern.
    »Ich wusste, dass ich mich auf Nonni verlassen kann«, sagte der Professor.
    »Was meinst du damit?«, fragte ich. »Nonni?«
    »Nun starr mich nicht so an. Schweig, und sei brav.«
    Und dann warteten wir auf Katharina Berg. Nach geraumer Zeit hörten wir Geräusche draußen auf dem Flur, und sie kehrte in den Salon zurück. Wir standen an der Tür.
    »Sie sagten, dass die Handschrift Codex Regius hieß?«, fragte sie und sah den Professor an.
    »Ja, das ist richtig.«
    »Er möchte Sie sprechen.«
    »Wirklich?«, sagte der Professor und konnte seine Freude nicht verhehlen.
    »Bitte folgen Sie mir«, sagte Frau Berg.
    Wir folgten ihr durch einen Flur in ein kleines, verdunkeltes Zimmer mit Kerzen auf dem Nachttisch, wo Victor Berg auf dem Sterbebett lag. Nur das graue Haar und das

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