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Coelho,Paul

Coelho,Paul

Titel: Coelho,Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schutzengel
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das
einzige Geräusch das Brutzeln des Specks auf dem Blech.
    Die Rothaarige stand auf und ging
quer durch den Raum bis zu dem Tisch, an dem Chris und Paulo saßen. Dort blieb
sie stehen. Die anderen beobachteten weiterhin die Szene.
    »Woher hast du diesen Ring?«,
fragte sie Paulo unvermittelt.
    »Aus demselben Laden, in dem du
deine Anstecknadel gekauft hast«, antwortete er.
    Erst da sah Chris die
Metallbrosche an der Lederjacke der Frau. Darauf war das gleiche Symbol wie auf
dem Ring, den Paulo am linken Ringfinger trug.
    >Ach, deshalb hatte er seine
Hand unterm Kinn!<
    Sie hatte bereits viele Ringe der
Mondtradition gesehen - in allen Farben, aus allen erdenklichen Materialien und
in allen Größen - immer in Form einer Schlange, dem Symbol für Weisheit.
    Aber so einen Ring, wie ihr Mann
ihn am Finger trug, hatte sie außer bei ihm noch nie gesehen. J. hatte ihn ihm
1982, als sie zu dritt in Norwegen gewesen waren, mit den Worten gegeben, dass
er so »die Mondtradition vollendete, einen von der Angst unterbrochenen
Zyklus«.
    Und jetzt, mitten in der Wüste -
eine Frau mit der Anstecknadel. Dasselbe Design.
    >Frauen achten immer auf
Schmuckstücke.<
    »Was willst du?«, fragte die
Rothaarige.
    Paulo stand auf. Er und die
Rothaarige standen einander jetzt gegenüber und sahen einander an. Chris' Herz
zog sich noch mehr zusammen - nicht aus Eifersucht, da war sie sich sicher.
    »Was willst du?«, fragte die
Rothaarige noch einmal.
    »Mit meinem Engel sprechen. Und
noch etwas anderes.«
    Die Frau nahm Paulos Hand. Fuhr
mit den Fingern über den Ring, und zum ersten Mal hatte diese Frau etwas Weibliches.
    »Wenn du den Ring im selben Laden
gekauft hast wie ich, dann wirst du wissen, wie man das macht«, sagte sie, während
sie auf die Schlangen starrte. »Wenn nicht, dann verkauf ihn mir! Es ist ein
schönes Schmuckstück.«
    Das war kein Schmuckstück. Es war
nur ein einfach gearbeiteter silberner Ring mit zwei ineinander verschlungenen
Schlangen. Jede der Schlangen hatte zwei Köpfe.
    Paulo antwortete nicht.
    »Du kannst nicht mit den Engeln
sprechen, wenn dieser Ring dir nicht gehört«, sagte die Frau nach einer Weile.
»Ich weiß. Channeling .«
    »Genau«, entgegnete die Frau.
»Sonst nichts.«
    »Ich sagte, ich wolle noch etwas
anderes.«
    »Was denn?«
    » Took hat seinen Engel gesehen. Ich will meinen sehen. Mit ihm reden, von Angesicht
zu Angesicht.«
    » Took ?«
    Der Blick der Rothaarigen ging in
die Vergangenheit, versuchte, sich zu erinnern, wer Took war, wo er lebte.
    »Ja, jetzt erinnere ich mich«,
sagte sie. »Er lebt in der Wüste. Eben gerade, weil er seinen Engel gesehen
hat.«
    »Nein. Er lernt, um ein Meister zu
werden.«
    »Diese Vorstellung, einen Engel sehen zu müssen,
ist nichts als ein Märchen. Es reicht, mit ihm zu sprechen.«
    Paulo machte einen Schritt auf die
Walküre zu.
    Chris kannte diesen Trick ihres
Mannes: Er hieß >Destabilisierung<. Normalerweise sprechen Menschen
miteinander, indem sie eine Armlänge Abstand voneinander halten. Wenn einer dem
anderen zu nahe kommt, wird das Denken des anderen durcheinander gebracht,
ohne dass er weiß, wieso.
    »Ich will meinen Engel sehen!«
Paulo stand nun direkt vor der Frau und starrte sie an.
    »Wozu?« Die Walküre schien
eingeschüchtert zu sein. Der Trick funktionierte.
    »Weil ich verzweifelt bin und
Hilfe brauche. Ich habe Dinge erreicht, die wichtig für mich waren, und ich
werde sie zerstören, weil ich mir sage, dass sie ihren Sinn verloren haben. Ich
weiß, dass es nicht stimmt, ich weiß, dass sie weiterhin wichtig sind und dass
ich, wenn ich sie zerstöre, mich selber zerstöre.«
    Er sprach im gleichen
unbeteiligten Tonfall weiter.
    »Als ich herausgefunden habe, dass Channeling reicht, um mit meinem Engel zu sprechen,
habe ich das Interesse daran verloren. Es war keine Herausforderung mehr, bloß
noch etwas, das ich bereits gut kannte. Und da merkte ich, dass mein Weg in der
Magie kurz vor seinem Ende steht. Das Unbekannte wurde mir allmählich zu
vertraut.«
    Chris war verblüfft über dieses
Geständnis, das Paulo da vor wildfremden Menschen abgab.
    »Um diesen Weg weiterzugehen,
brauche ich etwas Größeres«, schloss er. »Ich brauche immer höhere Berge.«
    Die Frau schwieg, überrascht von
den Worten des Fremden.
    »Wenn ich dir beibringe, einen
Engel zu sehen, wird dein Wunsch, immer höhere Berge zu suchen, vielleicht
vergehen«, sagte sie schließlich. »Aber das ist nicht immer gut.«
    »Nein, dieser Wunsch

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