Collection Baccara 0283
Mutter hat mir befohlen, heute mit dir zum Dinner zu erscheinen“, erinnerte er sie mit einem schiefen Lächeln. „Aber wenn es dir lieber ist, sage ich ab.“
„Nein. Ich würde die Einladung gern annehmen.“
„Bist du dir sicher? Ich liebe meine Mutter ja von ganzem Herzen, aber ich muss zugeben, dass sie manchmal etwas aufdringlich sein kann. Ich fürchte, sie wird dich mit ihren vielen Fragen nerven.“
„Oh, da mach dir mal keine Sorgen.“ Sabrina lachte. „Ich habe schon in der Kindheit gelernt, mich gegen meinen herrschsüchtigen Vater durchzusetzen. Da werde ich mit den Fragen deiner Mutter doch spielend fertig.“
Marco ließ sich hinters Steuer gleiten und blickte Sabrina nachdenklich an, während er den Motor startete. „Ihr scheint ja ein kompliziertes Verhältnis zu haben. Erzähl mir von deinem Vater.“
„Ja. Irgendwann mal.“
Aber nicht jetzt, wenn die Sonne wie ein glutroter Ball im Meer zu versinken schien. Nein, im Moment wollte Sabrina den Blick auf die Bucht von Neapel genießen und die Nähe dieses aufregenden Mannes, über den sie ja noch viel zu wenig wusste.
„Mir wäre es lieber, wenn du während der Fahrt etwas über eure Familie erzählst. Damit ich ein paar Informationen habe, bevor ich deine Mutter treffe.“
„Natürlich. Mein Vater starb, als ich vier Jahre alt war. Ich erinnere mich kaum noch an ihn. Ich habe eine Schwester, Anna-Maria. Sie ist Künstlerin, arbeitet vorwiegend mit Bronze und lebt in Paris. Ihr Mann ist ebenfalls Künstler. Von dem könntest du schon mal gehört haben … Etienne Girard?“ „Ja! Vor einigen Jahren habe ich eine seiner Ausstellungen besucht. Seine Skulpturen sind … faszinierend.“ „Sehr.“ Marco grinste. „Ich überlege ständig, was mir diese seltsamen Gebilde aus verrostetem Eisen sagen wollen.“
„Und deine Mutter?“
„Ah, Mama .“ Sein Lächeln wurde zärtlich. „Sie ist eine echte Neapolitanerin und könnte sich nicht vorstellen, irgendwo anders zu leben. Ihr Vater war Abgeordneter im Parlament dieser Region. Aber die Camorra hat ihn umgebracht, weil er sich für die Bekämpfung des organisierten Verbrechens eingesetzt hat. Man hat ihn vor seiner Haustür niedergeschossen.“
„Wie furchtbar“, murmelte Sabrina.
„Nach seinem Tod hat meine Mutter seine politische Arbeit fortgeführt. Auch sie war Abgeordnete im Parlament, bis sie meinen Vater geheiratet hat. Seitdem nutzt sie ihren Titel und ihren Einfluss in der Gesellschaft, um ärmeren und benachteiligten Mitbürgern zu helfen.“
„Klingt ganz so, als sei sie eine bemerkenswerte Frau.“
„Das ist sie auch“, erwiderte Marco liebevoll.
>Sabrina lehnte sich entspannt zurück. Nun freute sie sich schon richtig darauf, die Mutter des Mannes kennenzulernen, der sie mehr und mehr faszinierte.
7. KAPITEL
Auf der kurzen Fahrt von Sorrento nach Neapel hatte Marco ein bisschen über die Geschichte der Adelsfamilie erzählt.
Ihr Stammsitz war eine Burg gewesen, die in den Ausläufern der Apenninen stand. Der erste Herzog di San Giovanti hatte seinen Titel im Jahre 1523 erhalten und sich im Gegenzug verpflichtet, die damals reiche Handelsstadt vor feindlichen Angriffen zu schützen.
Darum lebte die Familie seit über dreihundert Jahren im Herzen Neapels in einem Palazzo.
Der Weg dorthin führte durch enge, von Autos verstopfte Straßen. Es wurde laut gehupt und gedrängelt, was das Zeug hielt, aber Marco blieb die Ruhe selbst. Na ja, er war an dieses Chaos gewöhnt.
Und Sabrina störte es nicht, dass sie nur im Schritttempo vorankamen. So konnte sie sich diesen alten Stadtteil genauer ansehen. Hier herrschte ein lebhaftes Treiben. Passanten eilten umher, Straßenhändler boten ihre Ware an. Es gab Restaurants, Fischhändler, Kunsthandwerker, Cafés, kleine Läden.
Mehrstöckige Wohnhäuser reihten sich aneinander, auch in den schmalen verwinkelten Seitengassen. Überall hing Wäsche zum Trocknen draußen, an jeder Hauswand flatterten Handtücher, Oberhemden und andere Wäschestücke – wie farbige Wimpel.
Außerdem waren die Gassen mit bunten Weihnachtsgirlanden geschmückt. Und quer über dieser Straße hingen Transparente, die verkündeten, dass anlässlich der Fiesta di San Silve stro ein Rockkonzert mit großem Feuerwerk stattfinden sollte.
„In diesem Viertel leben so viele Menschen“, sagte Sabrina. „Hier geht’s Silvester bestimmt hoch her, oder?“
„Ja.“ Marco warf einen Blick in die dunklen Seitengassen. „Es ist immer
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