Collection Baccara 0283
gefährlich, nachts durch die Altstadt zu gehen, aber besonders am letzten Tag des Jahres. Einige Neapolitaner pflegen nämlich unseren alten Brauch, kaputte Möbel aus dem Fenster zu werfen, um zu demonstrieren, dass man bereit ist, im neuen Jahr frisch durchzustarten.“
„Raus mit dem alten Kram, her mit den neuen Sachen?“
„Genau. Wir haben noch einen Brauch. Den könntest du gefahrlos mitmachen.“ Marco blickte Sabrina an. „Es soll Glück bringen, am Silvesterabend rote Unterwäsche zu tragen.“
Sein Lächeln war wieder mal sehr verführerisch. „Ich würde dich gern in roter Unterwäsche sehen. Und noch mehr würde ich es genießen, sie dir auszuziehen.“
Sabrina lachte. „Dann muss ich morgen die Läden stürmen. Ich brauche einen roten Slip und natürlich ein Abendkleid für den Silvesterball. Falls ich meinen Flug verschieben kann. Die Airline hat meine Umbuchung noch nicht bestätigt.“
„Es wird schon klappen.“
„Bei uns in den Staaten gibt’s auch solche Bräuche. Die kennst du wahrscheinlich aus deiner Zeit in New York. Am Neujahrstag essen wir Erbsen, erinnerst du dich?“
„Nein. Ich erinnere mich nur daran, dass im Fernsehen nonstop Fußball übertragen wurde. Oder das, was ihr Amerikaner Fußball nennt.“
„Und was ist mit den guten Vorsätzen fürs neue Jahr? Die man am Silvesterabend fasst und drei Tage später wieder aufgibt? Macht ihr Neapolitaner das auch?“
„Einige, ja. Ich nicht.“ Marco blickte sie von der Seite an. „Hast du denn schon gute Vorsätze fürs nächste Jahr?“
„Nein.“ Und diesmal würde sie sich auch nichts einfallen lassen. Es wäre doch pure Zeitverschwendung, über ihre Pläne fürs kommende Jahr nachzudenken.
Ihr Rückflug war für morgen Abend gebucht. Und selbst wenn die Airline ihre Umbuchung bestätigen sollte, blieben Sabrina nur noch wenige Tage mit Marco Calvetti. Darum wollte sie nicht über die Zukunft grübeln, sondern jede Sekunde mit diesem attraktiven Mann genießen.
Ja, daswarihr guter Vorsatz für dienächsten Tage– siewürde jeden Kuss, jede Zärtlichkeit, jeden Blick von ihm und jeden Moment auskosten, den sie in Marcos Armen liegen durfte.
In den Palazzo Calvetti verliebte sich Sabrina auf den ersten Blick.
Das wunderschöne alte Gebäude war drei Stockwerke hoch und mindestens fünfzig Meter breit. Die Fassade kunstvoll verziert, und Marmorsäulen trugen das Vordach über dem repräsentativen Eingang.
Marco parkte den Wagen in der Zufahrt. Dann führte er Sabrina die wenigen Stufen hinauf. Geräuschlos öffnete ein Butler die Tür.
„Ich habe Sie schon erwartet, Eccellenza .“ Er lächelte herzlich. „Willkommen zu Hause.“
„ Grazie , Phillippo. Dies ist Miss Russo, mein Gast.“
Der Butler starrte verblüfft auf ihr Gesicht, doch nur kurz, dann hatte er sich wieder gefangen. „ Buona sera , Madam.“
So langsam gewöhnte sich Sabrina daran, dass sie hier jeder erst mal sprachlos ansah. „Buona sera“ , erwiderte sie lächelnd.
„Ist meine Mutter in ihrem Salon?“, fragte Marco.
„Ja, Eccellenza . Sie hat mich gebeten, ihr Bescheid zu geben, sobald Sie eintreffen. Sie wird ins Erdgeschoss kommen.“
Während er an die Gegensprechanlage trat, schaute sich Sabrina im Foyer um. Es war mit glänzendem weißen Marmor gefliest. Farbenprächtige Gemälde zierten die Wände, und eine breite geschwungene Treppe führte in die oberen Stockwerke.
Sie war noch immer in ihre Betrachtungen versunken, als irgendwo eine Tür zugeschlagen wurde. Einen Moment später kam eine schlanke Dame mit silbergrauem Haar die Treppe herunter. Sie trug eine dunkle Hose und einen eleganten schwarzen Pullover.
„Marco!“
„Buona sera, Mama.“ Er beugte sich zu ihr, um sie auf beide Wangen zu küssen. „Wie geht es dir?“
„Bene. Molto bene.“ Die Herzogin strahlte ihren Sohn an.
Als ihr Blick auf seine Begleiterin fiel, verschwand ihr Lächeln jedoch abrupt. „Madre del Dio!“ , murmelte sie erschrocken.
Sabrina seufzte innerlich. Schon wieder hielt sie jemand für den Geist der verstorbenen Gianetta.
Marco tat so, als habe er nichts bemerkt. „Sabrina, darf ich dir meine Mutter vorstellen, Donna Maria di Calvetti. Mama, das ist mein Gast, Sabrina Russo.“
„Bitte verzeihen Sie, wenn ich Sie eben angestarrt habe“, entschuldigte sich die Herzogin in einem melodischen Englisch. „Es ist nur … Sie sehen aus wie …“
„Wie Gianetta“, beendete Marco ihren Satz ruhig. „Auf den ersten Blick
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