Colin-Saga 01 - Der Mond der Meuterer
»Die müssen doch wissen, dass Anu dir nicht vertraut – oder hast du sie angelogen, was diesen Punkt betrifft?«
»Nein, hab ich nicht«, gab Ramman knapp zurück. »Und selbst, wenn ich es ihnen nicht erzählt hätte, dann hätten sie es doch daran gemerkt, wie lange ich draußen war.«
»Dann müssen sie auch von Jantus Plänen erfahren haben, sämtliche Codes zu ändern, sobald erst einmal alle ›nicht vertrauenswürdige Personen‹ wieder draußen sind.«
»Das weiß ich auch , verdammt noch mal! Jetzt hör mir doch einfach zu, im Namen des Schöpfers! Die wollten nicht, dass ich die Codes hinausschaffe! Ich sollte sie nur für irgendjemand anderen deponieren! Einen der Degenerierten!«
»Beim Zerstörer!«, flüsterte Ganhar. Möge der Schöpfer sie verdammen, aber das alles ergab durchaus Sinn! Wenn die einen ihrer eigenen Degenerierten hier hatten einschleusen können, dann ergab das Ganze in sehr verwegenem, vielleicht sogar tollkühnem Maße Sinn! Sie waren schrecklich in der Unterzahl, doch wenn sie das Überraschungsmoment auf ihrer Seite hätten … Und damit ergab auch ihre ganze restliche Angriffskampagne Sinn! Den Feind in die Enklave zurücktreiben … sich dann die Codes beschaffen … sie hinausschaffen und dann zuschlagen, bevor Anu und Jantu die Codes wieder ändern konnten … das war schlichtweg brillant!
»Und warum erzählst du mir das gerade jetzt?«, wollte er wissen.
»Weil die damit niemals durchkommen werden! Aber wenn sie es versuchen, dann wird Anu wissen, dass irgendjemand ihnen die Codes verschafft hat, und ich werde dann einer derjenigen sein, die deswegen umgebracht werden!«
»Und du glaubst, ich würde dagegen irgendetwas unternehmen können? Du bist ja noch törichter, als ich gedacht habe, Ramman!«
»Nein, hör mir zu! Ich habe darüber nachgedacht, und es gibt eine Möglichkeit«, fuhr Ramman hektisch fort. »Eine Möglichkeit, von der wir beide profitieren können!«
»Wie denn? Nein, warte mal, ich glaube, ich weiß es schon! Du erzählst es mir, ich fange deren Kurier ab, und dann geben wir das ganze als Spionageabwehrmaßnahme aus, stimmt's?«
»Genau!«
»Hmmmmmm.« Ganhar starrte wieder seine Holokarte an, dann schüttelte er den Kopf. »Nein, es gibt noch eine bessere Möglichkeit«, sagte er dann langsam. »Du machst einfach weiter und lieferst die Codes ab. Wir lassen die wirklich die Codes kriegen, und dann erwarten wir sie – alle in Kampfpanzerungen, mit unserer gesamten Ausrüstung! Dann erledigen wir sie ein für alle Mal!«
»Ja! Ja!«, begeisterte sich Ramman.
»Sehr nett«, entschied Ganhar und versuchte sich vorzustellen, was nach einem derartig überwältigenden Triumph wohl geschehen würde. Die Besatzung der Nergal wäre endlich ausgeschaltet, doch selbst wenn er, Ganhar, aus dieser Schlacht als Held hervorginge, würde sein Leben immer noch an einem seidenen Fädchen hängen, denn Inanna wusste ganz genau, wie er über den ›Chief‹ dachte. Vielleicht wusste sogar Anu selbst das längst. Und ihm ging dieser andere Gedanke wieder durch den Kopf: Wie sehr ihn sein Handeln mittlerweile anekelte! Ganhar wusste immer noch nicht, was die Besatzung der Nergal dazu bewogen haben mochte, mit ihren Angriffen überhaupt erst einmal anzufangen, selbst wenn er jetzt wusste, wie sie diese Kampagne zu Ende zu führen hofften. Doch wenn Ramman und er sie einkesselten, dann konnten sie den langen, stets im Verborgenen ausgefochtenen Krieg endlich beenden. Es würde keine Notwendigkeit mehr bestehen, weiter Unschuldige abzuschlachten … nicht, dass es nicht immer noch genug Kirinals und Girrus gab, um einfach nur aus Spaß damit immer weiterzumachen …
»Wann sollst du die Codes deponieren?«, fragte er schließlich.
»Hab ich schon«, gab Ramman zu.
»Ich verstehe«, meinte Ganhar und nickte geistesabwesend, während er eine Schublade seines Schreibtisches öffnete. »Ich bin froh, dass du mir davon berichtet hast! Dann kann ich endlich etwas unternehmen, was sich effektiv auf unsere Lage auf diesem Planeten auswirkt, Ramman, und ohne deine Hilfe wäre mir das niemals gelungen. Ich danke dir!«
Seine Hand zuckte aus der Schublade hervor, und Ramman riss entsetzt den Mund auf, als er die kleine, aber leistungsstarke Energiepistole sah. Sein Mund stand so lange offen, bis Ganhar den Schädel seines Gegenübers mit einem Schuss zu einer unkenntlichen Masse verschmolz.
Buch Vier
Kapitel Zwanzig
Jiltanith und Rohantha nahmen
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