Coelho,Paul
wissen,
in welche Richtung sie gegangen waren. Künftig mussten sie den Werkzeugen ihrer
Schutzengel die Arbeit erleichtern.
Sie suchten nach den
>Walküren<. Nicht dort, am Ende der Welt - denn nichts und niemand konnte
lange in den bad-lands überleben.
Sie waren jetzt nur wegen einer Übung hier. Für Chris.
Aber die >Walküren< waren
irgendwo in der Nähe, dafür gab es Anhaltspunkte. Sie hinterließen Spuren. Sie
lebten in der Wüste, sie blieben nie an einem Ort, aber sie hinterließen
Spuren.
Paulo und Chris hatten einige
Hinweise sammeln können. Anfangs waren sie von einem Ort zum anderen gefahren
und hatten nach den >Walküren< gefragt, aber niemand hatte je von ihnen
gehört. In dem Ort, den Took ihnen auf der Karte
gezeigt hatte, waren sie offenbar längst nicht mehr. Dann, plötzlich, hatten
sie eines Tages in einem Cafe einen jungen Mann getroffen, der sich daran erinnerte,
etwas über sie gelesen zu haben. Und er hatte ihnen ihre Kleidung und die
Spuren beschrieben, die sie hinterließen.
Paulo und Chris fragten seither
nach Frauen, die solche Kleidung trugen. Und immer machten die Befragten verächtliche
Gesichter und sagten, diese Frauen seien vor einem Monat, vor einer Woche, vor
drei Tagen bereits durchgezogen.
Nun waren Paulo und Chris nur noch
eine Tagesreise von dem Ort entfernt, an dem sich >die Walküren<
möglicherweise aufhielten.
Die Sonne näherte sich bereits dem
Horizont - sonst hätten sie sich nicht in die Wüste gewagt. Die Wände aus Erde
warfen schon Schatten. Der Ort war perfekt. Chris hatte es satt, wieder und
wieder dieselbe Übung zu machen. Aber es blieb ihr nichts anderes übrig. Denn
sie hatte bisher keine großen Fortschritte gemacht.
»Setz dich hierhin! Mit dem Rücken
nach Süden!«
Sie tat, was Paulo sagte. Und
begann, sich plötzlich unwillkürlich zu entspannen. Sie saß im Schneidersitz,
hielt die Augen geschlossen - aber sie konnte die ganze Wüste um sich herum
wahrnehmen. Ihre Seele war in den vergangenen Tagen gewachsen, sie wusste nun,
dass die Welt sehr viel mehr enthielt, als sie noch vor zwei Wochen geahnt
hatte.
»Konzentriere dich auf dein
>zweites Bewusstsein Chris spürte eine gewisse
Gehemmtheit in seiner Stimme. Er konnte sich ihr gegenüber nicht so wie bei
seinen Schülern verhalten - schließlich kannte sie seine Fehler und Schwächen.
Aber Paulo gab sich große Mühe, wie ein Meister zu handeln, und sie bewunderte
ihn dafür.
Sie konzentrierte sich auf ihr
>zweites Bewusstsein<. Sie ließ die Gedanken frei schweifen - und wie
immer waren es absurde Gedanken für jemanden, der sich mitten in der Wüste
aufhielt. Seit drei Tagen bemerkte sie, wenn sie mit der Übung begonnen hatte,
dass sich ihr Denken unwillkürlich um die Frage drehte, wen sie in drei Wochen
zu ihrem Geburtstag einladen sollte.
Paulo hatte sie gebeten, das nicht
zu bewerten. Sie solle einfach ihre Gedanken frei fließen lassen.
»Wir fangen noch einmal von vorn
an«, sagte er.
»Ich denke bloß noch an meine
Party!«
»Kämpfe nicht gegen deine Gedanken
an, sie sind stärker als du«, sagte Paulo zum tausendsten Mal. »Wenn du dich
von ihnen befreien willst, akzeptiere sie! Denk, was dein >zweites
Bewusstsein< dir aufgibt zu denken, irgendwann ist es erschöpft.«
Sie stellte in Gedanken eine
Gästeliste auf. Strich einige Personen und setzte andere darauf. Das war der
erste Schritt: dem >zweiten Bewusstsein<. Aufmerksamkeit zu schenken, bis
es müde wurde.
Die Geburtstagsparty verschwand
diesmal schon schneller aus ihrem Kopf. Dennoch stellte Chris immer wieder die
Gästeliste auf. Es war unglaublich, wie diese Lappalie sie tagelang derart in
Beschlag nehmen und stundenlang beschäftigen konnte, während sie doch an so
viel interessantere Dinge hätte denken können.
»Denk darüber nach, bis du müde
bist. Wenn du dann müde bist, öffne den Kanal.«
Paulo entfernte sich ein paar
Schritte von seiner Frau und setzte sich, an die steile Felswand gelehnt, auf
den Boden. Took war schon ein schlauer Kerl. Zwar
hatte er das Gebot, den Schüler eines anderen Meisters nichts zu lehren, strikt
eingehalten, Paulo aber durch Chris die Hinweise gegeben, die er brauchte.
Der vierte Weg, mit der
unsichtbaren Welt zu kommunizieren, war das Channeling .
Channeling ! Wie oft
hatte er bei Staus Leute in den Wagen sitzen sehen, die Selbstgespräche
führten, ohne zu merken, dass sie dabei waren, eine der raffiniertesten Methoden der Magie anzuwenden! Anders
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