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Coins - Die Spur des Zorns

Coins - Die Spur des Zorns

Titel: Coins - Die Spur des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz Justus
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Treuherzig sah er Schöller an. „Beim besten Willen, auch in Belgien fällt mir zu dieser Frau nichts ein.“
    „Na gut, lassen wir das! Es ist nur schade. Ich hab‘ das Gefühl, dass uns diese Frau einen Riesenschritt voranbringen könnte. Hat halt nicht sollen sein. Vielleicht stoßen wir später auf sie.“ Er hob sein Glas, blickte Pohl an, als wollte er sich mit dieser Geste für die hartnäckige Fragerei entschuldigen. Pohl atmete innerlich auf. Dieser Kelch war an ihm noch einmal vorüber gegangen. Die Gefahr schien beseitigt, eine fatale Fehleinschätzung, wie sich sogleich herausstellen sollte.
    Sie prosteten sich zu, dann langte Schöller unvermittelt in die Innentasche seines Jacketts, zog einen Umschlag hervor. Pohl runzelte die Stirn. Welches Kaninchen zog der Hauptkommissar denn nun aus dem Hut? Schöller ergriff den Umschlag an einer Ecke, wedelte vielsagend mit ihm und warf ihn, als sei sein Inhalt belanglos, flach auf den Couchtisch. Das Geräusch im Moment des Aufschlags versetzte Pohl schlagartig in Alarm: Im Innern des Umschlags war metallisches Klirren zu vernehmen, eindeutig das Geklirre mehrerer Münzen! Die aufkommende Ahnung traf Pohl wie ein Keulenschlag. Schöller grinste ihn an. „Machen Sie ihn auf! Ich schätze, der Inhalt gehört Ihnen.“
    Pohl starrte konsterniert auf den Umschlag, machte keinerlei Anstalten, diesen zu ergreifen. Das, was ihn hierin erwartete, schien ihn zu lähmen, bevor er es überhaupt zu Gesicht bekommen hatte! Allein die Ahnung reichte, ihn in tiefe Hoffnungslosigkeit zu stürzen. ‚Mach‘ jetzt keinen Fehler!‘ huschte es gedankenschnell durch seinen Kopf. Doch wie sollte er sich verhalten? Den Blick noch immer auf den Umschlag gerichtet bemerkte er nicht, dass Schöller ihn argwöhnisch beäugte. „Nun schauen Sie schon ‘rein!“
    Pohl erkannte die Ausweglosigkeit der Situation, gab sich einen Ruck. Mit dem Ausdruck eines trotzigen ‚Was soll’s?‘ ergriff er den Umschlag. Als er den Inhalt fühlte, wusste er, dass seine Befürchtung ihn nicht getäuscht hatte. Es half nichts, er musste auch diese Hürde überwinden. Er öffnete den Umschlag, kippte ihn behutsam, einen Sekundenbruchteil später rollten etliche Münzen über die Tischplatte, beschrieben wirre Kreisbahnen, an deren Ende sie – zunehmend rascher um ihre Hochachsen taumelnd – mit aufgeregtem Geklapper endlich zur Ruhe kamen. Auf der Tischplatte lagen sieben silberne Fünfmarkstücke der Bundesrepublik Deutschland!
    Pohl hielt den Atem an. Nun war es gewiss: Schöller hatte ihn enttarnt! Nach einer Weile blickte er auf, bemerkte überrascht, dass der Hauptkommissar ganz entspannt sich tief in den Sessel zurückgelehnt hatte, versonnen das Weinglas schwenkte, als berührte ihn das Geschehen auf dem Couchtisch nicht im geringsten. Ihre Blicke kreuzten sich. Pohl, noch immer zu keiner Reaktion fähig, wartete gebannt auf Schöllers Eröffnung. Was er jetzt auch täte, es könnte ein irreversibler Fehler sein! Ihm war bewusst, dass er aus eigener Kraft der offensichtlich gestellten Falle nicht entkäme. Umso ratloser war er, als sich über Schöllers Gesicht ein unverhohlenes Grinsen legte, bevor er erneut das Glas hob, ihm aufmunternd zunickte und einen genüsslichen Schluck kostete. Die reinste Provokation! Pohl spürte im Mund aufkommende Trockenheit. Stress legte sich betäubend über sein Denkvermögen. Das Glas in Brusthöhe vor sich haltend musterte ihn Schöller. Offenbar hatte dieser die zunehmende Verunsicherung seines Gegenübers bemerkt. Pohl griff sich in den Hemdkragen, ärgerte sich im selben Moment darüber – zu verräterisch war die Geste! Was, verdammt nochmal, wollte Schöller mit seinem rätselhaften Verhalten erreichen? War er ein durchtriebener Sadist, darauf erpicht, nach wochenlangem Verwirrspiel seinen späten Triumph auszukosten? Sollte er sich in dem Mann derart getäuscht haben?
    Endlich begann Schöller zu sprechen: „Nun, Professor, sagen Ihnen diese Münzen etwas? Sie wurden übrigens alle im Jahr 1966 in Karlsruhe geprägt.“ Bei den letzten Worten ließ Schöller sich erneut in die Polster zurücksinken. Er schwenkte bedächtig das Glas, ohne den Blick von Pohl zu nehmen. Doch der blieb stumm.
    „Okay, Professor. Ich helf‘ Ihnen. Ich gehe doch recht in der Annahme, dass Sie noch immer im Besitz der Geldrolle sind, die man in Ihrer Frau … Sie wissen schon. Sie haben sie doch noch, oder?“
    Pohl schien bei dieser Eröffnung ein wenig erleichtert.

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