Collection Baccara 0283
steckt.“
„Vielleicht, vielleicht auch nicht. Hältst du es wirklich für einen Zufall, dass sie vor deinen Augen den Hang hinuntergestürzt ist?“
Okay, jetzt hatte Sabrina genug gehört. Sie humpelte durch die offene Tür.
Marco stand neben einer Anrichte, hatte vor sich ein Tablett mit diversen Flaschen und in der Hand einen silberfarbenen Mixbecher. Seine Mutter saß in einem der Sessel. Sie sah etwas schuldbewusst aus, als sie den Gast bemerkte, doch nur für einen winzigen Moment. Dann hob sie selbstbewusst das Kinn.
Sabrina lächelte sie unbefangen an. „Ihre Informationen über meine Familie sind korrekt, Exzellenz, bis auf einen Punkt. Mein Vater hat mir nicht die Leitung der Stiftung entzogen. Ich habe gekündigt.“ Sie sah zu Marco. „Bereitest du gerade Martinis zu? Falls ja, hätte ich gern zwei Oliven in meinem.“
„Zwei Oliven, bene“ , erwiderte er lächelnd, und das Funkeln in seinen Augen verriet Sabrina deutlich, dass er ihre Haltung bewunderte.
Seine Mutter schien da anderer Meinung zu sein. „Sollte ich Sie gekränkt haben, tut es mir leid, Miss Russo“, sagte sie mit eisiger Stimme. „Aber mir liegt das Wohl meines Sohnes am Herzen.“
„Was ich gut verstehe, Exzellenz. Ich nehme Ihnen auch gar nichts übel.“
„Und ich bin durchaus in der Lage, auf mich selbst aufzupassen.“ Marco reichte seiner Mutter ein Glas Martini. „Trotzdem danke ich dir für deine Fürsorge.“
Die Herzogin hob die Augenbrauen und schwieg für eine Weile.
Sie wurde erst wieder gesprächiger, als die drei am runden Esstisch Platz genommen hatten. „Ist es Ihre erste Reise an die Amalfiküste, Miss Russo?“, erkundigte sie sich. „Oder waren Sie schon mal in dieser Region?“
„Ja, während meines Studiums in Salzburg. Eine Freundin von mir studierte Geschichte. Mit ihr bin ich für ein Wochenende von Österreich nach Pompeji und Capri gefahren. Leider blieb uns keine Zeit, um weitere Orte zu besuchen.“
„Neapel kennen Sie also noch nicht?“
„Nein, Exzellenz.“
„Nennen Sie mich Donna Maria“, bat sie – obwohl es ja mehr nach einem Befehl klang.
„Gern. Wenn Sie mich Sabrina nennen“, erwiderte sie lächelnd.
„In unserer Galerie hängt ein Gemälde von Lorenzo de Caro.
Es stellt Neapel im 18. Jahrhundert dar. Ich würde es Ihnen gern nach dem Dinner zeigen.“
Während sie aßen, unterhielt sich die Herzogin recht freundlich mit Sabrina. Sie stellte interessierte Fragen zu ihrer Zeit in Salzburg und auch zu ihrer momentanen Arbeit. Nach dem Dessert bat sie ihren Sohn, sich einige Dokumente anzusehen, während sie den Gast in die Galerie führte.
Erst als sie vor dem Gemälde Lorenzo de Caros standen, begriff Sabrina, dass sie unter einem Vorwand von Marco weggelockt worden war.
Das Gemälde gefiel ihr. Es zeigte ein farbenfrohes Neapel aus dem 18. Jahrhundert, und sie sah es sich so aufmerksam an, dass sie die ruhige Frage der Herzogin fast überhört hätte.
„Was hat Ihnen mein Sohn über seine Frau erzählt?“
„Nur, dass sie bei einem tragischen Bootsunglück verstorben ist. Und sobald Marco mir mehr erzählen möchte, wird er es sicherlich tun. Aber ich möchte nicht hinter seinem Rücken über seine Ehe reden. Auch nicht mit Ihnen, Donna Maria.“
Die Herzogin zog die Augenbrauen hoch. „Sie sind eine junge Frau, die immer unverblümt ihre Meinung sagt, nicht wahr?“
„Ja, darum bemühe ich mich.“
„Dann werde ich ebenfalls so offen sein und Ihnen sagen, dass ich meinen Sohn sehr liebe und nicht möchte, dass er ein zweites Mal unglücklich wird.“
„Ich habe auch nicht vor, ihn unglücklich zu machen.“
„Vielleicht nicht absichtlich.“ Die Herzogin betrachtete Sabrina stirnrunzelnd. „Aber diese Ähnlichkeit mit Gianetta …“
„Sehe ich ihr denn wirklich so ähnlich?“
„Kommen Sie, und urteilen Sie selbst.“
Donna Maria führte Sabrina den Gang hinunter zu einem anderen Bereich der Galerie. Hier hingen lauter Porträts von Männern und Frauen. Und wie man an ihrer Kleidung erkannte, stammten diese Bilder aus unterschiedlichen Jahrhunderten. Die ältesten sicherlich aus dem Mittelalter. Dann war dies hier wohl die Ahnengalerie der Calvettis.
„Meine Eltern.“ Die Herzogin blieb vor einem Gemälde stehen, das eine gertenschlanke blonde Frau und einen Mann in Uniform zeigte. „Und hier sehen Sie meinen Mann und mich in unseren Hochzeitsgewändern.“
Der Maler hatte die beiden in der Blüte ihrer Jugend festgehalten. Die
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