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Coins - Die Spur des Zorns

Coins - Die Spur des Zorns

Titel: Coins - Die Spur des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz Justus
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zu weisen war dessen Argumentation nun auch wieder nicht! Kaum anzunehmen, dass sich die Landesregierung vor einen verbrecherischen Karren spannen ließ. Möglicherweise hatte sich der Chef tatsächlich verrannt. Doch dann fiel ihm die versteckte Telefonnummer der indischen Partnervermittlung auf Sven Heisterkamps Datenträger ein. Deren Namensgleichheit – Shining Fortune – mit dem deutschen Veranstalter des Castings Minderjähriger, die Beteiligung von Henrietta Heisterkamp an der ominösen H³-Corporation auf den Bermudas, die Verbringung der entführten Mädchen auf die von der H³-Corporation vercharterte Henrietta – das waren doch keine Zufälle!
    „Hallo! Herr Oberkommissar! Habe ich mich klar ausgedrückt?“
    „Sonnenklar, Herr Oberstaatsanwalt!“
    „Und? Was folgern Sie daraus?“
    „Dass ich mit Ihrer schriftlichen Anweisung rechnen kann, ab sofort das Babylon nicht mehr zu beschatten. Es wäre mir recht, wenn ich diese noch heute erhielte.“
    Wagner sah ihn fassungslos an. Dieser lausige Oberkommissar schien absolut nicht begreifen zu wollen, dass es zuweilen verdammt ungesund sein konnte, vermeintliche Berufsethik zum alleinigen Maßstab des Handelns zu machen. Ein letzter wütender Blick, dann machte er kehrt, verließ wortlos das Büro. Er hatte nun ein verdammtes Problem. Doch wie sollte er das Heisterkamp vermitteln, ohne die eigene Karriere zu vermasseln?
     
    28. Tag
     
    Kurz nach Mitternacht auf der Außenmole des Sassnitzer Hafens. Der jungfräuliche Tag zeigte sich von übelster Seite: Es hatte erneut zu regnen begonnen, der böige Sturm trieb die dichter werdenden Regenschleier nahezu waagerecht über die Dammkrone. Mit einem Wort: Es herrschte ein solches Sauwetter, dass man selbst den räudigsten Straßenköter nicht vor die Tür gesetzt hätte. Entsprechend war die Laune der beiden Crewmitglieder, die auf dem Molendamm Wache standen.
    „Scheiß Wetter! Mann! Ich hab‘ die Schnauze voll! Die Gammelei hier im Hafen geht mir mächtig auf den Geist. Ich bin froh, wenn der Job getan ist.“
    „Job nennst du das? Auf zwei Blagen aufpassen soll ein Job sein?“
    „Wie willst du’s denn nennen? Muss ja wohl was Wichtiges sein! Oder glaubst du, man ließe uns für nichts und wieder nichts wochenlang in diesem Scheißhafen vor die Hunde gehen?“
    „Helena meint, es gehe ums Sorgerecht. Soll ‘ne vorbeugende Maßnahme sein, die Entführung der Kinder zu verhindern.“
    „Entführung? Wer soll denn die Mädchen entführen?“
    „Der andere Elternteil vermutlich. Da läuft totsicher ‘ne Scheidung. ‘Ne andere Erklärung hab‘ ich nicht?“
    „Dafür so ein Aufwand? Der Pott kostet doch einiges. Die Charter, meine ich. Wenn ich das recht in Erinnerung habe, so um die 60.000 Dollar pro Woche. Das ist doch schierer Wahnsinn!“
    „Offensichtlich nicht, wenn’s bei Ultrareichen um die eigenen Kinder geht.“
    „Die Blagen müssen’s ausbaden, selbst, wenn sich Milliardäre scheiden lassen. Fast vier Wochen in der Koje! Die werden doch meschugge! Und ich allmählich auch …“
    „Es ist bald ausgestanden. Valdis sagte vorhin, diese oder kommende Nacht laufen wir aus. Die Baltic Vis verspätet sich wegen des Sturms. Auf einen Tag mehr oder weniger kommt’s nun auch nicht mehr an. Hast du mal ‘ne Zigarette? Ich habe meine in der Koje liegen lassen.“
    Andris griff in die Tasche, reichte seinem Kumpel die Packung. Der fummelte im Finstern umständlich eine Zigarette hervor, reichte die Packung zurück. „Hast du auch Feuer?“
    „Aber rauchen kannst du selbst?“ Andris hielt ihm das Feuerzeug hin. Juris tastete danach, beugte sich tief zu Boden, um dem Sturm keine Chance zu geben. In diesem Moment stockte Andris der Atem. Eiskalt lief es ihm den Rücken hinunter, als er den Fremden erkannte, gesichtslos, schwarze Montur, nur ein Umriss in finsterer Nacht. Wie konnte der Kerl, keinen Meter hinter Juris, unbemerkt dorthin gelangen? Und was, zum Teufel, hatte das zu bedeuten?
    Juris, noch immer ahnungslos, zündete sich vornübergebeugt die Zigarette an. Im aufflackernden Widerschein erkannte Andris die Sturmhaube des Fremden. Das war ein Angriff! Bevor er den Kumpel warnen konnte, spürte er den eisernen Griff an der Gurgel. Feuchtes Leder grub sich erbarmungslos in sein Gesicht, verschloss Mund und Nase, raubte ihm den Atem. Der Angriff erfolgte gänzlich unerwartet von hinten. Der Fremde hinter Juris war nicht allein! Das war der letzte klare Gedanke, der ihm durch den

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