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Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. M. Goeglein
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weiterzumachen.«
    »Aber mein Schatz«, sagte sie, und ihr Lächeln verblasste, »wenn du nicht nach uns suchst, wer tut es dann?«
    »So müde …« Meine Augenlider flatterten.
    »Sara Jane«, sagte sie, und ihre sonst so ruhige Stimme klang so drängend, dass ich nicht anders konnte, als ihr zuzuhören. »Wenn du nicht nach uns suchst«, sagte sie und rollte sich auf dem Stuhl vor dem Bett zusammen, »dann werden wir vielleicht niemals gefunden.«
    »Okay, Mom, ist ja gut«, sagte ich und gähnte wieder. »Ich suche weiter. Aber jetzt muss ich erst mal schlafen, okay?«
    Ihr Lächeln war wieder da. »Du bist so ein starkes Mädchen …«
    Hinter ihren Worten erklang eine andere, warnende Stimme: »Ein nettes Mädchen, aber sie sollte sich in Acht nehmen in Wien …«
    Meine Mutter sagte: »Aber du musst dich in Acht nehmen in Chicago …«
    Dann ertönte wieder die Stimme: »Jeder sollte sich in Acht nehmen, in einer solchen Stadt.«
    »Jeder«, wiederholte meine Mutter und strich mir wieder über die Wange, »jeder muss sich in Acht nehmen in einer solchen Stadt.«
    Ihre sanfte Berührung weckte mich, und blinzelnd sah ich zu dem Bademantel, der über der Stuhllehne hing. Hinter mir murmelte eine Stimme, und ich wandte mich wieder dem Fernseher zu. Der dritte Mann, den Filmhatte ich schon so oft mit Lou gesehen, dass mir sofort einfiel, wie der Mann in der Szene hieß – Popescu. »Jeder sollte sich in Acht nehmen, in einer solchen Stadt«, sagte er mit ernster Stimme. Ich sah wieder zum Bademantel und ließ mich dann auf das Daunenkissen sinken. Dieses Mal hätte ich auch dann nicht aufhören können zu weinen, wenn ich gewollt hätte; der blaue Wasserfall, den ich hinuntergestürzt war, schenkte mir einen Strom von Tränen. Es war später Dienstagnachmittag, und der Luftzug der Klimaanlage bewegte die Vorhänge leicht und ließ goldene Tupfer Sonnenlicht über die Decke tanzen. Das Zimmer war so wunderschön und gemütlich, so trostlos und einsam, dass es sich wie das Ende eines Lebens anfühlte. Am liebsten wäre ich aufgestanden, hätte meine wenigen Habseligkeiten gepackt und meine verzweifelte Reise nach Nirgendwo sofort wieder fortgesetzt, aber mein Körper fühlte sich an wie gelähmt.
    Ich versuchte, einen Arm zu heben, aber er bewegte sich nicht.
    Dann versuchte ich, ein Bein anzuziehen, aber es blieb einfach liegen.
    Und so wandte ich mich nach innen meiner Einsamkeit zu und weinte, bis ich das Bewusstsein verlor.
    Als ich erwachte, war der rechteckige Flachbildschirm die einzige Lichtquelle im Zimmer und leuchtete wie ein geheimes Portal von der Wand herüber. In der Hoffnung auf eine Antwort wandte ich den Blick dorthin, sah einen Mann, der sich wild über Politik ereiferte, bis er ganz rot im Gesicht war, und dann schaltete ich das Gerät aus.
    Es gab so wenige Antworten.
    Und so viele Fragen.
    Niemand konnte mir helfen, nur ich selbst.
    Die nächsten vergessenen Stunden schlief ich, kam wieder zu mir und schlief wieder ein. Irgendwann rang ich mich dazu durch, beim Zimmerservice einen Snack zu bestellen und nuschelte etwas in den Telefonhörer, um gleich wieder alles rückgängig zu machen, schlurfte dann über den Teppich, um im Marmorbad aufs Klo zu gehen und kroch wieder ins Bett. Vielleicht wäre ich noch viel länger in diesem halb weggetretenen Zustand verharrt, hätte nicht mein Mobiltelefon geklingelt und mich aus dem Nebel herausgelockt. Es war, als ob es eine Ewigkeit vor sich hin summte, aber ich war so weit entfernt von einem auch nur ansatzweise wachen Zustand, dass ich mich nicht dazu aufraffen konnte, den Anruf entgegenzunehmen. Als es wieder verstummte, blinzelte ich schwerfällig und öffnete die Augen. Sonnenlicht drang grell durch die Vorhänge. Mit Mühe setzte ich mich auf und schwang die Beine aus dem Bett, wobei es sich anfühlte, als ob sie jemand anderem gehörten. Mit dem Handrücken rieb ich mir den Schlaf aus den Augen und hatte keine Ahnung, welcher Tag inzwischen sein mochte; es interessierte mich auch nicht. Es war, als ob jemand mein ganzes Ich durch einen riesigen Fleischwolf gedreht hätte, um es dann mit klatschenden Schlägen wieder in irgendeine Form zu bringen.
    Das, was ich gerade durchgemacht hatte, war nicht direkt ein Nervenzusammenbruch.
    Eher hatte man mich gründlich in meine Einzelteile zerlegt, sie dann gesäubert und geölt und mich dann völlig neu zusammengesetzt.
    Zwar fühlte ich mich noch immer nicht gut, im Gegenteil, aber immerhin hatte ich

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