Colin-Saga 03 - Die Erben des Imperiums
rennen.
Ein Flammenvorhang wallte ihnen von der Mauer aus entgegen, zwanzig Kanonen spien über eine Entfernung von nicht einmal dreihundert Metern Kartätschen in dichten Formationen. Hunderte von Männern gingen zu Boden, als ein halbes Pfund Schrot ihnen entgegenpeitschte, doch die anderen stießen tote Kameraden im Laufen beiseite, und dank ihrer Schnelligkeit kamen sie rasch genug in die Nähe der Mauer, sodass die Läufe der Kanonen nicht mehr weit genug abgesenkt werden konnten, um erneut auf sie zu feuern, bevor die Verteidiger nachgeladen hatten. Musketiere der Garde beugten sich weit über die Zinnen, lehnten sich so weit hinaus, dass sie fast senkrecht in die Gruppe Malagoraner feuern konnten, die sich am Fuß der Mauer versammelten. Artillerie feuerte erneut auf die Gegner, die hinter der ersten Sturmreihe im Laufschritt herankamen, doch sechs ganze Gewehrschützen-Regimenter bestrichen jetzt ihrerseits die Brustwehr. Dutzende Garde-Musketiere wurden getroffen, und auch Artilleristen fielen, als Kugel um Kugel durch die Schießscharten drang. Neuer Rauch verwandelte das Morgenlicht in das Zwielicht der Hölle selbst, Männer schrien und fluchten und starben, und die blutüberströmten Bataillone der Zwölften Brigade stürmten gegen das durchlöcherte äußere Tor.
Massive, geborstene Holzbalken brachen unter dem Ansturm der Männer und stürzten herab, erschlugen Dutzende und begruben weitere unter sich, doch die Zwölfte stürmte weiter. Aus den Guss-Erkern kam kein siedendes Öl, doch Gardisten feuerten Joharns und Pistolen in die beißende, rauchgefüllte Szenerie des Schreckens ab, zu der dieser Tunnel geworden war. Das zweite Tor stand noch, zu durchlöchert, um noch lange zu halten, aber noch stabil genug, um den Ansturm der Zwölften einen Augenblick zu verlangsamen, und weitere neunzig Männer waren gefallen, als es endlich nachgab.
Die Zwölfte stürmte weiter, getrieben von einem blutrünstigen Zorn, der weit jenseits jeglicher geistiger Klarheit lag, immer weiter vorangepeitscht durch die Männer, die hinter ihnen anrückten, und sie gerieten in einen Wirbelsturm aus Musketenfeuer, als sie endlich durch das dritte und letzte Tor gestürmt kamen. Arlaks bellten, rissen sie aus weniger als sechzig Metern Entfernung mit Schrapnellen in Stücke, und Männer glitten aus und stürzten auf blutglitschigem Stein, als die Brigade aus dem Torbereich herausbrach. Männer feuerten im Laufen ihre Gewehre ab, stürmte immer noch voran und krachten dann wie ein blutiger, sterbender Hammer geradewegs in die auf sie wartenden Piken.
Der Schwung ließ die Gardisten taumeln. Ihre längeren Waffen verliehen ihnen bei diesem geraden Ansturm einen immensen Vorteil. Doch die Malagoraner rannten immer weiter gegen sie an, und mehr und mehr von ihnen kamen aus dem Tunnel geströmt. Sie überwältigten die vorderen Reihen der Piken, begruben diese unter ihren eigenen Leibern, und unter der betäubenden Wildheit dieses Ansturms wich die Garde zurück – erst einen Schritt, dann einen weiteren. Sie kämpften hier nicht gegen Menschen: Sie kämpften gegen eine Naturgewalt. Für jeden Malagoraner, den sie töteten, kamen zwei weitere vorangestürmt, und jeder von diesen angreifenden Wahnsinnigen feuerte auf kürzeste Entfernung sein Gewehr ab, bevor er mit dem Bajonett zustieß. Hinter ihnen steckten weitere Männer lange Lunten in Brand, und mit Schießpulver gefüllte, eiserne Handgranaten wurden durch die rauchverhangene Luft geschleudert und detonierten mitten in den Reihen der Garde.
Hier und dort brach deren Front bereits auf, und sofort stürzten sich Malagoraner in die Breschen, stießen mit ihren Bajonetten zu, rissen Männer aus den Flanken in den Tod, noch während die heranstürmende Reserve der Garde sie ihrerseits erschlug. Die Flutwelle heulender Ketzer nahm überhaupt kein Ende , und die Gardisten begannen, über die Schulter hinweg Ausschau nach der Verstärkung zu halten, die man ihnen versprochen hatte.
Weitere Malagoraner kamen aus dem Tunnel und mehr und immer mehr. Der Raum zwischen der Mauer und den Piken war jetzt eine einzige, massive Menschenmasse, jeder kämpfte sich voran, um wenigstens einen Gardisten zu töten, bevor er selbst fiel. Die Verluste waren in überwältigendem Maße zugunsten der Garde unausgewogen. Nur schienen die Malagoraner bereit, jegliche Verluste hinzunehmen, und schließlich begann die Front der Pikeniere zu brechen. Hier stürzte ein Mann schreiend zu Boden, dort
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