Collection Baccara Band 0250
„Ich meinte, Neil und ich haben nichts miteinander.“
„Oh.“ Ein Lächeln breitete sich auf Ethans Gesicht aus. „Dann ist ja alles gut! Du kannst ihm sagen, dass du ihn nicht mehr treffen wirst, denn von jetzt an sind wir beide zusammen!“
Claudias Herzschlag setzte kurz aus. „Im Moment, meinst du“, sagte sie. „Vorübergehend.“
„Nun, ja.“ Ethans Augen waren sanft und besorgt. „Ich tauge nicht für langfristige Beziehungen, Claudia. Das hätte ich dir vorher sagen sollen.“
„Dazu habe ich dir wohl keine Gelegenheit gegeben, oder? Ich habe dich total überfahren.“
„Ja, das hast du.“ Das Lächeln war wieder da. „Du bist absolut vollkommen, in jeder Hinsicht! Wer hätte je gedacht, dass ich eine heiße Affäre mit Mary Poppins haben würde?“
„Mary Poppins?“, fragte Claudia beleidigt.
„Du weißt doch, die Figur aus dem Kinderbuch! Die so vollkommen ist und immer alles in Ordnung bringt!“ Er gab ihr einen Kuss auf die Nase.
„Vielleicht ist dein Auto noch nicht abgeschleppt worden“, erwiderte sie. „Aber mach dir lieber keine Hoffnungen.“
„Vielleicht ist es ja noch da“, meinte er fröhlich. Er summte Tschaikowskys Ouvertüre 1812 , als er die Tür hinter sich schloss.
Claudia brauchte einen Moment, bis ihr die Bedeutung dieses Stücks klar wurde. Tschaikowsky hatte es geschrieben, um Napoleons Niederlage zu feiern. Wer, glaubte Ethan, hatte heute triumphiert – und wer hatte seiner Meinung nach verloren?
Lachend fiel sie auf ihr Sofa.
Ethan erreichte seinen Wagen knapp vor dem Abschleppdienst, der im Verkehr stecken geblieben war und deshalb so spät erst kam.
Ausnahmsweise meinte es das Schicksal gut mit ihm. Die ganze Zeit ertappte er sich dabei, dass er lächelte und vor sich hin summte. Es machte ihm nicht einmal etwas aus, dass er bei seinen Ermittlungen keine großen Fortschritte machte.
Der Tipp von seinem Informanten Boots war wertlos. Ethan fand bald heraus, dass Boots einen ganz anderen Norblusky gemeint hatte. Aber nicht einmal über die verschwendete Zeit und den vergeudeten Aufwand ärgerte er sich.
Am nächsten Nachmittag besuchte er seinen Onkel Thomas. Tante Adele schickte ihn in die Garage. Das wunderte Ethan nicht, denn er wusste, dass sein Onkel sich zur Ruhe gesetzt hatte, um sich ganz seinem Hobby zu widmen. Ethan hörte leise Motorengeräusche, als er vor der Seitentür der Garage stand. Er öffnete sie und sah Thomas Mallory inmitten seines Königreichs.
Vier Tische, bedeckt mit Bergen, Straßen und Häusern in Miniaturausgabe, standen um ihn herum. Hinter Onkel Thomas schnaufte eine kleine Lokomotive einen Hügel hinauf, kleine Rauchwölkchen drangen aus ihrem Schornstein. „Du hast schon wieder umgebaut“, stellte Ethan fest.
Onkel Thomas nickte lächelnd. Er war groß und dünn, graue Haarsträhnen lugten unter seiner alten roten Baseballmütze hervor. Wie immer sah es so aus, als würde ihm seine Lesebrille fast von der Nase fallen. „Was ist denn anders als beim letzten Mal?“, fragte er.
Ethan stöhnte. Wie jedes Mal. Onkel Thomas prüfte bei jeder Gelegenheit sein Gedächtnis, seit er ihn damals zum Detektiv ausgebildet hatte. „Detektivarbeit“, pflegte er zu sagen, „ist zur Hälfte Beobachtungsgabe und zur Hälfte eiserne Disziplin.“ Er hörte geduldig zu, während Ethan die Veränderungen aufzählte.
Ethan hatte es schon vor Jahren aufgegeben, gegen diese ständigen kleinen Prüfungen zu protestieren. „Das gibt mir das Gefühl, noch zu etwas gut zu sein“, hatte sein Onkel immer gesagt und wie ein trauriger alter Mann ausgesehen. Den traurigen alten Mann spielte Onkel Thomas ausgezeichnet, ebenso den Hilflosen und den gutmütigen Großvater. Der aufgebrachte Kunde war seine Glanzrolle. Er konnte jeden Typ verkörpern, den es gab. Der alte Mann konnte alles sein, was er sein musste, um sein Gegenüber zum Reden zu bringen.
„Alter Gauner“, murmelte Ethan.
„Na, na!“ Onkel Thomas’ Augen funkelten. „Was würde Tante Adele sagen, wenn sie dich hören könnte?“
„Dass ich euch nicht belauschen soll. Ich weiß genau, dass sie dich immer so nennt. Wie habe ich abgeschnitten?“
„Nicht schlecht. Allmählich wirst du ein ganz brauchbarer Beobachter. Aber du bist doch nicht hergekommen, um …“ Der alte Mann unterbrach sich und schob seine Lesebrille einen Fingerbreit nach oben. „Oh! Du hattest guten Sex!“
Ethan spürte, wie er rot wurde. „Komm schon! Das kannst du mir doch nicht
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