Collection Baccara 0283
dachte ich das auch. Aber glaub mir, die Ähnlichkeit ist rein oberflächlich.“
„So?“ Die ältere Dame musterte Sabrina mit abschätziger Miene und meinte kühl: „Ich muss zugeben … ich war erstaunt zu hören, dass mein Sohn einen Gast in seiner Villa beherbergt. Ich hoffe, Sie erholen sich gut von Ihrem bedauerlichen Unfall?“
Sabrina sträubten sich die Nackenhaare. Denn wie die Herzogin das Wort „Unfall“ betont hatte, sagte alles. Anscheinend dachte sie, die Amerikanerin wäre absichtlich vor den Augen ihres Sohnes am Steilhang gestürzt, um sich den reichen attraktiven Don Marco di Calvetti zu angeln.
Ob es tatsächlich Frauen gab, die so ausgebufft waren? Na, sie jedenfalls nicht.
Sie war ziemlich enttäuscht. Mit neugierigen Fragen hatte sie ja gerechnet, aber nicht mit diesem unfreundlichen Empfang, und schon gar nicht mit derart gemeinen Unterstellungen.
Trotzdem … Sabrina wollte sich nichts anmerken lassen und beschloss, höflich zu bleiben.
„Ja, danke, Exzellenz“, erwiderte sie freundlich. „Ich erhole mich sehr gut in Positano. Ein paar Tage lang werde ich wohl noch diesen Gehstock benötigen, aber der verstauchte Knöchel macht mir kaum noch Probleme. Kein Wunder, Ihr Sohn ist ja auch ein hervorragender Arzt.“
Und ein noch besserer Liebhaber … Doch das behielt sie klugerweise für sich. Die Herzogin nickte. Dann führte sie die beiden in den westlichen Flügel des Palazzos.
„Ich war mir nicht sicher“, meinte sie an Sabrina gewandt, „ob Sie Treppen steigen können. Darum habe ich zum Dinner im Grünen Salon decken lassen, der sich im Erdgeschoss befindet. Es gibt hier unten auch einen Waschraum, gleich hier vorn.“ Sie deutete auf eine Tür. „Falls Sie den aufsuchen möchten.“
„Ja, das würde ich gern.“
„Wir warten im Salon auf dich“, sagte Marco. „Es ist der dritte Raum auf der linken Seite.“
Sabrina frischte schnell ihr Lipgloss auf und verließ den Waschraum wieder.
Während sie den langen Korridor hinunterhumpelte, warf sie einen Blick in die Räume zu ihrer Linken, denn die Türen standen weit offen. Im ersten sah sie Glasvitrinen, in denen antike Waffen zur Schau gestellt wurden. Es schien ein Museum zu sein.
Im zweiten Raum war eine Bibliothek. In hohen Schränken – durch Glastüren geschützt – standen hier jede Menge alter Bücher. Und viele große, in Leder gebundene dicke Wälzer. Darin befanden sich vermutlich die historischen Dokumente der Adelsfamilie Calvetti aus den vergangenen fünfhundert Jahren. Na, wenn Devon hier herumstöbern dürfte! Die wäre hin und weg. Sie hatte ja Geschichte studiert.
„… was weißt du über sie?“
Sabrina hörte die Frage der Herzogin, als sie auf die offene Tür des Grünen Salons zuhumpelte.
„Ich weiß genug, Mama.“
Die beiden sprachen Italienisch, doch so deutlich und langsam, dass Sabrina ohne Mühe folgen konnte. Und sicherlich ahnte niemand, dass sie im Anmarsch war. Denn ihre Ballerinas hatten weiche Sohlen und ihr Gehstock eine gummierte Spitze – darum schlich sie geradezu lautlos übers Parkett dieses Korridors.
„Du meinst, sie ist geschäftlich in Italien?“, fragte die Herzogin scharf.
„Ja. Sie ist Unternehmensberaterin und sucht an der Amalfiküste nach geeigneten Tagungsorten für ihre Klienten.“
Ich sollte mich wohl bemerkbar machen, dachte Sabrina. Lauschen war ja nicht die feine Art. Sie wollte sich auch gerade räuspern – doch beim nächsten Kommentar der Herzogin blieb sie reglos stehen, um zu horchen.
„Meine Sekretärin hat jede Menge an Informationen über Miss Russo aus dem Internet heruntergeladen. Und sollte auch nur die Hälfte davon der Wahrheit entsprechen, dann sucht diese Frau hier nach sehr viel mehr als nur einem Tagungsort.“
„Was willst du damit sagen?“
„Sie ist die Tochter von Dominic Russo, dem amerikanischen Multimillionär, dem das größte Medienunternehmen des Landes gehört. Er spendet jedoch auch sehr viel Geld für wohltätige Zwecke und hat dafür die Stiftung Russo gegründet.
Den Vorsitz dieser Stiftung hatte er seiner Tochter übertragen. Aber er muss sehr unzufrieden mit ihrer Arbeit gewesen sein. Er hat ihr den Posten wieder weggenommen. Und es gibt das Gerücht, dass er sie enterbt hat. Dass sie von ihm keinen einzigen Cent mehr bekommt.“
„Aha“, murmelte Marco. „Darum ist sie so entschlossen, sich im Geschäftsleben allein durchzusetzen. Sie will ihrem Vater beweisen, was in ihr
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