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Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. M. Goeglein
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abseits des Geschehens.«
    »Ach ja?«, warf mein Vater ein. »Und was ist mit Greta?«
    Da erstarb Buddys Lächeln. »Halt Greta da raus«, sagte er.
    »Du bist es, der sie da reingebracht hat. Direkt zwischen uns.«
    »Sie steht nicht zwischen uns!«, rief Onkel Buddy. »Aber das hier! Diese Familie und ihre Geheimnisse! Das ist es, was seit jeher zwischen uns steht!«
    »Nicht aus meiner Sicht«, sagte mein Vater ruhig.
    »Natürlich nicht. Du bist ja der Ältere«, sagte Onkel Buddy und deutete mit der stinkenden Kräuterzigarette in seine Richtung. » Du hast einen gesunden Sohn mit blauen Augen.«
    Sie starrten einander an, bis ihnen wieder einfiel, dass ich noch da war, und dann wandten sie sich langsam wieder mir zu. Ihre Gesichter waren so unterschiedlich – mein Vater sah müde und besorgt aus, mein Onkel überlegen und verächtlich. Bruchstückhafte Erinnerungen aus der Vergangenheit – wie unglücklich Onkel Buddy gewesen war, als meine Eltern von Lous bevorstehender Geburt sprachen, das ganze Geflüster meiner Eltern in den letzten Jahren über »das Richtige«, das sie tun müssten, die vielen Männer, die sich bei der Beerdigung meines Großvaters angestellt hatten, um mit meinem Vater, dem älteren Sohn, zu sprechen, während sie meinen Onkel ignorierten – sie erschienen nun wie kleine Steinchen eines unvollendeten Puzzles. Mein Gespräch mit Willy, bei dem er von der Geschichte der beiden gesprochen hatte, kam mir wieder in den Sinn, vor allem seine ominösen Worte »bei einer Familie wie eurer«. Was auch immer das bedeuten mochte, ich begriff zumindest, dass die Kluft zwischen meinem Vater und meinem Onkel nicht mehr nur schmerzvoll, sondern auch gefährlich geworden war. Und noch deutlicher sah ich, dass sich diese Gefahr an Lou heranschlich. Ich zitterte am ganzen Körper, als ich fragte: »Worum geht es denn überhaupt, Dad?«
    »Setz dich ins Auto, Sara Jane.«
    »Nein, Dad! Du redest immer von Brüdern und von Lou! Was ist mit ihm?«
    »Da gibt es nichts zu sagen.«
    »Oh doch, da gibt es etwas!«, beharrte Onkel Buddy.
    »Und was ist mit mir? Betrifft es auch mich?«
    »Nein«, sagte mein Dad.
    »Oh doch«, rief Onkel Buddy.
    »Dad!«
    »Sara Jane!«, donnerte mein Dad, und jeder Laut wich aus der Luft, mir blieb der Atem weg, und das Selbstbewusstsein auf Onkel Buddys Gesicht war wie weggewischt. Wir wichen einen Schritt vor ihm zurück, ich in die eine Richtung, mein Onkel in die andere. Adern traten auf Dads Stirn hervor, aber seine Augen waren so eiskalt wie zwei blaue Eiswürfel, und die Goldpünktchen darin schimmerten hell. Er bebte vor Wut und war gleichzeitig seltsam ruhig. Die Mischung war erschreckend, und in meinem Kopf machte etwas Klick, als plötzlich ein kleiner Film ablief. Es war eine Erinnerung aus der Zeit, als ich vier oder fünf gewesen sein muss und eine beinahe identische Szene erlebte, die mir genau so einen Schrecken einjagte, wobei es sich damals nicht um meinen Vater handelte.
    Sondern um Grandpa Enzo.
    Ich hatte mir einen Keks holen wollen und war deswegen in die Backstube gegangen.
    Und dort überraschte ich meinen Grandpa, der wie eine sizilianische Schlange zischte.
    Er wandte mir den Rücken zu, während vor ihm einer dieser Nuschelmänner stand. Der Mann überragte ihn um einen Kopf und war fünfzig Kilo schwerer als »Enzo der Biscotto«, aber trotzdem stand er in seinem schwarzen Anzug und mit Sonnenbrille angsterfüllt vor ihm und starrte auf seine Füße. Mein Grandpa tippte mit dem Ende eines Teigschabers gegen die Brust des Mannes – mi (tipp) capisci (tipp) idiota ? – und die Oberlippe seines Gegenübers begann zu zittern, während sich ein Schweißfilm auf seiner Stirn bildete. Ich erkannte, dass ich Zeuge einer Szene wurde, die nicht für mich bestimmt war, und ich wollte mich leise wieder hinausschleichen, aber dabei stieß ich gegen eine Schüssel, die vom Regal rutschte und auf dem Boden zerbrach. Mein Großvater fuhr auf dem Absatz herum, und mich blickten zwei ruhige, wütende, blaue Eiswürfel an. Es war mein Großvater, aber dann doch wieder nicht: Mit den geblähten Nasenflügeln und gebleckten Zähnen war es vielmehr ein böser Grandpa aus dem kältesten Kreis der Hölle. Ich bekam so einen Schreck, dass ich heulend aus der Küche rannte. Als ich mich in die Schürze meiner Grandma flüchtete, verließ der Nuschelmann die Bäckerei.
    Ich fühlte eine leichte Berührung an der Schulter.
    Mit einem Auge sah ich hoch und entdeckte, dass

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