Colin-Saga 03 - Die Erben des Imperiums
wich einer einen Schritt zu weit zurück, ein weiterer ließ seine Pike einfach fallen und lief davon, und die Malagoraner stürmten mit erneuerter Wildheit voran, als sie spürten, wie sich das Blatt zu wenden begann.
Die Offiziere der Garde taten alles, was sterblichen Menschen nur möglich war, doch sterbliche Menschen konnten einen derart wilden Ansturm nicht aufhalten, und was langsam eingesetzt hatte, wurde jetzt eine Lawine, schneller wurde diese und schneller. Ein zögerliches Zurückweichen wurde zu einem Rückzugsgefecht, dann zu einer wilden Flucht, und die Malagoraner rollten über jeden Mann, der noch die Stellung zu halten versuchte, einfach hinweg, während andere sich Meter um blutigen Meter die Treppenstufen auf der Innenseite der Mauer hinaufkämpften. Die letzten Pikeniere, von all ihren Kameraden im Stich gelassen, ergriffen die Flucht, und die brüllende Malagoraner-Armee stürmte in die Stadt.
Zweihundert Mann der Zwölften Brigade waren noch in der Lage, Teil dieses Sturms zu sein.
»Wir sind durch die Tore, Erlaucht Sean!«, schrie Tibold in den Kommunikator. »Wir sind durch die Tore!«
»Ich weiß, Tibold.« Sean schloss die Augen, und Tränen strömten ihm über die Wangen, denn er war mit Brashans Gruppenantennen im Orbit verbunden. Der Rauch und all das Chaos machten es unmöglich, aus der Umlaufbahn genaue Details auszumachen, selbst nicht mit Hilfe imperialer Optiken. Sean aber brauchte keine Details, um zu wissen, dass Tausende seiner Männer gefallen oder verwundet waren.
»Pass auf, Tibold!«, war jetzt Harriets Stimme zu vernehmen. »Die Männer, die ihr gerade in die Flucht geschlagen habt, sind jetzt ihrer Verstärkung begegnet. Jetzt kommen zehn- oder zwanzigtausend frische Truppen auf euch zu, und die Überlebenden vom Tor sammeln sich!«
»Lasst sie nur kommen!«, rief der Ex-Gardist. »Wir haben die Tore eingenommen. Die können uns nicht mehr aus ihrer Stadt hinaustreiben, und in einem offenen Kampf nehme ich es noch jeden Tag mit denen auf, Erlaucht Harry!«
»Sean, zu euch stoßen auch weitere Männer vor«, warnte Harriet ihren Bruder.
»Ich seh sie, Harry.«
»Haltet durch, Erlaucht Sean!«, rief Tibold mit drängender Stimme.
»Das werden wir!«, versprach Sean grimmig und öffnete die Augen wieder. »Sag es weiter, Folmak! Die kommen von Osten und von Westen.«
»Was geschieht, Fürstmarschall?«, fragte Vroxhan gereizt, als ein keuchender Bote Surak eine Nachricht überreichte. Der Fürstmarschall überflog sie, dann zerknüllte er sie in der geballten Faust.
»Die Ketzer haben die Stadttore eingenommen, Eure Heiligkeit!«
»Gott wird unsere Männer stärken!«, versprach Vroxhan.
»Ich hoffe, Ihr habt Recht, Eure Heiligkeit«, gab Surak grimmig zurück. »Oberhauptmann Therah meldet, dass die Ketzer mindestens zweitausend Mann verloren haben, und sie stürmen immer noch weiter, nehmen sich nicht mal die Zeit, sich neu zu formieren. Es will mir scheinen …«, er blickte den Hohepriester geradewegs und unumwunden an, »… dass ihr Zorn über diese List sogar noch größer ist, als wir erwarten hatten.«
»Wir haben im Namen Gottes gehandelt, Fürstmarschall!«, fauchte Vroxhan. »Wagt es nicht, Gottes Willen in Frage zu stellen!«
»Ich stelle nicht Seinen Willen in Frage«, erwiderte Surak mit einem gefährlichen Unterton. »Ich stelle lediglich fest, dass Männer, die über einen Verrat erbost sind, Dinge zu vollbringen in der Lage sein können, die anderen nicht gelingen! Unsere Verluste werden gewaltig sein, Eure Heiligkeit.«
»Dann sind sie eben gewaltig!« Vroxhan blickte ihn finster an, dann hieb er zähnefletschend die Faust auf eine Karte des Tempels. »Was ist mit den Anführern dieser Ketzer?«
»Dort erfolgt jetzt gerade ein neuer Angriff, Eure Heiligkeit.«
Die steinernen Wände des Artillerie-Depots dienten allein dessen Sicherheit, sie stellten keine ernst zu nehmenden Verteidigungsanlagen dar. Im Norden und Süden hatte die Mauer zwei breite Tore, doch Folmaks Männer hatten Schießscharten in die Wände geschlagen, die Tore mit Pflastersteinen und Protzen verbarrikadiert und die erbeuteten Arlaks in Position geschleppt, um die Schießscharten auch zu nutzen. Auch das kam einer richtigen Befestigungsanlage nicht gleich, aber es war immer noch ungleich besser, als in den Straßen der Stadt oder auf einem der Plätze in einen offenen Kampf zu gehen.
Die überlebenden Gardisten des letzten Ansturms hatten das
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