COLLECTION BACCARA Band 0259
vielleicht sein schwerster Fehler, dass er hinter dieser rein „geschäftsmäßigen“ Rebecca ihre andere Seite entdeckt hatte. Dass sie immer mehr dazu überging, praktische Jeans und Pullis zu tragen, die sehr viel mehr von ihrer verführerisch weiblichen Figur enthüllten als ihre strengen Kostüme, stachelte seine Fantasie zusätzlich an: Bildete er sich das nur ein, oder bewegte sie sich auf einmal auch ganz anders?
Als hätte er nicht schon genug im Kopf! Nein, da musste auch noch Kendra kommen und darauf bestehen, dass er irgendwelche Aufstellungen darüber ablieferte, wer im letzten Jahr wie viel Geld bekommen hatte. Man sollte annehmen, das hätte sie selbst in ihren Unterlagen vermerkt. Aber nein, alles blieb wieder einmal an ihm hängen und …
Jemand war im Büro.
Durch das Fenster sah er, dass die Tür zur Aktenkammer offen stand. Er nahm eine rasche Bewegung wahr. Einen Schatten. Einen schmalen dunkelhaarigen Schatten. Rasch schlich Luke sich hinaus und folgte dem Schatten.
Aber Rebecca war zu sehr in ihre Aufgabe vertieft, um etwas zu merken. Nicht einmal der leichte Windzug, als Luke die Tür hinter sich schloss, schreckte sie aus ihrer Lektüre auf.
„Darf ich fragen, was Sie hier zu suchen haben?“
„Oh!“ Sie fuhr herum und hätte fast ihren Aktenordner fallen lassen. Allerdings fasste sie sich in Rekordzeit, wie Luke zugeben musste. „Müssen Sie mich so erschrecken?“
„Die Tür stand offen.“
„Das ist kein Grund, sich so anzupirschen. Im Übrigen bin ich mit Kendras Erlaubnis hier.“
„Sie hätten hinter sich abschließen sollen“, erwiderte er schroff. „Sie haben meine Frage noch nicht beantwortet: Was haben Sie hier zu suchen?“
„Ach, ich schaue mir nur ein paar alte Aufzeichnungen an.“ Bildete sie sich etwa ein, dass er ihr das abnahm? „Tatsächlich steht hier, dass alle Unterlagen aus den Jahren vor 1975 sich in einem Lager befinden. Wenn Sie mir den Schlüssel geben, könnte ich mich dort umschauen und …“
„Warum?“
„Warum? Weil ich Sie nicht mehr belästigen möchte als unbedingt notwendig.“
„Warum Sie sich die alten Aufzeichnungen anschauen wollen.“
„Weil es mir ja vielleicht bei der Konzeption meines Programms hilft.“
Diese Frau konnte lügen, ohne rot zu werden! Ganz im Gegensatz zu ihm. Er bewegte sich fast unmerklich auf sie zu, und bevor sie noch registrierte, was er vorhatte, hatte er ihr schon die Akte entrissen.
Rebecca stieß einen überraschten Laut aus. „Sind Sie verrückt geworden?“
Er beachtete sie gar nicht, sondern fing an zu blättern. „Merkwürdig. Sie scheinen nur an früheren Angestellten mit indianischen Namen interessiert zu sein.“ Damit gab er ihr die Akte zurück. Rebeccas Augen blitzten auf, aber sie beherrschte sich. Sie wollte die Kammer verlassen, doch Luke wich keinen Zentimeter zur Seite, sodass der Fluchtweg versperrt war.
„Na schön. Sie wollen also wissen, wonach ich suche.“
„Ich gebe zu, dass ich neugierig bin.“
„Ich möchte wissen, ob einer dieser Namen vielleicht etwas mit mir zu tun hat – ob mein Vater und meine Mutter verheiratet waren.“ Das war immerhin schon ein großer Teil der Wahrheit. „Wahrscheinlich hat mich diese Umgebung hier auf die Idee gebracht, dass …“, sie unterbrach sich und strich sich nervös durchs Haar, „… dass ich möglicherweise indianische Vorfahren habe.“
Damit spielte sie offenbar auf ihre Haarfarbe und ihre dunklen Augen an.
„Und wenn es so wäre?“
„Nichts weiter. Ich bin einfach nur neugierig. Das ist doch wohl normal.“ Rebecca schwieg, und Luke bemerkte, wie es in ihr arbeitete. „Vielleicht finde ich meinen Vater ja, und dann würde ich ihn wahrscheinlich fragen, warum er meine Mutter verlassen hat“, fuhr sie fort.
„Es wundert mich, wie offen Sie darüber sprechen, nachdem Sie doch so viel Wert auf die Meinung anderer Leute legen.“
„Großmutter hat mir geraten, kein Geheimnis aus meiner unehelichen Herkunft zu machen. Sonst würde nur noch viel mehr geredet, und zwar hinter meinem Rücken.“
Es muss schlimm gewesen sein, ohne Vater aufzuwachsen, ihm vielleicht nie begegnet zu sein, dachte Luke. Er selbst war als Kind seinem Vater auf Schritt und Tritt gefolgt und hatte dabei alles gelernt, was man auf einer Ranch wissen musste. Das konnte ihm zumindest niemand nehmen.
„Wenn Sie mich jetzt entschuldigen wollen, Luke. Ich habe noch zu tun.“
Sie trat auf ihn zu, als könnte sie ihn allein mit ihrer
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