Colin-Saga 01 - Der Mond der Meuterer
Zeit für sich selbst erkannt, dass einer der Gründe dafür, zur Navy zu gehen und später zur NASA zu wechseln, der gewesen war, dass er tief in seinem Innersten schon immer diesen Verdacht gehabt hatte, er sei jeder Herausforderung gewachsen und habe das dringende Bedürfnis, das auch zu beweisen. Und nun schau mal, wohin dich das gebracht hat!, dachte er mit einem schiefen Grinsen. Er hatte Blut und Wasser geschwitzt, um der Prometheus-Mission zugeteilt zu werden, nur um dann feststellen zu müssen, dass er in ein viel größeres Spiel eingestiegen war, als er es sich jemals hätte träumen lassen. Doch jetzt lagen die Einsätze auf dem Tisch – und was es noch so alles an Klischees dafür gab.
»Also gut, Dahak«, seufzte er schließlich. »Ich geb auf! Ich nehme den verdammten Job.«
»Ich danke Ihnen, Kommandant«, erwiderte Dahak sofort, und MacIntyre erschauerte.
»Ich habe gesagt, dass ich ihn nehme, aber das bedeutet nicht, dass ich weiß, was ich damit jetzt anstellen soll.«
»Dessen bin ich mir bewusst, Commander. Meine Sensoren melden mir, dass Sie sich derzeit dringend ausruhen müssen. Wenn Sie wieder zu Kräften gekommen sind, dann können wir Sie vereidigen und mit Ihrer Ausbildung und Ihrer biotechnischen Behandlung beginnen.«
»Und was bitte«, fragte MacIntyre besorgt nach, »ist diese ›biotechnische Behandlung‹?«
»Nichts Nachteiliges, Commander. Das Programm für Brückenoffiziere umfasst leistungssteigernde Sensoren, Neuralzugänge für unmittelbare Computer-Schnittstellen, Authentifizierungs-Muster für die Befehlsgewalt, einen Flotten-Kommunikator und biosensorische Implantate, Skelettverstärkungen, Muskel- und Gewebeerweiterungen und Standard-Hygiene-, Immunisierungs- und Gewebeerneuerungsbehandlungen.«
»Jetzt warte aber mal 'nen Moment, Dahak! Ich bin mit mir selbst eigentlich ganz zufrieden, so wie ich bin!«
»Kommandant, selbst wenn ich gebührend berücksichtige, dass es Ihnen an Erfahrung und an Weitblick mangelt, muss ich doch anmerken, dass diese Aussage schlichtweg nicht der Wahrheit entsprechen kann. In Ihrem derzeitigen Zustand wären Sie kaum in der Lage, ein Gewicht von einhundertfünfzig Kilogramm anzuheben, und ich würde selbst unter optimalen Bedingungen Ihre Lebenserwartung auf höchstens ein terranisches Jahrhundert schätzen.«
»Ich könnte …« MacIntyre stockte, und dann schienen seine Augen geradezu zu leuchten. »Dahak?«, fragte er dann nach einer kurzen Pause. »Wie sieht denn die Lebenserwartung für deine Besatzungsmitglieder aus?«
»Die durchschnittliche Lebenserwartung der Flottenangehörigen liegt bei Fünf Komma Sieben Neun Drei terranischen Jahrhunderten«, beantwortete Dahak die Frage mit ruhiger Stimme.
»Ohm …«, lautete MacIntyres geistreiche Entgegnung.
»Selbstverständlich, Kommandant, habe ich, wenn Sie darauf bestehen, keine andere Möglichkeit als auf die biotechnischen Aspekte Ihrer Ausbildung vollständig zu verzichten. Ich muss aber bei allem Respekt darauf hinweisen, dass für den Fall, dass Sie sich in ein Handgemenge mit einem der Meuterer begeben, Ihr Gegner in etwa das Achtfache Ihrer eigenen Körperkraft besitzen wird und ein um das Dreifache gesteigertes Reaktionsvermögen, und dabei verfügt er über eine Skelettmuskelstruktur und ein Kreislaufsystem, das in etwa elfmal so viel Schaden vertragen kann wie Ihr eigener Körper.«
MacIntyre kniff die Augen zusammen. Das Wort ›biotechnisch‹ passte ihm ganz und gar nicht. Das klang nach chirurgischen Eingriffen, nach Krankenhausaufenthalten und ähnlich unschönen Dingen. Andererseits … ja, allerdings … andererseits …
»Na, also schön, Dahak«, meinte er schließlich. »Wenn du dann zufrieden bist! Ich meine, ich wollte sowieso wieder ein bisschen was für meine Figur tun.«
»Ich danke Ihnen, Kommandant«, entgegnete die Dahak , und falls da tatsächlich ein Hauch von Selbstgefälligkeit in der an sich freundlichen Stimme des Computers mitschwang, dann beschloss der amtierende Leitende Flottenkapitän Colin MacIntyre, dreiundvierzigster Kommandant des Schiffes Dahak der Imperialen Flotte, Kennung 177291, das zu ignorieren.
Kapitel Fünf
Mit einem wohligen Seufzen ließ sich MacIntyre in das heiße, sprudelnde Wasser gleiten; dann lehnte er sich gegen den an seine Körperformen angepassten Rand des Pools und schaute sich in seiner Unterkunft um. Na gut, der Unterkunft des Kommandanten. Er vermutete, es sei durchaus angemessen, jemandem, der
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