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Coins - Die Spur des Zorns

Coins - Die Spur des Zorns

Titel: Coins - Die Spur des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz Justus
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Mecit gab sich Mühe, gleichgültig zu wirken. Er hatte das ungute Gefühl, dass Kustow ihn durchschaute, als könne der Russe seine Gedanken lesen.
    „Du denkst doch was! Sag‘ mir nicht, dass du das nicht tust!“
    „Ich denke, du solltest dich auf die Straße konzentrieren. Wir sind nämlich da! … Nicht so schnell! Man sieht die Einfahrt doch kaum!“
    Kustow trat vehement auf die Bremse. Dann erkannte auch er die verkrautete Einfahrt. Rasant nahm er den Abzweig, im Kofferraum schlug Keffkos Körper deutlich hörbar gegen die Bordwand. Mecit schüttelte stumm den Kopf. Dem Russen konnte das alles nichts anhaben. Er fuhr ein Leiche, was soll’s? Gleich hätten sie sich dieser entledigt, niemand würde mehr ein Wort darüber verlieren, schon gar nicht über Keffko, diesen hirnlosen Schwätzer. Schaukelnd und schlingernd folgte der Wagen den überwachsenen Spuren. Nach einer Linkskurve wurde die Ruine des Ringofens, dahinter ein zur Hälfte eingefallener Schuppen sichtbar. Mecit schaute angestrengt nach vorn. „Ich glaube, du kannst rechts an dem Ofen vorbei. Der Brunnen war gleich neben dem Schuppen.“
    „Ich weiß. Aber das ist mir zu unsicher. Ich hab‘ keine Lust, mich festzufahren. Wäre bei der Fracht keine gute Idee. Wir laden ihn hier aus und tragen ihn zum Brunnen.“ Er hielt an, zog den Schlüssel ab, öffnete die Tür. „Komm, hilf mir!“
    Keffko war schwerer, als sie es auf dem kurzen Weg durch Kreuzers Bierkeller empfunden hatten. Keuchend legten sie den Körper neben dem Brunnenschacht ab. Sie brauchten einen Moment, wieder zu Kräften zu kommen, wussten sie doch aus der Erinnerung, wie schwer die Stahlplatte war, die es zur Seite zu hieven galt. Vor knapp zwei Jahren hatten sie nach einem bewaffneten Tankstellenüberfall die Vorhängeschlösser der Brunnenabdeckung ausgetauscht, als sie darunter ihre Waffen versteckten.
    „Du weißt, wo die Schlüssel sind?“ Kustow blickte Mecit fragend an. Irgendetwas stimmte nicht, der Blick des Russen war verschlagener, als er es gewöhnlich schon war. Mecit war dies nicht entgangen. Er nickte. „Im Schuppen, links hinter dem dritten Wandpfosten.“
    „Stimmt. Du holst sie, ich wende schon mal den Wagen. Ist besser so, sollte jemand auftauchen.“
    Kustow machte sich auf den Weg, ohne Mecits Antwort abzuwarten. Seine Anweisungen bedurften prinzipiell keines Kommentars, schon gar nicht in dieser Situation, bot sie ihm doch die Gelegenheit, sich auf einen Schlag aller Sorgen zu entledigen. Er hatte den Toyota erreicht, öffnete den Kofferraum, ließ seinen Blick langsam über die Bodenauskleidung gleiten. Kein Blut! Er grinste, sichtlich zufrieden mit dem Ergebnis seiner Genialität. Die Plastiktüte über Keffkos Schädel – das war schon eine geniale Idee! Er hob die Bodenmatte ein wenig an, tastete in der Mulde nach dem Bündel. Er fand es auf Anhieb, zog es hervor. Unter dem Stoff zeichneten sich die Umrisse seiner Makarov ab. Er wickelte sie aus, spannte sie, steckte sie in die Innentasche seiner Windjacke. Ein wachsamer Blick rundum; weit und breit kein Mensch, niemand hatte etwas gesehen. Er warf den Stofflappen in den Kofferraum, schloss den Deckel. Dann wendete er den Wagen.
    Als Kustow den Brunnen erreichte, hatte Mecit die Vorhängeschlösser bereits zur Seite gelegt. Kustow nickte ihm anerkennend zu. „Dann wollen wir mal!“ Sie traten an die gegenüberliegenden Seiten der Brunnenabdeckung, einem geriffelten Stahlblech erheblichen Gewichts, bückten sich tief, fassten unter, sahen sich an. Kustow wies mit dem Kopf nach rechts. „In diese Richtung! Bei drei geht’s los! Okay?“
    „Okay.“
    „Eins … zwei … drei!“
    Als sie die Stahlplatte neben dem Brunnenloch ablegten, glühten ihre Gesichter kirschrot vor Anstrengung. Kustow stützte sich auf die Knie, atmete schwer. Mecit hatte da erkennbar weniger Mühe. Er blickte in den Schacht. „Der Haken ist noch immer dort, wo wir ihn eingeschlagen haben!“
    Kustow reckte sich schnaufend in die Höhe, trat an den Schacht heran, nickte stumm, als er den Haken erkannte, an dem sie damals den Beutel mit ihren Waffen befestigt hatten. Mecit wurde ungeduldig, schien es mit einem Male verdammt eilig zu haben. „Los, Boris! Er muss verschwinden. Hier kann jederzeit einer aufkreuzen!“
    Kustow schien derselben Ansicht, jedenfalls verzichtete er auf jeden Kommentar. Das war ungewöhnlich, offensichtlich der Situation geschuldet. Sie traten neben Keffkos Körper. Mecit hielt plötzlich

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