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Coelho,Paul

Coelho,Paul

Titel: Coelho,Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schutzengel
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schon gut«, sagte sie.
    Vahalla zögerte
einen Augenblick, sagte dann aber nichts. Stattdessen ging sie zur Wand des
Canyons und begann hinaufzuklettern. Als sie oben bei den drei Walküren
angelangt war, machte sie den anderen ein Zeichen, ihr zu folgen.
    Chris, Rötha und Paulo kletterten
nun auch schweigend die Wand hinauf. Es war nicht besonders schwierig, weil es
im Fels viele Spalten gab, an denen man sich festhalten konnte. Oben
angekommen, sahen sie auf eine weite Ebene voller tiefer Einschnitte.
    Vahalla bat die
junge Frau und Paulo, sich so nah voreinander hinzustellen, dass sie sich
berührten.
    »Habe ich dir weh getan?«, fragte
er Rötha. Er war über sich entsetzt.
    Rötha schüttelte den Kopf. Sie
schämte sich - sie würde nie werden wie eine der anderen Frauen, die sie
umgaben. Sie war schwach.
    Vahalla nahm die
Halstücher zweier Walküren, verknüpfte sie und legte sie um die Taille des
Mannes und der jungen Frau und band beide zusammen. Von ihrem Platz aus konnte
Chris sehen, wie der Mond einen Lichthof um beide bildete. Es hätte ein
wunderschöner Anblick sein können - wäre nicht dort unten so viel passiert.
    »Ich bin unwürdig, meinen Engel zu
sehen«, sagte Rötha. »Ich bin schwach, mein Herz ist voller Scham.«
    »Ich bin unwürdig, meinen Engel zu
sehen«, sagte Paulo, so dass alle es hörten. »Ich habe Hass in meinem Herzen.«
    »Mein Herz hat mehrere Frauen
geliebt. Und die Liebe der Männer abgewiesen«, sagte Rötha.
    »Ich habe jahrelang den Hass in
mir genährt und erst lange danach, als alles nicht mehr wichtig war, Rache genommen«,
fuhr Paulo fort. »Meine Freunde haben mir immer verziehen, doch ich habe nie
gelernt, ihnen zu verzeihen.«
    Vahalla wandte
sich dem Mond zu.
    »Wir sind hier, Erzengel! Der
Wille des Herrn geschehe. Unser Erbe sind der Hass und die Angst, die
Erniedrigung und die Scham. Dein Wille geschehe, Herr!
    Warum reichte es nicht, die
Pforten des Paradieses zu schließen? Mussten wir auch die Hölle in unserer
Seele tragen? Aber wenn dies dein Wille ist, Herr, dann wisse, dass die ganze
Menschheit ihn von Generation zu Generation erfüllt.«
    Dann begann Vahalla ,
die beiden zu umkreisen.
     
    »Vorwort und Begrüßung
    Gelobt sei der Herr Jesus
Christus, auf ewig sei er gelobt.
    Zu Dir sprechen Krieger, die
Schuld auf sich geladen haben.
    Jene, die immer die besten Waffen,
die sie besitzen, gegen sich selber benutzen.
    Jene, die sich der Segnungen
unwürdig fühlen. Jene, die finden, dass sie dazu geboren wurden, unglücklich zu
sein. Jene, die das Gefühl haben, schlechter als die anderen zu sein.
    Zu Dir sprechen jene, die zu den
Toren der Befreiung gekommen sind, das Paradies gesehen und sich gesagt haben:
>Wir dürfen nicht hinein. Wir verdienen es nicht.<
    Zu Dir sprechen jene, die von
anderen verurteilt wurden und fanden, dass dies meist zu Recht geschah.
    Zu Dir sprechen jene, die sich
selber gerichtet und verurteilt haben.«
     
    Eine der Walküren überreichte Vahalla die Reitgerte, die diese zum Himmel hob.
     
    »Erstes Element: die Luft
    Hier ist die Reitgerte. Wenn wir
so sind, dann bestrafe uns. Bestrafe uns, weil wir anders sind. Weil wir
diejenigen sind, die gewagt haben zu träumen und an Dinge geglaubt haben, an
die sonst niemand glaubt.
    Bestrafe uns, weil wir in Frage
stellen, was ist, was alle hinnehmen und was die meisten nicht verändern
wollen.
    Bestrafe uns, weil wir vom Glauben
sprechen und keine Hoffnung fühlen. Wir sprechen von Liebe und empfangen weder
die Zärtlichkeit noch den Trost, den wir zu verdienen glauben. Wir sprechen von
Freiheit und sind doch an unsere Schuld gefesselt.
    Und dennoch, Herr, auch wenn ich
diese Reitgerte so hochhebe, dass sie die Sterne berührt, so würde ich deine
Hand dort nicht finden.
    Denn sie schwebt über unserem
Haupt. Sie liebkost uns und sagt: >Leidet nicht mehr! Ich habe bereits genug
gelitten<.
    Auch ich habe geträumt, an eine
neue Welt geglaubt. Ich habe von Liebe gesprochen und zugleich meinen Vater gebeten,
den Kelch an mir vorübergehen zu lassen. Ich habe in Frage gestellt, was ist
und was die meisten nicht verändern wollen. Ich zweifelte daran, das Richtige
zu machen, als ich das erste Wunder tat: Wasser in Wein zu verwandeln, damit
ein Fest fröhlich wurde. Ich habe den unnachgiebigen Blick der anderen auf mir
gespürt und gerufen: Vater, Vater, warum hast du mich verlassen?
    Ich habe Schläge erduldet. Ihr
braucht nicht mehr zu leiden.«
    Vahalla ließ die
Reitgerte zu Boden

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