Colin-Saga 01 - Der Mond der Meuterer
Sein Lächeln war ohne jede Spur von Belustigung. »Aber die Tatsache, dass Sie jetzt hier sind, Colonel, lässt mich vermuten, dass Sie mehr getan haben, als sich lediglich Sorgen zu machen?«
»Das ist richtig.« Der Colonel holte tief Luft und hielt Colins Blick geradewegs stand. »Ein Mensch, der einen Beruf wie den meinen ausübt, hat nur wenig Sinn für reine Himmelfahrtskommandos, aber ich habe mich das ganze letzte Jahr über immer wieder mit einem Worst-Case -Szenario befasst – sozusagen einem ›Weltuntergangs-Szenario‹ – und die ganze Zeit über versucht, einen Ausweg zu finden – und vielleicht ist mir das jetzt gelungen. Es ist zutiefst erschreckend, und ich habe es immer mehr als den letzten Strohhalm erachtet, an den man sich würde klammern können, und nicht als etwas, das in die Tat umzusetzen ich würde versuchen wollen. Tatsächlich hätte ich das auch niemals überhaupt zur Sprache gebracht, wenn Sie nicht von den Achuultani berichtet hätten. Das Klügste wäre es, abzuwarten, bis sich die Wogen ein wenig geglättet hätten, Sie dann an Bord der Dahak zu schaffen und den Mistkerl Anu anschließend an zwei Fronten gleichzeitig anzugreifen – oder wenigstens einen zweiten Suppressor auf die Erde hinunterzuschaffen. Aber die Zeit, das Klügste zu tun, die haben wir nicht, oder?«
»Nein, die haben wir nicht«, bestätigte Colin, mit ruhiger, aber tonloser Stimme. »Also darf ich annehmen, dass Sie mir von dieser Möglichkeit, wie wir Anu würden schlagen können, berichten wollen, die Sie sich zurechtgelegt haben?«
»Jawohl. Statt darauf zu warten, dass die Wogen sich glätten und sich alles ein wenig abkühlt, heizen wir das Ganze weiter an.«
»Hmmm?« Langsam lehnte Colin sich zurück – sein Sessel knarrte ein wenig – und zupfte an seiner Nasenspitze. »Und warum würden wir das tun wollen, Colonel?«
»Weil wir den Gegner vielleicht – nur vielleicht – werden ausschalten können, ohne die Dahak überhaupt einzusetzen«, erwiderte der Colonel.
Niemand, so sinnierte Colin, während er zuschaute, wie der Rat in Reih und Glied auf dem Kommandodeck aufmarschierte, konnte Hector MacMahan vorwerfen, er würde in zu kleinem Maßstab denken. Allein schon in Erwägung zu ziehen, einen derart gefährlichen Gegner anzugreifen, erforderte immense Kühnheit; doch es schien, als hätte der Colonel die Chuzpe mit Löffeln gefressen. Und wer weiß? Vielleicht funktionierte sein Plan ja sogar!
In angespanntem Schweigen hatten die Mitglieder des Rates Platz genommen, und nun verschränkte Colin die Hände hinter dem Rücken und straffte die Schultern, spürte ihre fragenden Blicke und sinnierte darüber, wie gut sein Verhältnis zu ihnen wirklich sein mochte. Sie kannten einander jetzt kaum einen Monat, und er wusste, dass einige von ihnen ihn nicht mochten und ihn fürchteten. Das konnte er ihnen auch nicht vorwerfen; er hatte ja auch immer noch seine Zweifel, was sie betraf, obwohl er inzwischen nicht mehr daran zweifelte, dass sie es alle ernst und ehrlich meinten. Nicht einmal bei Jiltanith.
Er dachte an die junge Frau und musste sich ein Lächeln verkneifen, als ihm klar wurde, dass auch er von ihr jetzt als ›junge Frau‹ dachte, obwohl sie mehr als doppelt so alt war wie er. Sogar noch viel älter, wenn man die Zeit mitzählte, die sie in Stasis verbracht hatte. Doch das Bedürfnis zu lächeln erstarb sofort, als er in die Gesichter dieses besonderen Ratsmitglieds blickte. Es war ihr inzwischen gelungen, dafür zu sorgen, dass nicht mehr blanker Hass in ihr Gesicht geschrieben stand. Doch ihr Blick war immer noch verschlossen; sie kam ihm in keiner Weise entgegen, sie ließ in keiner Weise eine Annäherung zu.
In mancherlei Hinsicht hätte er es vorgezogen, sie von dieser Besprechung auszuschließen und ebenso von allen Entscheidungsfindungsprozessen, doch das ging nicht. Sie war zwar jung, aber sie war auch die oberste Nachrichtenoffizierin der Nergal , und damit war sie offiziell der imperiale Kollege von MacMahan, und in gewisser Weise sogar seine Vorgesetzte.
Colin hätte jemanden von ihrer hitzigen Wesensart nicht gerade für eine Meisterspionin gehalten, doch als er im Beisein einiger Ratsmitglieder eine entsprechende Bemerkung machte, hatten ihre Reaktionen ihn immens überrascht. Deren absolutes Vertrauen in ihr Urteilsvermögen war beinahe schon erschreckend, vor allem, da Colin wusste, wie sehr Jiltanith ihn, Colin, ablehnte. Doch als er Einblick in die entsprechenden
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