Colin-Saga 03 - Die Erben des Imperiums
Surmal in unbändigem Zorn fort, doch Corada hob die Hand.
»Warte, Bruder! Vielleicht hat Frenaur nicht ganz Unrecht.« Der Großinquisitor starrte ihn mit weit aufgerissenem Mund an, und der alte Mann fuhr mit sehr nachdenklicher Stimme fort: »Gott weiß, welchen Gefahren wir gegenüberstehen. Würde Er nicht erwarten, dass wir alles tun, was in unserer Macht steht, selbst vorzugeben, wir würden mit Dämonen in Verhandlungen treten, um die Zeit zu gewinnen, sie letztendlich doch vernichten zu können?«
»Euer Exzellenz«, gab Surak mit sanfter Stimme zu bedenken, »ich bezweifle, dass die Ketzer in eine derartige Falle tappen würden. Ihre Informationen sind teuflisch präzise. Sie würden davon erfahren, sobald wir neue Streitkräfte aufmarschieren ließen, und sie würden reagieren, bevor wir das würden tun können, und – vergebt mir, meine Herren, aber ich muss es noch einmal wiederholen – selbst wenn wir alle unsere Kräfte zusammennähmen, fürchte ich, könnte deren Armee uns besiegen, wenn wir gegen sie in die Schlacht ziehen.«
»Wartet! Wartet, Fürstmarschall!«, murmelte Vroxhan, und seine Gedanken rasten. »Vielleicht ist das Gottes Antwort auf unsere Gebete«, sagte er langsam und bedächtig, und dann wurde sein Blick auf einmal klar, und er schaute geradewegs Surak an. »Ihr sagt, wir können diesen ›Erlaucht Sean‹ nicht auf dem Feld besiegen, Fürstmarschall?«
»Nein, Eure Heiligkeit«, antwortete der Soldat mit schwerer Stimme.
»Dann liegt die Antwort vielleicht darin, ihm nicht dort entgegenzutreten«, erklärte Vroxhan leise, und sein Lächeln war sehr kalt.
Kapitel Sechsunddreizig
»Das klingt zu schön, um wahr zu sein.« Unruhig lief Sandy im Kommandozelt auf und ab, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, und ihre Miene wirkte äußerst besorgt.
»Wieso?«, gab Tamman zurück. »Weil es genau das ist, worauf wir seit Wochen hoffen?«
»Weil das überhaupt nicht zu allem anderen passt, was sie bisher gemacht haben, seit dieser ganze Schlamassel hier angefangen hat!«, schoss sie hitzig zurück.
»Vielleicht nicht, Erlaucht«, bemerkte Stomald, »aber es passt sehr wohl zu den Befehlen, die sie an ihre Kommandeure weiterleiten. Vielleicht haben die Boten von Erlaucht Sean Vroxhan endlich dazu gebracht, Vernunft anzunehmen.«
»Hmm.« Sandy stieß ein äußerst unzufriedenes Grunzen aus, und Sean setzte sich wieder in seinen Klappstuhl. Er war ebenso skeptisch wie sie, trotzdem hatte Stomald Recht: Ihre Fernsonden hatten aufgeschnappt, dass der ›Tempel‹ allen Befehlshabern aufgetragen hatte, keine militärischen Bewegungen mehr zu unternehmen, sondern an Ort und Stelle zu bleiben, bis anders lautende Befehle einträfen. Fürstmarschall Surak hatte effektiv jede Streitmacht außerhalb von Aris selbst zum Halten veranlasst, und das war eine echte Kehrtwendung, gemessen an seinen bisherigen Bemühungen, so viele Männer wie irgend möglich geradewegs an die Front zu schleusen.
Sean streckte den Arm aus und griff über den Tisch hinweg nach dem mit kunstvollen Initialen geschmückten Brief des ›Tempels‹ und las ihn erneut mit großer Sorgfalt.
»Ich muss Stomald und Tam Recht geben«, meinte er schließlich. »Es klingt echt, und alles, was wir bisher haben beobachten können, stützt die Annahme, dass sie es wirklich ernst meinen.«
»Vielleicht. Aber wir haben auch nicht alles beobachten können, nicht wahr?«, schoss Sandy zurück. Ihr Blick wanderte zu Tibold hinüber, der einzigen Person in diesem Zelt, die nicht die Wahrheit über die Herkunft der ›Engel‹ und ›Ersten Krieger‹ kannte – und den Grund, warum sie den ›Tempel‹ nicht selbst und unmittelbar ausspionieren konnten. Sean nickte in diesem Moment unglücklich. Aber, verdammt noch mal, es hing doch alles zusammen, und er war es wirklich sterbensleid, immer weitere Armeen armer Teufel abzuschlachten, die doch nur Spielbälle in den Händen des ›Tempels‹ waren!
»Tibold?« Er schaute den Ex-Gardisten an. »Du bist der Einzige, der im ›Tempel‹ gelebt oder deren Oberkommando mit eigenen Augen gesehen hat. Was glaubst du?«
»Ich weiß es nicht, Erlaucht«, gab Tibold unumwunden zu. »Ebenso wie Erlaucht Sandy halte ich dieses Angebot für zu schön, um wahr zu sein. Aber sie haben alle Gepflogenheiten eingehalten. Sie haben sicheres Geleit zugesagt. Sie haben Geiseln für den Austausch angeboten, um die Sicherheit unserer Unterhändler zu garantieren. Sie haben sich sogar
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