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Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. M. Goeglein
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gelangt war, an der ich vor so langer Zeit aufgeregt und verwirrt über meinen ersten Kuss in die Backstube gestürmt war und melodramatisch verkündet hatte, in den Ofen hineinkriechen zu wollen.
    Ich erinnerte mich, dass mein Vater und Großvater auf eine seltsame Weise überreagiert hatten, die mir damals komisch vorkam, aber die jetzt eine seltsame Bedeutung bekam.
    Ich erinnerte mich auch, dass Onkel Buddy über die Reaktion der beiden ziemlich verwirrt gewesen war, und dass er ganz offensichtlich keine Ahnung hatte, wovon sie sprachen.
    Dann tauchte in meinem Traum meine Lehrerin in Englischer Literatur, Miss Ishikawa, auf.
    Sie schritt vor einer Klasse auf und ab und sprach über ein Thema, das eigentlich langweilig gewesen wäre, wäre ihre eigene Begeisterung nicht immer so ansteckend gewesen.
    Mandi Fishbaum hörte auf, ihre Nägel zu polieren, Walter J. Thurber schob sich das Haar aus der Stirn, Gina hörte auf zu flüstern und Doug schob sein Laptop beiseite, als Miss Ishikawa mit großen Gesten von der brutalen, dramatischen Welt der römischen Götter erzählte.
    Jupiter war ihr Oberhaupt, der Herrscher über den Himmel und den Donner.
    Seine Gattin Juno war die Göttin des Römischen Reichs.
    Gemeinsam zeugten sie einen missgestalteten kleinen Jungen, der sich schließlich zum berühmtesten Pyromanen der zivilisierten Welt entwickelte.
    Als ich auf meinem Feldbett auf dem Rücken lag und an die Decke starrte, fiel mir der Name dieses Sohnes wieder ein, der eines Tages zum Gott des Feuers werden sollte.
    Er war in Großbuchstaben auf die Tür des Backofens geprägt.
    Vulcan.

12
    Wie eine Horde Ameisen, die über einen Karamellkeks herfällt, nahm mein Verstand immer wieder das auseinander, was ich nun wusste, knabberte daran, kaute und verdaute es.
    Während ich Willy gegenübersaß und Tee trank, bewegten sich meine Augen im Einklang mit einem sprunghaften Gedankengang, der immer wieder zum gleichen Punkt führte, dem Ofen in der Backstube. Am Ende des langen Samstags, an dem ich mich im Windy City Gym versteckt hielt, war mir klar, dass ich keine andere Wahl hatte, als allein in die Bäckerei zu gehen. Schon jetzt hatte ich Willy viel zu tief mit hineingezogen, und deswegen sagte ich ihm nicht, was ich auf dem Band der Minikamera gesehen hatte. Sonst hätte er darauf bestanden, mitzukommen und mir zu helfen, und ich konnte den Gedanken nicht ertragen, dass ihm etwas passieren könnte – dem einzigen Menschen, den ich jetzt noch hatte.
    Mein Plan sah vor, mich vor Tagesanbruch am Sonntag aus dem Boxstudio zu schleichen.
    Erst viel später fiel mir ein, dass ich mein Date mit Max verpasst hatte.
    Vielleicht hatte er Sonntagmittag vor dem Davis Theater gewartet und immer wieder auf die Uhr geguckt, oder vielleicht war er auch allein in den Film gegangen und hatte bei Ten Seconds To Zero mitgezählt, bis die Welt in die Luft flog.
    Meine eigene Welt konzentrierte sich so sehr auf diesen eisernen Ofen, der das flammende Zentrum des Unternehmens Rispoli & Sons darstellte, dass selbst der Gedanke an Max seltsam entfernt schien, wie ein Luxus, den ich mir nicht leisten konnte, aber trotzdem sehr gern gehabt hätte. Jetzt war keine Zeit dafür, sagte mein Verstand, aber mein Herz war anderer Meinung und setzte immerzu ein paar Schläge aus, wenn sein Name ins Spiel kam, und diese Diskrepanz zwischen Logik und Begehren führte dazu, dass ich dennoch dauernd an ihn denken musste.
    Am allermeisten beschäftigte mich aber Vulcan.
    Am frühen Sonntagmorgen, als es draußen noch dunkel war, kletterte ich aus dem Krähennest herab. Harry winselte anhaltend und ließ erkennen, dass er zumindest ansatzweise zu seiner normalen, selbstbewussten Natur zurückfand, und daher legte ich ihn mir wieder über die Schultern und nahm ihn mit. Er hatte die letzten vierundzwanzig Stunden kein Blut mehr gehustet und war, wenn auch ein wenig schwach, immerhin wieder auf den Beinen. Leise tappte er hinter mir durchs Studio, und als ich »sitz« flüsterte, als wir vor Willys Wohnung standen, gehorchte er. Ich öffnete geräuschlos die Tür, schlich hinein und entdeckte die Schlüssel für den Lincoln an einem Messinghaken. Als ich sie an mich nahm, hörte ich hinter mir ein leises Brummen. Willy schnarchte auf dem Sofa, die Brille auf die Stirn geschoben, eine Hand auf der Brust, während die andere locker herabhing, ein langes Stahlrohr in Griffweite. Ich wusste, dass er ein wirklich harter Kerl war; ich hatte ihn gegen Jungs

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