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Colin-Saga 01 - Der Mond der Meuterer

Colin-Saga 01 - Der Mond der Meuterer

Titel: Colin-Saga 01 - Der Mond der Meuterer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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gekommen, dass alles, was der Colonel ihm über diese Imperialen hier erzählt hatte, ganz und gar der Wahrheit entsprach. Seit er bei der Gruppe ›Schwarzes Mekka‹ eingeführt worden war, hatte al-Nasir sich an irrationales Verhalten in jeder Form gewöhnt. Extremismus, Hass, Gier, Sadismus, Fanatismus, Größenwahn, das Fehlen jeglichen Respekts einem Menschenleben gegenüber … das alles kannte er, und hier erkannte er etwas ganz Ähnliches. Nicht ganz so deutlich, mit Knurren und gefletschten Zähnen, aber vielleicht war es genau deswegen noch bösartiger. Und diese Leute hier hielten sich selbst tatsächlich für eine völlig eigenständige, unabhängige Spezies, einfach nur wegen der künstlichen Erweiterungen ihrer Körper … und ihrer Fähigkeit, die Terrageborenen zu quälen und zu töten.
    Diese Ausstrahlung von ›Alter‹, in Jahren kaum messbaren Alters, die diese wunderschönen Gesichter besaßen, war erschreckend; und al-Nasir war froh darüber, hier nirgends Kinder zu sehen. Die Vorstellung, was aus einem Kind werden müsste, das in dieser vergifteten Atmosphäre aufwuchs, drehte ihm schlichtweg den Magen um, und sein Magen hatte schon viel ertragen und ließ sich inzwischen alles andere als leicht umdrehen.
    Gemächlich krümmte er die Finger der Hand, die immer noch entspannt neben ihm lag, und streichelte geistesabwesend über die Sitzfläche der Bank; seine Lider sanken ein wenig herab, während er dem Plätschern und Rauschen des Springbrunnens lauschte, und die Bewegungen seiner Finger wurden noch langsamer, als verlangsamten sich in seiner Entspannung sogar gerade die trägen Gedanken, die diese Bewegung erst ermöglichten.
    Dann berührten seine Fingerspitzen einen winzigen, kaum merklichen Punkt, den Nachrichten-Chip, und er streckte den Zeigefinger eine Winzigkeit weiter aus. Der Chip glitt unter seinen Fingernagel, war jetzt verborgen von der dünnen Hornschicht, und auf al-Nasirs Gesicht zeichnete sich nicht einmal die Spur eines triumphierenden Lächelns ab. Wenn der Colonel sich getäuscht hatte, was Ninhursag betraf, so war er jetzt ein toter Mann. Doch auch bei diesem Gedanken ließ er sich nicht das Geringste anmerken.
    Noch ein wenig länger ließ er seine Hand über die Bank streichen, dann legte er den Unterarm entspannt auf die Armlehne. Jede einzelne Faser seines Leibes schrie danach, sofort aufzustehen und so schnell wie möglich diesen Übergabetreffpunkt zu verlassen. Das hier jedoch war ein Spiel, das al-Nasir schon oft genug gespielt hatte, und so setzte er sich noch bequemer auf die Bank.
    Ungefähr eine Stunde, dachte er. Ein kurzes, erholsames Nickerchen, ganz unschuldig, ganz in der Öffentlichkeit, und dann konnte er gehen. Nun schloss er die Augen ganz, sein Kopf sackte zurück, und Abu al-Nasir begann zu schnarchen.
    Träumend lag die Stadt La Paz unter dem silberweißen Mond, und die Straßen leerten sich zusehends, während Shirhansu, die am Fenster stand und hinausschaute, ihr aschblondes Haar kämmte.
    Selbst noch nach all den Jahren fiel es ihr schwer hinzunehmen, dass diese bleiche Hand wirklich zu ihr gehörte, dass diese wasserblauen Augen, die sie aus jedem Spiegel anschauten, wirklich ihre Augen waren. Es war ein wunderschöner Körper, viel hübscher als der, mit dem sie geboren worden war. Doch damit war für alle sichtbar, dass sie nicht zum Inneren Zirkel gehörte. Andererseits fiel sie Terranern, die das Aussehen der Imperialen für außergewöhnlich hielten, nicht mehr sofort ins Auge, und das mochte von unschätzbarem Wert sein.
    Shirhansu seufzte und schob das Energiegewehr, das sie auf dem Schoß hielt, ein wenig zur Seite, und wieder einmal wünschte sie sich, sie hätte eine Kampfpanzerung anlegen dürfen. Selbstverständlich kam das nicht in Frage. Tarnfelder konnten ja vieles bewirken, doch wenn der Gegner ungepanzert vorging oder, was noch schlimmer wäre, ausschließlich Terrageborene einsetzte, dann würde es schwer werden, feindliche Annäherungen rechtzeitig zu entdecken; und Panzerungen, wie sorgsam man sie auch zu verbergen versuchte, konnten mit Leichtigkeit auch von Personen, die keine derartigen Rüstungen trugen, aufgespürt werden, und das lange, bevor ihre eigenen Scanner-Teams die Gegner würden orten können. Also musste sie sich auf das Notwendigste beschränken.
    War das ein dämlicher Einsatz! Sie war froh, dass sie dafür eingeteilt worden war, und nicht für einen dieser anderen, noch dämlicheren Einsätze – sie war

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