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Coins - Die Spur des Zorns

Coins - Die Spur des Zorns

Titel: Coins - Die Spur des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz Justus
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tanzen. Das war es, was eine solche Aktion so riskant machte. Doch hatte er eine Wahl?
    Er schüttelte den Kopf, tastete sich entschlossen die Wand entlang zur nächsten Kabinentür, Helenas Tür. Er schlug mit der Faust gegen das Türblatt, dass es erzitterte, wartete eine Sekunde, dann hämmerte er erneut dagegen. Ein Geräusch im Innern verriet, dass Helena ihn gehört hatte. Er zog das Springermesser aus der Brusttasche, ließ es aufschnellen. Er hatte keine Zeit für Palaver! Oben im Wheelhouse waren sie bestimmt schon misstrauisch geworden! Die waren zu dritt, wieder im Besitz ihrer Waffen. Nur mit den Mädchen als Geiseln hätte er eine Chance!
    Die Tür öffnete sich einen Spalt, in ihm erkannte er Helena. Sie trug einen Pyjama, sah übermüdet, eher kränklich aus. Er erkannte sofort, dass sie seekrank war. Vermutlich würde das die Durchsetzung seiner Forderung erleichtern, doch er musste sogleich erkennen, dass er die Psyche der Frau, mochte sie auch unter den Folgen des Unwetters leiden, unterschätzt hatte. „Wer sind Sie? Was wollen Sie?“ Sie hatte in der Finsternis keine Chance, die Gestalt vor ihrer Tür zu erkennen.
    „Ich bin’s, Metin. Ich brauch‘ …“
    „Wieso geht das Licht nicht?“
    „Technisches Problem, der Seegang, Sie verstehen? Ich brauch‘ …“
    „Dann lösen Sie es! Was wollen Sie hier überhaupt? Sie haben in diesem Trakt nichts verloren! Das wissen Sie doch.“ fuhr sie ihn an.
    „Ich will den Schlüssel der Mädchenkabine! Sofort!“
    Um ihr die Ernsthaftigkeit seiner Forderung zu verdeutlichen, knipste er kurz die Taschenlampe an. Helena starrte auf das Messer in seiner Rechten. „Wollen Sie mich umbringen?“ Ihre Mundwinkel zitterten.
    „Wenn’s sein muss. Den Schlüssel!“ Er trat gegen die Tür. Helena taumelte zurück in die Kabine, streckte ihm abwehrend die Hände entgegen. In diesem Augenblick holte das Schiff nach Backbord über, sie verlor das Gleichgewicht, stürzte zwischen die Kojen. Bevor sie sich aufrichten konnte, war Metin über ihr. Er zerrte sie an ihrer Pyjamajacke in die Höhe. „Zum letzten Mal! Den Schlüssel!“
    Statt einer Antwort rammte ihm Helena das linke Knie in den Unterleib. Sie war eine mutige Frau! Und sie baute darauf, dass die Furcht vor Samirs Bestrafung diesen wildgewordenen Idioten zur Besinnung brächte. Metin stöhnte vor Schmerz, mit einem wilden Schrei stieß er, den Pyjama fest in der linken Faust, die Frau von sich. Die Pyjamajacke zerriss, abgesprengte Knöpfe prasselten gegen die Bordwand. Helena stürzte rücklings auf den Nachttisch, doch mit überraschender Gewandtheit rappelte sie sich auf, zog das rechte Bein an, um den Heranstürzenden abzuwehren. Metin erkannte die Situation. Eine Frau wagte es, sich ihm zu widersetzen, ihm Schmerz zuzufügen! Er rammte ihr das Messer tief in den Oberschenkel. Helena schrie auf, aus weit geöffneten Augen, als sei sie maßlos erstaunt, blickte sie erst den Angreifer, dann den tiefen Schnitt in ihrem Oberschenkel an. Blut quoll, angesichts der Größe der Verwundung überraschend zögerlich, an den Wundrändern hervor. Dann sank sie rücklings auf den Nachttisch, rutschte von dort zu Boden. An den Nachttisch gelehnt starrte sie stumm auf die Pyjamahose, deren linkes Bein sich nun doch mit erschreckender Geschwindigkeit tiefrot färbte. 
    Metin war dies einerlei. Er hatte zwischen ihren Brüsten den Lederriemen erkannt, zerrte ihn hervor. Der Schlüssel! Mit einer hastigen Bewegung zerschnitt er das Lederband. Ohne sich um die Schwerverletzte zu kümmern, verließ er die Kabine. Die gegenüberliegende Tür war nur zwei Schritte entfernt. Das Schlingern des Schiffs geschickt ausbalancierend hatte er sie im Nu erreicht. Alles musste nun ganz schnell gehen. Zwei vergebliche Versuche, dann steckte der Schlüssel im Schlüsselloch. Eine Drehung – er passte! Er klappte das Messer zusammen, steckte es weg. Er hielt die Taschenlampe auf die Tür gerichtet, dann öffnete er sie mit einem Ruck. Ein entschlossener Satz, schon stand er in der Kabine, warf die Tür hinter sich zu. Der bläulich-grelle Lichtstrahl jagte durch den beengten Raum, verharrte kurz auf der linken Koje, dann wechselte er zur gegenüberliegenden Schlafstätte. Die Mädchen hatten trotz der tobenden See das Kampfgetümmel in Helenas Kabine gehört. Sie saßen – furchtsam aneinander geschmiegt – an die Wand gepresst, hatten, geblendet vom gleißenden Licht, schützend die Hände vor die Augen erhoben.

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