Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Zentimeter an meinem Kopf vorbei. Als er sich umwandte, wartete ich mit einer Kombination meiner Linken auf ihn, die ihn zunächst einmal aufhielt. Er schüttelte den Kopf, ging dann ebenfalls in Kampfstellung, und wir standen uns auf der Tanzfläche gegenüber. »Hey, das wird lustig!«, quiekte er, als wir uns umkreisten. »Wie in alten Zeiten, als ich deinem schlub von einem Onkel das Hirn rausgeprügelt habe! Ihr Rispolis seid alle gleich, bla-bla-bla, nichts als Gelaber und kein …« Er brach ab, als ihn meine Faust heftig auf den Mund traf, einmal, zweimal, dreimal, dann taumelte er nach hinten. Als er wieder angriff, ließ ich meine Schulter leicht hängen und setzte zu einem linken Haken nach Willy-Williams-Manier an.
Das knirschende Krachen einer Faust auf einen Kieferknochen hallte durch den Club Molasses.
Der arme Kevin kam ins Stolpern und fiel mit einer Drehung um wie ein entgleisender Zug.
Er rutschte mit dem Gesicht voran gegen die kleine Bühne, und ich rannte zu Doug.
»Komm!«, keuchte ich und brachte ihn wie ein Riesenbaby in eine sitzende Stellung, und er war schon fast auf den Beinen, als wir beide wieder umfielen. Doug rollte sich zur Seite, aber ich lag eingequetscht unter dem armen Kevin, der mir das Knie in den Rücken rammte und mit seinen großen, lederartigen Händen wieder nach meinem Hals griff, zum letzten Mal, wie ich wusste. Seine Daumen drückten gegen meinen Kehlkopf, und die Ränder der Welt färbten sich schwarz. Doug richtete sich auf einem Arm auf, kippte um, versuchte es wieder, aber er war mit seinen blau angelaufenen, zugeschwollenen Augen so hilflos wie eine neugeborene Schildkröte.
Sterben ist nicht okay, sagte ich mir selbst. Es war kein eigener Entschluss, keine freie Entscheidung. Mit jeder Sehne und mit jedem Muskel meines Körpers stemmte ich mich dagegen, und als ich spürte, dass mein Gehirn aus Sauerstoffmangel abschalten wollte, dachte ich an Lou.
Nein, halt – nicht an Lou – eher an Lous Hund, Harry.
Er kam aus der Dunkelheit gerannt wie ein kleiner, italienischer Ball kalter Wut und rammte seine nadelspitzen Zähne in die Hinterbacke des armen Kevin, und der kreischte auf und riss die Arme hoch. Ich hatte keine Ahnung, wie der schlaue, kleine Vierbeiner in den Club Molasses gekommen war – meines Wissens konnte man nur über den Fahrstuhl oder die Capone-Tür im Büro hinaus oder hinein gelangen –, aber wahrscheinlich gab es eine Reihe anderer Zugänge, die ich erst noch entdecken musste. Ich rollte mich auf den Rücken, holte hastig Luft und sah, wie der arme Kevin sich mit einem Ruck von Harry befreite und ihn mit einem Abschlag wie beim Softball auf den Rücksitz des offenen Ferrari schleuderte.
Der Ferrari, dachte ich, hustete und spuckte und packte Doug an den Knöcheln.
Ich wusste, dass die Schlüssel im Zündschloss steckten.
Ich betete zu Gott, dass sich auch Benzin im Tank befand.
Mit einem Ruck zerrte ich Doug über den Parkettboden, meine Füße stolperten in Rekordgeschwindigkeit dahin, aber da sprintete der arme Kevin schon wieder auf uns zu, und alles war vorbei, wir waren erledigt, fertig, tot, als plötzlich eine graue, haarige Wurst von der Decke fiel. Die Ratte landete auf der Schulter des armen Kevin, fauchte und biss zu, und er griff danach und zerquetschte das Tier. Während ich Doug auf den Beifahrersitz wuchtete, ließ der maskierte Irre die blutige Ratte an ihrem nackten Schwanz kreisen und kreischte: »Mehr hast du nicht aufzubieten? Ein kleines Mäuschen!« Doch nun fielen ein Dutzend gereizter Nager auf ihn herab. Nunzios Ratten, dafür gezüchtet, alle Rispolis zu schützen, erfüllten ihre angeborene Aufgabe mit Leidenschaft. Der arme Kevin gab ein Geräusch von sich, das irgendwo zwischen dem Wimmern einer ängstlichen Sechsjährigen und über eine Tafel kratzenden Fingernägeln lag. Ich startete den Wagen, und der fantastische Motor erwachte mit einem röhrenden Geräusch zum Leben. Da es keinen Fluchtweg gab, um aus diesen unterirdischen Gewölben zu fliehen, hatte ich versuchen wollen, den unheimlichen Killer mit dem Wagen zu erfassen und zu überfahren, bis er sich nicht mehr bewegte. Aber dann flammten die Scheinwerfer auf und beleuchteten die Wand, vor der das Auto stand.
Die Backsteine der Mauer zeigten ein Muster, ein großes, aber klar erkennbares C.
Und mir dämmerte plötzlich, dass der Wagen ja auch irgendwie hier hereingekommen sein musste.
Es gab Capone-Türen, dachte ich. Vielleicht gab es auch
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