Coins - Die Spur des Zorns
Kneipe, verstehst du? Hier wird alles so gemacht, wie ich es sage!“
Pohls Blick wechselte ratlos zwischen Kustow und Kreuzer, blieb schließlich bei Kreuzer hängen. Doch der tat, als bemerkte er es nicht, zapfte ungerührt das Bier für den Russen. Pohl wandte sich wieder seinem aufdringlichen Nachbarn zu. „Ich dachte, die Kneipe gehört dem da.“ Er deutete mit dem Kopf hinüber zu Kreuzer.
„Scheißegal, wem sie gehört – es ist meine Kneipe! Kriegst du das nicht geschnallt?“ In diesem Augenblick schob Kreuzer Kustows frisch gezapftes Bier über den Tresen. Der ergriff es, ohne Kreuzer eines Blickes zu würdigen, sah Pohl herausfordernd an. „So, nun darfst du trinken. Du darfst sogar mein Bier bezahlen. Immerhin gestatte ich dir, dich in meinem Wohnzimmer aufzuhalten!“
„Und was passiert, wenn ich das nicht tue?“
Kustow knallte sein Glas auf den Tresen, dass der Schaum spritzte. „Hast du das gehört, Jupp?“ Wütend starrte er Pohl an. „Sag mal, bist du wirklich so dämlich? Hast du das noch immer nicht kapiert? Du tust gefälligst, was ich dir sage! Wenn du mit heilen Knochen hier ‘rauskommen willst, legst du jetzt artig deine Brieftasche auf den Tresen, machst eine ordentliche Spende … – wir beide wollen doch noch ‘ne Menge Spaß heute Nacht haben, oder? – … und gibst mir deinen Perso. Ich will wissen, wer sich in meinem Wohnzimmer tummelt! Wir haben uns verstanden?“
Pohl blickte hilfesuchend hinüber zu Kreuzer, doch der tat noch immer, als hätte er nichts von alledem mitbekommen.
„Na, wird’s bald? Oder muss ich dir erst die Fresse polieren?“
Wenn Kustow eben noch anzüglich grinste, so mutierte innerhalb eines Sekundenbruchteils sein Gesicht zu einer bösartigen, ungehemmte Aggressivität ausdrückenden Fratze. Pohl stellte ohne erkennbare Hektik sein Glas ab, beugte sich auf seinem Hocker soweit zu Kustow hinüber, dass sie sich aus kürzester Entfernung in die Augen sahen. Ein, zwei Sekunden verhakten sich ihre Blicke, keiner sprach ein Wort. Kreuzer hielt die Luft an. Er kannte Kustow! Die Katastrophe schien unausweichlich.
„Hör zu, Arschloch!“
Kreuzers Augen wurden mit einem Schlag riesengroß. Das hatte der Fremde gesagt! Der hatte den Russen ein Arschloch genannt! Das kam einem Todesurteil gleich! Alles konnte Kreuzer gebrauchen, nur keinen Totschlag in seiner Kneipe! Ängstlich huschte sein Blick zwischen dem Russen und dem Fremden hin und her. Kustows Augen gerieten bei Pohls unerwarteter Eröffnung zu Schlitzen, gnadenlose Brutalität signalisierend, weiteten sich jedoch im selben Moment erschrocken, als Pohl langsam die Jacke öffnete, darunter eine 9mm-Walther PPK sichtbar wurde. „Sieh dir gefälligst die Typen an, bevor du das Maul aufmachst, Russe, sonst kann das ganz schnell in die Hose gehen! An deiner Stelle würde ich mir Sorgen um mein beschissenes Leben machen.“
Der Schock saß tief, damit hatte Kustow nicht gerechnet. Da drang jemand in seinen Hoheits-bereich ein und führte ihn in aller Öffentlichkeit vor, ausgerechnet in dem Moment, in dem er den Eindringling zur Schnecke machen wollte! Das gab es noch nie! Kustow brauchte etliche Zeit, die Sprache wiederzufinden. „Ist schon gut, Mann!“ In seinem Blick spiegelten sich einen Moment Überraschung und Erschrecken, schon bald verdrängt vom Ausdruck kalter Verschlagenheit. Kustow suchte nach einer Chance, das Blatt zu seinen Gunsten wenden zu können. Pohl wusste, er durfte den Russen nicht eine Sekunde unterschätzen. Der grinste jovial. „Bleib cool, Mann! Bist mein Gast!“ Er wedelte mit der Hand, um Kreuzers Aufmerksamkeit zu erregen. „Eh, Jupp! Mein Gast kriegt ein Bier! Auf meine Rechnung. Mach zu!“
„Lass mal! Ich hab‘ noch eins.“ Pohl hob sein gefülltes Glas, zeigte es Kreuzer. Dessen Blick flatterte ratlos zwischen ihm und Kustow hin und her. Bisher galt stets das Wort des Russen, doch in diesem Fall schien der Fremde die besseren Argumente zu haben. Das beste Argument steckte unter dessen Jacke! Kreuzer hatte die Pistole gesehen, spontan darauf verzichtet, die schützende Nähe seines Baseballschlägers zu suchen. Sie hätte ihm nicht genutzt.
„Ist schon okay, Jupp. Kriegt er das Bier halt später.“ Kustow blickte Pohl leutselig an. „Geht doch in Ordnung, oder?“
Pohl nickte bedächtig, ohne Kustow eines Blickes zu würdigen. „Ist ja dein Wohnzimmer. Darin kannst du doch machen, was du willst. War doch so, oder?“ Er trank, ohne dem Russen
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