COLLECTION BACCARA Band 0259
Jungen vor, der müde und erschöpft den Unterricht über sich ergehen ließ, während seine Brüder draußen herumtollten.
„Da wir gerade beim Thema sind“, sagte er. „Dein Vater hat mich angerufen. Er möchte seine Geschäfte nach Bahania ausdehnen. Und von hier aus nach El Bahar und in den Mittleren Osten.“
Daphne war fassungslos. Ihr eigener Vater? Ihre Wangen brannten vor Scham. „Tut mir leid. Ich rufe gleich an, um ihm die Sache auszureden.“
Murat lehnte sich zurück. „Nicht nötig. Als mein Schwiegervater darf er eine gewisse Vorteilnahme erwarten. Ich gebe meinen Leuten Bescheid. Dann kann er mit ihrer Unterstützung hier arbeiten.“
„Wir sind gerade erst eine Woche verheiratet“, protestierte Daphne. Nach so vielen Jahren der Missachtung hatte ihr Vater es fast unanständig eilig, ihre Stellung zu seinem Vorteil zu nutzen. „Er hätte ruhig noch etwas warten können.“
„Vielleicht. Aber wenn du dich über jeden Menschen aufregen willst, der etwas von dir will, dann verschwendest du nur deine Zeit. Es bedeutet nichts, Daphne. Denk nicht mehr darüber nach.“
Für ihn mochte es bedeutungslos sein, aber ihr verursachte die Angelegenheit Magenschmerzen. Sie wollte nicht in einer Welt leben, in der sie von anderen benutzt wurde.
„Bist du dir je eines Menschen völlig sicher gewesen?“ Sie sah Murat ernst an. „Woher weißt du, ob jemand an dir interessiert ist oder nur daran, was er durch dich erreichen kann?“
„Manchmal ist die Situation von Anfang an klar. Es gibt Menschen, die sagen geradeheraus, was sie wollen, und ich entscheide dann, ob sie es bekommen oder nicht. Aber andere spielen ein Spiel.“ Er seufzte. „Früher bin ich nicht selten darauf hereingefallen. Auch auf Frauen, die mich davon zu überzeugen versuchten, dass ihre Liebe größer sei als das Universum. Dabei hatten sie es nur auf mein Geld und den Titel abgesehen.“
„Das war bestimmt nicht lustig.“
„Nein. Aber auf ein halbes Dutzend dieser Frauen kommt eine, die es ernst meint. Eine unbekümmerte junge Frau wie du, die nicht einmal ahnte, wer ich bin.“
Sie lächelte bei der Erinnerung. „Ich hatte wirklich keine Ahnung.“
„Ich weiß. Und als du dann Bescheid wusstest, wärst du am liebsten in die entgegengesetzte Richtung bis ans Ende der Welt geflüchtet.“
Ihr Lächeln schwand. „Und dann lief ich weg, und du hast nicht versucht, mich zu finden.“
Er schaute ihr in die Augen und blickte dann auf ihre linke Hand. „Du weigerst dich noch immer, den Ring zu tragen.“ Das war mehr eine Feststellung als eine Frage.
„Überrascht dich das etwa?“
„Nein, es enttäuscht mich.“
„Möchtest du wissen, wie ich mich fühle?“
„Sag’s mir.“
Ihre Miene wurde verschlossen. „Du hast mich hier eingesperrt und gegen meinen Willen geheiratet. Nicht gerade das Patentrezept für eine glückliche Ehe.“
„Wir sind jetzt Mann und Frau. Ich würde mich freuen, wenn du das Beste aus der Situation machst. Wer weiß, vielleicht wartet eine angenehme Überraschung auf dich?“
Sie beugte sich vor und sah ihn eindringlich an. „Murat, wann wirst du einsehen, dass es ein Fehler war? Wenn wir je die Chance hatten, zusammen glücklich zu werden, dann hast du sie durch dein Verhalten zerstört.“
Murat stand auf und zog sie auf die Füße. Zärtlich strich er ihr über die Wange. „Mit der Zeit wirst du die Vergangenheit begraben und nach vorn schauen. Ich habe Geduld. Ich werde warten. Und nun habe ich eine Besprechung.“ Er warf einen raschen Blick auf seine Uhr, ein kostbares Designerstück. „Zu der ich schon zu spät komme.“
„Ich nehme nicht an, dass man dich dafür rügen wird“, spottete sie.
„Nein, sicher nicht.“ Mit einem Kopfnicken deutete er auf die Kleiderständer. „Hättest du Lust, das alles hier für ein paar Tage hinter dir zu lassen?“
„Ist das denn möglich?“ Ihre Augen leuchteten hoffnungsvoll auf.
„Ja. Allerdings müsstest du dafür wieder auf ein Pferd steigen.“
„Kein Problem.“
„Gut. Dann sei morgen früh bei Tagesanbruch bereit. Du brauchst traditionelle Kleidung. Ich werde dir etwas Geeignetes schicken lassen.“
„Wohin geht denn die Reise?“
„Das ist eine Überraschung.“
Daphne verbrachte eine unruhige Nacht im Gästezimmer. Sie musste immer wieder an Murat denken, was nicht ungewöhnlich war, nur diesmal waren ihre Gedanken freundlicher Natur und nicht grollend wie sonst.
Vielleicht lag es daran, dass er sich heute
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