Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
wichtige Dinge über unser Familienunternehmen erklären. Und über die Bäckerei …« Er hielt inne und sah plötzlich an mir vorbei.
»Was denn?«, flüsterte ich.
»Ja, was denn?«, wiederholte Onkel Buddy von der Tür, riss ein Streichholz an und hielt es an eine Kräuterzigarette. Der faulige Müllgestank vermischte sich mit der verbrannten Melasse, als er mit einem leisen Lächeln auf den Lippen zu uns trat. »Oder vielleicht sollte ich eher fragen, wo ist es denn?«
Mein Dad straffte die Schultern und stellte sich seitlich wie ein Boxer, der seine Kampfhaltung einnimmt.
Onkel Buddy tat vorsichtig dasselbe.
Ich rückte näher an meinen Dad, fest entschlossen, ihm nicht von der Seite zu weichen, und ohne es zu merken, ging auch ich in Kampfposition.
Onkel Buddy kicherte. »Na, guck mal einer an, ein Vater-Tochter-Boxteam. Hey, Sara Jane, bevor du die ganze überwältigende Kraft deiner Spaghetti-Arme auf den alten Onkel Buddy loslässt«, hier wurde sein Kichern zu einem verächtlichen Lachen, »erinnere dich mal lieber daran, dass ich es war, der sich die Zeit genommen hat, dich ans Boxen heranzuführen, und nicht er. «
»Aber er ist mein Dad«, stieß ich hervor und war selbst überrascht über die Härte, die in meinen Worten mitschwang.
»Deswegen hat er nicht automatisch recht«, erklärte Onkel Buddy. »Pass auf, was ich dir jetzt erzähle, Kleine, denn das ist eine wichtige Lektion des Lebens. Nur, weil er dein Dad ist, hat er nicht automatisch recht. Tatsächlich hat dein Dad vor Kurzem eine ausgesprochen falsche Entscheidung gefällt, die sehr, sehr schlecht für deine Familie sein könnte.« Er grinste Dad abfällig an und fuhr fort: »Du bist wohl überrascht, dass ich davon weiß, hm? Der dumme, alte Buddy? Tja, der dumme, alte Buddy hat deine Handy-Mailbox geknackt und deine E-Mails gehackt … mit Techniken, wie sie sonst nur der Regierung zur Verfügung stehen.«
»Buddy«, sagte mein Vater warnend.
»Ich weiß, ich weiß … nicht vor den Kinderchen, nicht wahr?«
»Sara Jane wird mit allem fertig, was du hier von dir geben wirst, das kann ich dir versichern«, sagte mein Dad.
»Ach, komm schon.« Onkel Buddy kicherte wieder. »Sie ist doch noch immer voll und ganz mit diesem Kuss beschäftigt, den sie vor fünf Jahren mal gekriegt hat.«
»Vor drei Jahren«, murmelte ich. Noch nie zuvor hatte mein Onkel mich mit diesem spöttischen Ton bedacht. Es tat mir ein bisschen weh, aber ich merkte gleichzeitig, dass ich meine linke Hand zu einer Faust ballte.
»Komm schon, Anthony. Schluss mit der Schauspielerei und dem Gequatsche. Dir ist doch klar, dass ich über das Notizbuch Bescheid weiß«, sagte Onkel Buddy.
»Was für ein Notizbuch?«, fragte ich.
»Buddy«, sagte mein Dad nun beinahe grollend.
»Ich habe keine Lust mehr, nach dem verdammten Ding zu suchen, und davon abgesehen brauchst du es ja wohl sowieso nicht mehr«, sagte Onkel Buddy. »Gib es mir einfach, und dann kannst du mit deiner Familie eurer Wege gehen, wo auch immer sie solche wie euch hinschicken.«
»Sie?«, fragte ich. »Was meint er mit ›solche wie euch‹?«
Onkel Buddy grinste meinen Vater an, und die Kräuterzigarette qualmte stinkend zwischen seinen Lippen vor sich hin. »Willst du es ihr sagen oder soll ich?«
Mein Dad schwieg noch kurz, seine Kieferknochen mahlten, und dann sagte er: »Selbst wenn ich es dir geben würde, Buddy, dann wüsstest du nicht, was du damit anfangen könntest. Es ist zu gefährlich für jemanden wie dich.«
Buddy hielt an seinem Klugscheißerlächeln fest, aber seine Stimme war wie Eis. »Was zur Hölle soll das jetzt wieder heißen?«
»Damit meine ich jemanden … der versucht, so zu sein wie ich«, sagte mein Dad langsam. »Und das bist du nicht, Buddy. Du bist nicht wie ich.«
»Vielleicht könnte ich es werden«, sagte Onkel Buddy in einem Ton, in dem Zorn und Verlangen mitschwangen, »wenn du mir das Notizbuch geben würdest.«
Mein Vater schwieg, das Gesicht hart wie Stahl, und schüttelte den Kopf.
Onkel Buddy erklärte nun: »Also, Kleine, hör zu, ich erklär dir jetzt, worum es hier geht …«
Mein Dad fiel ihm abrupt ins Wort. »Sara Jane, setz dich schon mal ins Auto und warte dort.«
»Aber Dad …«
»Ja, Kleine, warte im Auto. Lackier dir deine Nägel oder mach irgendwas anderes, was Mädchen gerne tun«, sagte Onkel Buddy. »Das gehört zu den wichtigen Dingen, die er dir über das Familienunternehmen erzählen wollte: Der Platz einer Frau ist
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