COLLECTION BACCARA Band 0259
wie ihr ein Kribbeln über den Rücken lief. Verlegen ließ sie ihre Hand sinken. „Entschuldigung, das geht mich eigentlich nichts an.“ Sie kramte in ihrer Handtasche nach Kleingeld. „Ich gehe mal eben telefonieren.“
„Wir sollten auch Aprils Eltern anrufen.“ Jared reichte ihr ein paar Münzen. „Hier.“
„Danke. Aprils Eltern wohnen im Osten, ungefähr dreitausend Meilen von hier. Es hat keinen Sinn, sie jetzt schon anzurufen. Sie könnten sowieso nichts tun.“ Sie ging zur Tür. „Bis gleich.“
„Es war eine Katze.“ Maren blieb stehen. „Diese Narbe.“ Jared trat neben sie. „Ich lag auf dem Boden und habe mit ihr gespielt. Mit einem Wollknäuel von meiner Mutter. Die Katze schlug danach und hat mich an der Lippe getroffen.“
Maren zuckte leicht zusammen, als könnte sie den Schmerz fühlen. „Au.“
Er musste lachen.
„Die Narbe ist wirklich kaum zu sehen“, sagte Maren.
„Aber Sie haben sie bemerkt“, erwiderte er amüsiert.
Sie überlegte, ob sie ehrlich zu ihm sein sollte. Warum eigentlich nicht? „Ich habe nach einem Schönheitsfehler gesucht.“
Irritiert zog er die Augenbrauen zusammen. „Wieso denn das?“
Weil sie nicht wollte, dass er perfekt war. Perfekt waren Leute wie Kirk. „Weil es einen menschlicher macht.“
Perplex sah er ihr nach, wie sie durch die Tür verschwand.
„Warten finde ich furchtbar“, seufzte Maren. Die Leute kamen und gingen, und sie warteten seit Stunden, ohne zu wissen, wie es April ging. „Ich will immer wissen, was los ist.“
Da haben wir etwas gemeinsam, dachte Jared. Vielleicht gab es ja noch mehr Dinge, die sie beide verbanden. Er legte die Zeitschrift beiseite, die er gerade durchgeblättert hatte, ohne wirklich etwas zu lesen. „Fahren Sie doch zurück ins Restaurant“, schlug er vor. „Wir brauchen nicht beide hier herumzusitzen.“
Aber wenn sie wegginge, hätte er das Gefühl, als würde ihm etwas fehlen.
„Und wie kommen Sie dann zurück?“
„Ich nehme mir ein Taxi.“
„Und warum wollen Sie hier warten? April ist doch meine Angestellte. Sie kennen sie ja kaum.“
Dafür, dass sie so unschuldig aussieht, ist sie ganz schön misstrauisch, dachte Jared. „Sie müssen sich um das Restaurant kümmern. Meine Anwesenheit ist nicht so notwendig.“
Da mochte er recht haben. „Haben Sie immer so gute Antworten?“
Er zuckte lässig mit den Schultern. Als er klein war, hatte sein Vater oft zu ihm gesagt, er müsste eigentlich Anwalt werden, so schlagfertig wie er war. „Ich sage einfach, was ich denke.“
„Aha.“ Maren fragte sich, ob der Mann überhaupt irgendwelche Fehler hatte. Männer ohne Fehler waren gefährlich. Das hatte sie schmerzlich erfahren müssen. Und die Narben waren immer noch nicht verheilt. Nein, keine äußerlichen Narben. Ihre Seele war verletzt, und zwar so tief, dass sie wohl nie wieder genesen würde.
Gerade wollte sie ihn dazu bewegen, doch lieber zurückzufahren, als sich die Tür der Intensivstation öffnete und ein großer grauhaariger Mann im grünen Kittel auf sie zukam. „Haben Sie April Turner hergebracht?“
Jared stand auf und Maren ebenfalls. „Ja, wie geht es ihr?“
„Sehr gut“, erwiderte der Arzt lächelnd. „Sie sind gerade noch rechtzeitig gekommen. Wir konnten den Finger wieder annähen.“
Jared lächelte erfreut und erwiderte mit einem Seitenblick auf Maren: „Sie ist aber auch gefahren wie der Teufel.“
Maren fand, dass diese Bemerkung sehr persönlich geklungen hatte. Als wären sie schon lange befreundet. Dabei hatten sie sich erst gestern kennengelernt. Ihr war klar, dass sie sich gegen solche Vertraulichkeiten wehren müsste, besonders bei einem Mann, der so gut aussah wie Jared Stevens. Aber es hatte sich so angenehm angehört, dass es ihr schwerfiel, ihn in die Schranken zu weisen.
„Ich würde April gerne über Nacht hierbehalten, um sicherzugehen, dass sie keine Infektion bekommt“, sagte der Arzt.
„Können wir sie sehen?“, fragte Maren.
„Sie ist noch unter Narkose, und wahrscheinlich dauert es noch eine halbe Stunde, bis sie aufwacht. Sie hatte so schreckliche Angst, dass wir ihr eine Vollnarkose gegeben haben.“ Ein wenig verlegen fügte er hinzu: „Wären Sie so nett, an der Rezeption ihre Versicherungsdaten zu hinterlegen?“
Maren nickte. „Kein Problem.“
Während sie zur Rezeption gingen, bemerkte Jared: „Ich bin froh, dass Sie nicht zurückgefahren sind. Von Versicherungsdingen habe ich nicht die geringste
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