Cold Belt - Band 1 - Feuerblut (German Edition)
Verträumt fuhr sie durch die Straßen. Obwohl es Samstagvormittag war, befanden sich nur wenige Menschen in der Stadt. Paare, die durch die Geschäfte schlenderten. Frauen mit kleinen Kindern, die noch etwas Süßes haben wollten oder ein altes Ehepaar auf einer Parkbank, das einige Tauben fütterte. Hier war nichts los, also entschloss sie sich, kurz zu ihrer neuen Schule zu fahren. Den Weg hatte sie sich zuvor über das Internet angesehen. In nur wenigen Fahrminuten war sie dort, fuhr einmal um das Gebäude herum, schlenderte über den gepflasterten Pausenhof. Nur wenige Bäume wuchsen dort. Eine Rasenfläche befand sich auf dem Hinterhof, den sie von außen aber nicht betreten konnte, da er eingezäunt war. Die Schulmauer wies einige tiefe Risse auf, der Putz bröckelte an der Fassade herab und die großen Fenster wirkten fehl am Platz. Scheinbar wurden sie modernisiert, da sie im Gegensatz zu dem restlichen Gebäude neu aussahen. Durch ein Fenster konnte sie in eine Klasse sehen. Ähnlich wie in New York gab es hier Zweiertischgruppen, einen Beamer und Stühle, die mit Stoff bezogen waren. Einige ihrer ehemaligen Klassenkameraden hatten sie noch damit aufgezogen, dass sie hier sicherlich eine alte Tafel mit Kreide hätten und Lilly sich mit Stift und Heft Notizen machen müsste. Aber sie konnte sehen, dass es hier ebenfalls Touch-Tabletts in den Tischen gab, die man nach Belieben ein- und ausfahren konnte.
Nachdem sie einen ersten positiven Eindruck bekommen hatte, entschloss sie sich schließlich nach Hause zu fahren. Ab morgen, mitten im Schuljahr, musste sie auf diese neue Schule gehen. Mit neuen Klassenkameraden, neuen Lehrern. Lilly seufzte, entdeckte aber eine kleine Gruppe Jugendlicher, die sich in das Schulgebäude schlichen. Sie hielt an und schaute neugierig auf etwa fünfzehn Mädchen und Jungen in ihrem Alter. Ihre weiße Kleidung, von Kopf bis Fuß, ließ Lilly sofort wissen, dass es sich hierbei um Anhänger der Hallow Release handeln musste. Verwunderlich war es nicht, da Harts als eine der Hochburgen in der Vampirszene galt. Dennoch erschreckte es sie, denn früher oder später würden diese jungen Menschen versuchen, in ein Cold Belt einzudringen. Und ihr Vater müsste sich mit ihnen auseinandersetzen. Lilly schluckte. Geheuer war ihr die Sache nicht. Mit einem Grummeln in der Magengegend fuhr sie zurück nach Hause, wo sie sich in die Küche schlich und die belegten Bagels und Sandwiches auf dem Tisch ablegte.
„ Da bist du ja.“ Maria putzte sich ihre Hände an einem Lappen ab, den sie auf die Spüle legte.
„ Danke für das Frühstück. Zum Mittag.“ Sie begrüßte ihre Tochter mit einem Augenzwinkern und einem Kuss auf ihre Wange. Lilly lächelte und herzte ihre Mutter mit einer kurzen Umarmung, nahm sich dann etwas zu trinken und setzte sich neben ihre Mutter an den Küchentisch. Maria durchstöberte die Bageltüte und riss sie auf, so dass die frische Backware zum Vorschein kam.
Auch Jason kam hinzu und murmelte ein „Guten Morgen, mein Schatz“, verschwand aber sogleich wieder auf der Gästetoilette, die sich im Erdgeschoss neben der Küche befand, um sich seine Hände zu waschen.
Er hatte den Morgen damit verbracht, die Garage aufzuräumen und zu verputzen. Danach hatte er noch einige Schränke aufgebaut, die während des Umzugs leicht beschädigt worden waren.
„ Du warst aber lange unterwegs. Wo hast du denn deinen Bruder gelassen?“ Maria spülte ihr Frühstück mit heißem Kaffee herunter und sah sich dabei reflexartig nach ihrem Sohn um, den sie heute noch nicht gesehen hatte.
„ Wir waren noch in einem Comicshop, wo er ein paar Jungs in seinem Alter traf. Sie sind zusammen spielen gegangen.“ Lilly war sichtlich stolz auf sich und dass sie ihren Bruder quasi „zwangsverkuppelt“ hatte.
„ Leonhard? Unser Leonhard? Klein. Etwa so groß?“ Sie wedelte mit ausgestreckter Hand in der Luft herum, gestikulierte dabei in etwa seine Körpergröße.
„ Ja, ich denke, er war es. Sprach wie er. Sah so aus“, scherzte Lilly.
„ Da kann ich ja beruhigt sein, dass du eher nach deiner Mutter kommst und nicht nach mir.“ Jason lachte, nahm sich einen Kaffee und setzte sich zu seiner Frau, die ihm die Bagels hinschob.
„ Mhh, Käse!“ Lillys Vater liebte Käse über alles. Hungrig schlang er seine Mahlzeit herunter und verleibte sich noch eine Tasse Kaffee ein.
„ Und sahen diese Burschen nett aus? Sind sie in Ordnung?“ Zwischen beißen, kauen und schlucken fand
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