Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Waschbecken damit gefüllt waren. Die Hälfte davon machte ich nass und stopfte sie unten in einen Mülleimer. Dann packte ich die trockenen oben drauf und hoffte, dass die nassen später die anderen verlöschen lassen würden.
Dann riss ich ein Streichholz an. Es roch nach Schwefel und die kleine Flamme blitzte auf.
Und mir wurde klar, was ich da für eine blödsinnige, gefährliche Sache vorhatte.
Aber es war mir egal. Ich ließ das Streichholz fallen.
Das Feuer fasste sofort nach den trockenen Papiertüchern und sprang von einem zum anderen. Wie ich es im Pfadfinderlager gelernt hatte, blies ich auf die kleinen Flämmchen, bis sie hoch aufloderten und immer mehr Papier erfassten, und aus dem kleinen Rauchfaden wurde eine dicke, schwarze Wolke, die sich im ganzen Klo ausbreitete. Als ich kaum noch Luft bekam, zählte ich bis drei, riss dann die Tür auf und brüllte: »Feuer! Feuer!« Erst waren die Leute wie erstarrt, aber dann sahen sie die dicke, beängstigende Rauchwolke, die hinter mir aus der Tür quoll, und plötzlich gerieten alle in Bewegung. Einige fingen an zu schreien, jemand löste den Alarm aus, der nun laut aufheulte, und ein paar der Gäste rannten zur Tür, während andere auf mich zukamen. Ein nervöser Angestellter hantierte mit einem Feuerlöscher, stolperte und ließ das Ding fallen, das nun seinen schleimigen Inhalt über den Fußboden verteilte, eine Kellnerin rutschte aus und fiel hin, und ich sprang über sie hinweg und hielt auf den Ausgang zu, als mich ein stählerner Griff am Arm packte.
»Moment mal!«, rief der Polizist. »Halt!«
»Lassen Sie mich los!«, gab ich zurück und versuchte, ihn abzuschütteln.
»Was ist hier los?«, fragte er. »Hast du etwa …?«
Und dann schrie jemand anders laut um Hilfe. Der Restaurantleiter zerrte verzweifelt am Ärmel des Cops, der sich nun entscheiden musste, ob er sich um mich oder um einen echten Notfall kümmern wollte. Ich konnte an seinem Gesicht ablesen, zu welchem Schluss er kam, und dann ließ er mich los und lief zur Toilette. Ich wandte mich um und schob mich durch die Menge, kämpfte mich mit den Ellenbogen bis auf den Bürgersteig und rannte auf die Straße, weil ich unbedingt schnell in den Lincoln springen wollte.
Und dann erfasste mich das Feuerwehrauto.
Ich hatte es so eilig gehabt, dass ich gar nicht gesehen hatte, wie es über den Jackson Boulevard heranraste.
Ein lautes Hupen und kreischende Bremsen waren das Letzte, was ich hörte, bevor um mich herum alles schwarz wurde.
Als ich wieder zu mir kam, lag ich in einem Krankenwagen auf einer Trage; um meinen Kopf war ein Verband. Ich setzte mich auf, die Welt schwankte heftig, und ich erbrach mich auf den Fußboden. Der Schmerz an der linken Seite meines Kopfes war so heftig, dass ich aufstöhnte und vorsichtig nach der Stelle tastete, bis ich fühlte, wie er direkt gegen meine Finger pulsierte. Mein Ohr war noch dran, und das war schon mal gut, und auch mein Gesicht schien noch ganz zu sein, aber nur gerade eben so. Jetzt kehrte ein Bruchteil der Erinnerung zurück – wie ich im letzten Augenblick den Kopf wandte und den blitzenden, verchromten Seitenspiegel vom Löschfahrzeug sah, und wie es sich anfühlte, als er mit Schwung gegen mein Gesicht knallte, als der rote Wagen an mir vorüberrauschte. Ich betrachtete durch die Fenster des Krankenwagens, was sich draußen abspielte – Feuerwehrmänner rannten ins Lou Mitchell’s, tropfende Schläuche ringelten sich über die Straße, Blaulicht blinkte oben auf dem Löschzug und an einigen Polizeiwagen. Ich fühlte mich plötzlich schrecklich schuldig. Als ob ich aus einem Traum erwachte, wurde mir klar, dass ich das alles ausgelöst hatte, nur weil mich die Paranoia gepackt hatte.
Paranoia, das wusste ich aus dem Gesundheitskunde-Unterricht, ist eine von Angst und Anspannung hervorgerufene Täuschung, die Menschen überkommen kann, die sich bedroht fühlen.
Vielleicht, überlegte ich, waren die Cops in dem Diner gar keine Cops gewesen.
Sondern nur ganz normale Leute, die in Ruhe frühstücken wollten.
Vielleicht hatte meine Paranoia einen besorgten Polizisten, der ganz unschuldig einen Kaffee trank und der mir nur hatte helfen wollen, völlig unberechtigt in einen Feind in blauer Uniform verwandelt.
Ich rutschte zur Tür hinüber, die von außen abgeschlossen war, und sah prompt besagten Polizisten aus dem Lou Mitchell’s in meine Richtung kommen. Er blieb kurz stehen und sprach mit einem Sanitäter, deutete dabei
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