Coe, David B. - Die Chroniken von Amarid 01 - Der Fluch des Magiers
nickte Jaryd noch einmal zu und ging dann auf einen Laden zu. »Ein guter Mann«, sagte Baden, während er dem Magier hinterherschaute. »Nur wenige würden es zugeben, aber viele von uns sind in den Orden eingetreten, um Einfluss und Prestige zu gewinnen. Beinahe alle hoffen, den Rang eines Eulenmeisters zu erreichen, und ich habe einige verbittern sehen, als es ihnen nicht gelang. Aber nicht Radomil. Das ist seine dritte Bindung an einen Falken, und er dient dem Land immer noch ebenso begeistert und hingebungsvoll wie nach seiner ersten Bindung.« Er schaute Jaryd an. »Er wollte dich schon letztes Jahr mit zur Versammlung bringen, um mit deiner Ausbildung zu beginnen, aber ich habe ihm von dem Handel erzählt, den ich mit deinem Vater abgeschlossen hatte.«
Jaryd schaute dem Falkenmagier nach. »Ich denke, er wäre sicher ein guter Lehrer gewesen.«
Baden nickte.
»Welchem Teil von Tobyn-Ser dienst du eigentlich?«, fragte Jaryd, als sie weiter durch das alte Dorf gingen. »Ich glaube, das hast du noch gar nicht erwähnt.«
»Das liegt daran, dass ich nicht einer bestimmten Region diene. Es gibt zwei Arten von Magiern: Wir nennen sie Nister und Wanderer. Nister wie Radomil dienen einem bestimmten Teil des Landes, Wanderer wie ich streifen durch Tobyn-Ser und bieten unsere Dienste an, wo sie gebraucht werden.«
Jaryd dachte einen Augenblick lang nach. »Ist das eine Entscheidung, die die Magier selbst treffen?«
»Ja«, antwortete Baden, »und es ist oft eine schwere Entscheidung.«
Etwas in der Haltung des Eulenmeisters sagte Jaryd, dass seine eigene Entscheidung besonders schwierig gewesen war. Der junge Mann dachte daran weiterzufragen, aber dann überlegte er es sich anders.
»Wir sollten lieber eine Unterkunft für die nächsten paar Nächte finden«, fuhr der Eulenmeister fort und wechselte damit selbst das Thema. »Es gibt hier einen Gastwirt, der normalerweise ein Zimmer für mich freihält, aber er wird es an jemand anderen vermieten, wenn ich ihn zu lange warten lasse, und ich brauche normalerweise auch kein Zimmer mit zwei Betten.«
Sie beschleunigten ihre Schritte ein wenig und erreichten bald den Rand des älteren Teils der Stadt und kamen auf eine breite, gepflasterte Straße, die auf beiden Seiten von Häusern und Läden aus dem makellosen weißen Stein und dem grauen Schiefer gesäumt war, die sie vom Bergpfad aus gesehen hatten. Und am Ende dieser Straße, nur ein paar hundert Schritte entfernt, erhoben sich die Türme und die riesige Kuppel der Großen Halle mit ihren spektakulären Kristallstatuen. Jaryd blieb stehen und staunte abermals. Dennoch, als er dort im Schatten der Halle stand, begann er auch, ein gewisses Unbehagen über das zu spüren, was er dort vor sich hatte - vage, nicht zu benennen, aber eindeutig spürbar. Als er die Halle aus der Nähe sah, bemerkte er auch, dass die blauen Kacheln der Kuppel jeweils einen kleinen goldenen Kreis hatten, in etwa von der Größe einer großen Münze.
»Was ist das da auf der Kuppel?«, fragte Jaryd. »Ah!«, rief Baden. »Das ist mein Lieblingsteil der Großen Halle. Das sind kleine Gedenkplaketten, die an die Aufnahme eines jeden Magiers in den Orden erinnern sollen. Inmitten einer jeden befinden sich die Insignien des Ordens, die für die drei Elemente der Magie stehen - Magier, Vogel und Ceryll -, und am Rand sind der Name des Magiers und der seines ersten Vogels eingraviert.«
»Hast du auch eine Plakette da oben?«
»Selbstverständlich. Wie ich schon sagte, es gibt eine für jeden Magier, der Tobyn-Ser seit der Gründung des Ordens gedient hat.«
Jaryd warf dem Eulenmeister einen scharfen Blick zu. »Für jedes Mitglied?«, fragte er spitz.
Badens Miene wurde nüchterner, als er die Bedeutung der Frage seines Schülers begriff. »Nein«, gab er zu, »nicht für jedes Mitglied. Einer fehlt.«
Und da war es wieder, dieses nagende Unbehagen, das sich offenbar schon vor langer Zeit in Jaryds Hinterkopf niedergelassen hatte - und auch in Badens, wie Jaryd deutlich an der finsteren Miene des Eulenmeisters erkennen konnte.
Selbstverständlich würde Therons Name nicht unter denen sein, die mit diesen goldenen Plaketten geehrt wurden. Nicht nach seinem Verbrechen und der Schande. Nicht nach dem Fluch. Als er nun hier in dieser großartigen Stadt stand, die nach dem Ersten Magier benannt war, im Schatten des kristallenen Abbilds, das man geschaffen hatte, um seine Taten zu ehren, begann Jaryd zu begreifen, wie gewaltig die Tragödie
Weitere Kostenlose Bücher