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Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. M. Goeglein
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gibt, als entwaffnet zu werden, und niemand verdiente eine solche Erniedrigung mehr als dieser dienstbeflissene Beamte. Daher zog ich seine Pistole aus dem Halfter und wollte schon zur Tür, als ich einen Kugelschreiber und ein Klemmbrett mit leerem Papier entdeckte. Es dauerte nur wenige Sekunden, eine Nachricht hinzukritzeln und sie ihm ans Hemd zu stecken. Ich bin ein dreckiger Bulle, der fünf Riesen dafür kassieren will, dass er Teenager entführt. Und hey, wo ist meine Knarre? Dann stieg ich vorsichtig aus dem Krankenwagen. Doug hat uns kürzlich einen Film aus dem Jahr 1970 gezeigt, Little Big Man , der rund um 1880 im Wilden Westen spielt. Ziemlich am Schluss greifen Soldaten ein Dorf der Cheyenne an, und ein alter Indianerhäuptling, der sich selbst für unsichtbar hält, schreitet durch das Chaos, ohne dass ihn irgendjemand beachtet.
    Genauso fühlte ich mich.
    Um mich herum tobte ein fürchterliches Durcheinander, während ich mich Schritt für Schritt zum Lincoln hinüberbewegte.
    Scheinbar unbemerkt hob ich das gelbe Flatterband und stieg ins Auto.
    Erst, als ich Harry beruhigt hatte und den Zündschlüssel ins Schloss steckte, hörte ich, wie jemand »Hey!« rief und ich den nächsten blau uniformierten Cop vor mir hatte, jünger als der erste und mit entschlossenerem Gesichtsausdruck. Seine Uniform spannte sich straff über seinem sehnigen Körper, und er nahm die verspiegelte Sonnenbrille ab, als er sich nach Terminator-Manier vorbeugte, um mich und das Auto in Augenschein zu nehmen. Ich zog mir die Mütze weiter über den bandagierten Kopf und kurbelte dann zögernd das Seitenfenster herunter. Er guckte in den Lincoln, betrachtete sich den Wagen ganz genau, und dann löste sich ein breites Grinsen aus seinem steinernen Gesichtsausdruck, als er sagte: »Was hat denn dieses Zuckerstück für ein Baujahr? 1964?«
    »Sie meinen den Wagen?«, fragte ich. »Äh … 1965.«
    »Mann, so schöne Autos werden heute einfach nicht mehr gebaut. Blech, Chrom und ein so starker Motor, dass er auch einen Hubschrauber starten würde.« Er verschränkte die Arme und zog eine Grimasse. »Heute gibt es dafür diesen ganzen Hybrid- und Elektro-Kram. Das ist doch was für Warmduscher. Da sind mir die guten, alten amerikanischen Schlachtschiffe doch viel lieber. Verstehen Sie, was mich meine?«
    »Oh, na klar«, sagte ich und ließ den Wagen an.
    Sein Gesicht wurde wieder steinern, und er sagte: »Hey, hey, hey, jetzt mal langsam. Wo wollen Sie denn jetzt hin?«
    »Äh … weg?«
    Er grinste wieder. »Aber doch nicht ohne zu zeigen, was bei diesem Baby hier an PS unter der Haube steckt.«
    »PS?«
    »Ihr Sanis … ihr seid immer so verdammt vorsichtig«, sagte er und schüttelte den Kopf. »Komm schon, Schätzchen, lassen Sie diese Schönheit mal richtig durchstarten! So, dass die Reifen quietschen!«
    »Oh. Okay«, sagte ich, trat das Gaspedal bis zum Bodenblech durch und schoss kreischend vom Bürgersteig und auf den Jackson Boulevard. Im Rückspiegel sah ich, wir mir der Polizist seine beiden erhobenen Daumen zeigte. Ich drückte zum Abschied noch einmal auf die Hupe und überfuhr eine rote Ampel, so sehr pulste das Gefühl von Freiheit durch meine Adern. Als ich den Chicago River überquerte, kurbelte ich das Seitenfenster herunter und schleuderte die Pistole des Polizisten in das verschwiegene braune Wasser.
    Die meisten Leute betrachten Wahnvorstellungen als etwas Schlimmes und nehmen Pillen, damit sie wieder aufhören.
    Mir allerdings hatte meine Paranoia gerade den Hals gerettet.
    Ab sofort war ich bereit, ihr mein Leben anzuvertrauen.

13
    Der zweitbeste Weg, irgendwo hineinzukommen, ist ein mit großer Vorsicht durch eine Glasscheibe gerammter Ellenbogen.
    Der beste Weg ist eine Tür, es sei denn, man weiß nicht, wer oder was vielleicht dahinter lauern könnte.
    Es gab zwei Türen, die in die Bäckerei von Rispoli & Sons führten, aber ich wollte keine der beiden benutzen.
    Nun fuhr ich schon zum dritten Mal am Geschäft vorbei und sah zu dem Neonschild hinüber, das unerleuchtet an der Wand hing, während das Innere des Ladens grau in der Morgensonne lag. Zwar hatte ich niemanden gesehen – keine Spur von der Polizei oder von Onkel Buddy –, aber das hieß nicht, dass sie nicht trotzdem vielleicht in der Nähe waren und die Eingangstür mit der fröhlichen Glocke aus einem Seitengässchen beobachteten. Oder, schlimmer noch – vielleicht lauerten sie im Gebäude und warteten nur darauf, dass sich die Tür

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