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Coelho,Paul

Coelho,Paul

Titel: Coelho,Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schutzengel
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Tages vorbeikommen. Der junge Mann
würde sich aus seiner Erstarrung lösen, Eier und Speck vergessen und
hinausschauen, versuchen, etwas zu erkennen, weil er sich wünschte, Teil einer
Welt zu sein, die sich bewegte, einer Welt, die an der Snack-Bar
vorbeirauschte. Er konnte nur aus der Ferne die Welt vorbeirauschen sehen, das
war alles. Wahrscheinlich träumte er nicht einmal mehr davon, alles stehen-
und liegenzulassen und per Anhalter mit einem dieser
Laster wegzufahren. Er war süchtig nach Stille und Leere.
    Das Geräusch schwoll an, klang
aber nicht so wie der Motor eines Lastwagens. So etwas wie Hoffnung keimte in
Paulo auf, nur ein wenig, und er versuchte, ihr keine Beachtung zu schenken.
    Das Geräusch wurde zu Lärm. Chris
wandte den Kopf, um zu sehen, was draußen los war.
    Paulo starrte in seinen Kaffee.
Chris sollte seine Anspannung nicht merken.
    Der Lärm ließ die Scheiben der
Snack-Bar erzittern. Der junge Mann sah ungerührt vor sich hin - er kannte
diesen Lärm und mochte ihn nicht.
    Aber Chris schaute fasziniert
hinaus. Funkeln erfüllte den Horizont, Licht glitzerte auf Metall - und ihr war
so, als würde der Lärm das Gras, den Asphalt, die Decke, die Snack-Bar, die
Fensterscheiben durchrütteln.
    Donnernd galoppierten rund ein
Dutzend Pferde auf die Tankstelle zu, und die gerade Straße, die ebene Wüste,
das niedrige Gras, der junge Chinese, die beiden Brasilianer, die einen Engel
suchten, alle schauten ihnen gebannt entgegen.
     
    D ie schönen
Pferde drehten gefährlich nahe beieinander eine Runde nach der anderen um die
Tankstelle herum. Peitschen knallten, behandschuhte Hände führten geschickt
die Zügel. Als gälte es, die ganze Wüste zu wecken und mit Lebensfreude
anzustecken, stießen die Reiterinnen gellende Schreie aus wie Cowboys, die ihr
Vieh vor sich hertrieben. Paulo hatte hochgeblickt und schaute fasziniert zu,
aber er hatte Angst. Womöglich geschah das alles nur, um den jungen Chinesen
aufzurütteln und ihn daran zu erinnern, dass es mehr gab als nur diese öde
Tankstelle und die Snack-Bar, in der fast nichts los war.
    Unvermittelt, wie auf ein
unsichtbares Zeichen hin, blieben die Pferde stehen.
    Die Walküren stiegen ab, klopften
den Staub von ihrer Lederkluft, nahmen die bunten Tücher ab, die sie zum Schutz
über Mund und Nase gebunden hatten, und banden sie sich um den Hals. Dann
betraten sie die Snack-Bar. Acht Frauen.
    Sie bestellten nichts. Der Chinese
schien auch so zu wissen, was sie wollten - er legte bereits Speck, Toast und
Eier auf das heiße Blech. Trotz der plötzlichen Unruhe arbeitete er weiter wie
eine gehorsame Maschine.
    »Warum ist das Radio aus?«, fragte
eine der Reiterinnen.
    Sofort stellte der Chinese das
Radio an.
    »Stell es lauter!«, forderte eine
andere Frau.
    Wie ferngesteuert drehte der
Chinese das Radio auf volle Lautstärke. Die einsame Tankstelle hatte sich
unvermittelt in eine New Yorker Disco verwandelt. Ein paar Frauen klatschten im
Rhythmus mit, andere versuchten, sich in dem Lärm schreiend zu unterhalten.
    Chris, die alles gebannt
beobachtete, entdeckte plötzlich, dass eine der Reiterinnen vollkommen still
dasaß - sie hatte lange rote Locken und war offensichtlich die Älteste. Sie
nahm nicht an der Unterhaltung teil und zeigte auch kein Interesse an dem
Frühstück, das gerade zubereitet wurde.
    Stattdessen starrte sie unverwandt
zu Paulo hinüber. Und Paulo, der das Kinn in die rechte Hand gestützt hatte,
erwiderte ihren Blick.
    Chris versetzte es einen Stich ins
Herz. Etwas Seltsames, sehr Seltsames spielte sich da ab - wieso, konnte sie
sich nicht erklären. Vielleicht hatte die Tatsache, dass sie in den vergangenen
Tagen zum Horizont geschaut oder ständig das Channeling geübt hatte, dazu geführt, dass sie die Dinge rings um sie herum anders
wahrnahm. Sie hatte Vorahnungen gehabt. Jetzt wurden sie wahr.
    Sie tat so, als bemerke sie nicht,
dass die beiden einander ansahen. Aber ihr Herz schickte ihr eigenartige
Signale - und sie wusste nicht, ob es gute oder schlechte waren.
    > Took hatte recht<, dachte Paulo. >Er sagte, es sei ganz einfach, Kontakt zu
ihnen aufzunehmen.<
    Allmählich bemerkten die anderen
Frauen, was sich abspielte. Sie folgten dem Blick der Frau mit den roten
Locken zu dem Tisch, an dem Paulo und Chris saßen. Ihre Unterhaltung
verstummte, und sie bewegten sich auch nicht mehr im Takt der Musik.
    »Mach das Radio aus!«, befahl die
Frau mit den roten Locken dem Chinesen.
    Er gehorchte. Jetzt war

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